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Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Titel: Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Autoren: Kera Jung
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»Alles ist okay! Wir unterhalten uns jetzt ein bisschen mit deinem Sohn und gehen zur Tagesordnung über, oder?«
    Eine Antwort erhält er nicht, er bemerkt das Glitzern in den Augen seines Freundes. Im nächsten Moment hat er ihn am zweihundert Dollar Kragen seines Hemdes gepackt. »Wage es zu heulen und ich prügle dich windelweich!«
    Andys alter Studienfreund schluckt.
    »Die drei Gestalten dort unten waren fast eine Woche mit ihm allein, du hast dich nicht einmal blicken lassen! Dann kannst du dir jetzt wenigstens das Resultat ansehen!« Als Andy die stinkende Decke zurückschlägt, keucht Stephen leise auf. »Ach, bist du überrascht?« Andy betrachtet ihn mit erhobener Braue. »Er hat die Drei dort unten echt beschäftigt.«
    Fassungslos schüttelt der Vater den Kopf. „Ich wusste es nicht ...“
    »Das nehme ich dir sogar ab. Wie hättest du auch? Du warst ja zu feige, hier aufzukreuzen!«
    »Es tut mir ...«
    »Oh, nein! Es tut mir leid, ist ein bisschen wenig. Du schickst mich hierher, um mit ihm zu spreche n! Ich komme ahnungslos an und finde eine Leiche und drei Halbleichen vor! Der Junge hat seit zehn Tagen nichts mehr gegessen, kaum etwas getrunken! Der hat sich jede verdammte Vene aufgeschlitzt, die er finden konnte. Du kannst ja mal versuchen, ihm eine Spritze zu geben! Und du sagst, es tut dir leid?«
    Eine Erwiderung bleibt sein Freund ihm schuldig. »Raus!« Andy schubst ihn hinaus, zerrt ihn den Flur entlang und öffnet wahllos eine der dreitausend Türen. Kurz darauf stehen sie in einem dunklen Raum, vermutlich ein weiteres Schlafzimmer.
    »Du lauschen!«, knurrt Andy. »Ich werde hier bleiben. Aber nicht für dich, sondern für den Jungen nebenan und für die drei anderen, die alles gegeben haben und jetzt selbst in Behandlung müssen! Ich erwarte von dir, dass du ab sofort hier bist! Wenn ich pfeife, dann springst du! Und verlass dich darauf, die Sache wird nicht billig! Mit einem Gespräch ist es nicht getan, du wirst es nicht glauben! Dein Junge redet nämlich nicht mehr! Du schaffst mir augenblicklich diese Josie her! Ich gebe dir eine Stunde, um mir ein anständiges Bett für ihn zu besorgen. Ich habe für dich eine Liste über die Dinge aufgestellt, was ich noch benötige! Er ist völlig dehydriert, wie du dir vielleicht denken kannst! Eine Stunde! Eine! Und dann wirst du mir Rede und Antwort darüber stehen, was mit dem Jungen passiert ist! Erwische ich dich dabei, dass du mir etwas verschweigst, dann lernst du mich kennen!«
    Stephens Augen sind groß. »Aber ich weiß es doch auch nicht ...«
    »Willst du mich verarschen?«
    Der unfähige Vater schaut zu Boden und schweigt, was für Andy der Beweis ist, dass er richtig liegt. Er hatte bereits den Verdacht, dass es hier nicht primär um den Verlust eines Mädchens geht. Liebeskummer ist furchtbar, sicher. Doch ein Mann, der sich mit kaum dreißig derart hochgearbeitet hat, wird deshalb nicht auf diese Weise zusammenbrechen. Nicht, wenn nicht vorab schon etwas absolut nicht gestimmt hat.
    »Eine Stunde!« Damit lässt Andy ihn allein zurück. Er muss sich um sein Dreamteam kümmern.

    Andy wird mindestens eine Woche benötigen, um den Jungen und die Drei so weit wieder auf Vordermann zu bringen, dass an eine Fortführung seiner Praxis überhaupt zu denken ist.
    Die Entscheidung fällt ihm nicht leicht, denn das wird ihn eine Menge seiner Patienten kosten. Mit tief gefurchter Stirn telefoniert er mit Theresa, seiner Sprechstundenhilfe, und bittet sie, sämtliche Termine abzusagen. Akute Fälle soll sie an seine Kollegen und Konkurrenten vermitteln.
    Mist!
    Doch dies ist ein Notfall, er kann nicht verschwinden! Es ist eine Frage der Ethik, seiner Verpflichtung als Arzt und gleichfalls seine Schuld gegenüber Stephen. Natürlich könnte er Andrew auch einweisen lassen, zieht diese Möglichkeit aber seltsamerweise für keine Sekunde ernsthaft in Betracht. Dieser Fall reizt ihn, denn er ist so völlig anders, als die Schlipsträger, die Andy sonst behandelt.
    Ja, er macht sich etwas vor: Eine Woche ist ein Witz, das ist ihm bereits zu diesem Zeitpunkt klar – wenn er es auch verdrängt. Welche Ausmaße die gesamte Angelegenheit jedoch nehmen wird, kann er in diesem Augenblick wirklich nicht erkennen.
    Tatsächlich wird er nie in seine Praxis zurückkehren, dies wird der Fall seiner Karriere. Einer, den er akribisch dokumentieren, über den er in Fachzeitschriften berichten und nach einigen Jahren einen Roman schreiben wird, der ihn sofort
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