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Feuer auf See

Feuer auf See

Titel: Feuer auf See
Autoren: Jack London
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der jetzt aufkommt, sind Sie morgen abend da.«
    »Wenn aber das Feuer ausbricht? Das kann jeden Augenblick geschehen.«
    »Halten Sie die Boote klar in den Davits. Wenn das Schiff unter Ihnen in Flammen steht, bringt derselbe Wind auch Ihre Boote nach Mangareva.«
    Kapitän Davenport überlegte einen Augenblick, und dann hörte McCoy die Frage, die er nicht hatte hören wollen, von der er aber gewußt hatte, daß sie kommen würde.
    »Ich habe keine Karte von Mangareva. Auf der großen Karte ist die Insel nur ein Punkt. Ich könnte die Einfahrt in die Lagune nicht finden. Wollen Sie mitkommen und das Schiff hineinlotsen?«
    McCoys Ruhe war unerschütterlich.
    »Ja, Kapitän«, sagte er mit demselben Gleichmut, mit dem er eine Einladung zum Essen angenommen hätte. »Ich fahre mit Ihnen nach Mangareva.«
    Wieder wurde die Mannschaft nach achtern gerufen, und der Kapitän sprach zu ihr von der Hütte aus.
    »Wir haben versucht, das Schiff an Land zu bringen, aber ihr seht selbst, wie wir weggesackt sind. Wir treiben in einer Strömung von zwei Knoten ab. Dies ist Herr McCoy, erster Bürgermeister und Gouverneur der Insel Pitcairn. Er will mit uns nach Mangareva fahren. Ihr seht also, daß die Lage nicht gefährlich ist. Er würde sich nicht dazu erbieten, wenn er glaubte, sein Leben dabei aufs Spiel zu setzen. Ist aber selbst Gefahr damit verbunden, so können wir nicht weniger tun als der, der aus freien Stücken an Bord gekommen ist und sie mit uns teilen will. Was sagt ihr also zu Mangareva?«
    Diesmal gab es keinen Aufruhr. McCoys Anwesenheit, die Sicherheit und die Ruhe, die von ihm auszustrahlen schienen, hatten Eindruck gemacht. Sie berieten leise. Es bedurfte nicht besonderer Überredung. Sie waren eigentlich einig und schoben den Londoner vor, um das Wort für sie zu führen. Der brave Mann war von dem Bewußtsein seines eignen Heldentums und des seiner Kameraden so überwältigt, daß er mit blitzenden Augen ausrief:
    »Wenn er will, dann wollen wir, weiß Gott, auch!«
    Die Mannschaft murmelte ihre Zustimmung und ging nach vorn.
    »Einen Augenblick, Kapitän«, sagte McCoy, als der andre sich umdrehte, um dem Steuermann Anweisungen zu geben. »Ich muß erst an Land.«
    Mr. König war wie vom Schlage gerührt und blickte McCoy an, als habe er einen Verrückten vor sich.
    »An Land!« rief der Kapitän. »Wozu? Sie brauchen drei Stunden, um. in Ihrem Kanu hinzukommen.«
    McCoy maß die Entfernung und nickte.
    »Ja, es ist jetzt sechs. Vor neun bin ich nicht an Land. Das Volk kann nicht vor zehn versammelt sein. Da der Wind auffrischt, können Sie anfangen, sich gegen ihn aufzuarbeiten, und bei Tagesanbruch können Sie mich dann an Bord nehmen.«
    »Aber im Namen aller Vernunft und des gesunden Menschenverstandes!« brach der Kapitän aus. »Warum wollen Sie denn das Volk versammeln? Vergessen Sie denn ganz, daß das Schiff unter unsern Füßen brennt?«
    McCoy war so friedlich wie eine sommerliche See,. und die Wut des andern rief nicht das geringste Kräuseln darauf hervor.
    »Nein, Kapitän«, gurrte er mit seiner Taubenstimme, »ich vergesse nicht, daß Ihr Schiff brennt. Deswegen gehe ich mit Ihnen nach Mangareva. Aber ich muß mir erst die Erlaubnis erwirken, mit Ihnen fahren zu dürfen. Das ist Schick und Brauch bei uns. Es ist eine wichtige Sache, wenn der Gouverneur die Insel verläßt. Die Interessen der Bevölkerung stehen auf dem Spiel, und so haben sie das Recht, abzustimmen, ob sie mir die Abreise erlauben oder verweigern wollen. Aber sie erlauben sie, das weiß ich.«
    »Sind Sie dessen sicher?«
    »Ganz sicher.«
    »Wenn Sie so sicher sind, wozu dann die Umstände? Denken Sie an den Zeitverlust – eine ganze Nacht.«
    »Es ist Schick und Brauch bei uns«, lautete die unerschütterliche Antwort. »Außerdem bin ich Gouverneur und muß meine Vorkehrungen für die Leitung der Insel während meiner Abwesenheit treffen.«
    »Aber es ist doch nur eine Fahrt von vierundzwanzig Stunden bis Mangareva«, warf der Kapitän ein. »Selbst wenn Sie sechsmal so lange für die Rückfahrt gegen den Wind brauchten, würden Sie also Ende der Woche zurück sein.«
    McCoy lächelte sein breites, wohlwollendes Lächeln.
    »Es kommen sehr wenige Schiffe nach Pitcairn, und wenn, dann meistens von San Francisco oder ums Kap Horn. Wenn ich Glück habe, bin ich in sechs Monaten wieder da. Es kann sein, daß ich ein Jahr fortbleibe, es kann auch sein, daß ich nach San Francisco fahren muß, um ein Schiff zu finden, das
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