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Fettnaepfchenfuehrer Frankreich

Fettnaepfchenfuehrer Frankreich

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
Autoren: Bettina Bouju , Johanna Links
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Abendessen etwas zur Überbrückung braucht, ist in Frankreich nicht gut dran. Dafür gibt es nicht einmal eine offizielle Bezeichnung. Bei Kindern nennt man diese Zwischenmahlzeit un goûté , was so viel heißt wie »Nascherei«. Meistens handelt es sich dabei also um etwas Süßes. Une goutte bezeichnet den »Tropfen« und goûter heißt »probieren« – es geht also um kleinste Mengen. Unter Erwachsenen ist es eher unüblich, regelmäßig ein goûté einzunehmen.
    Das Abendessen ( le dîner ) beginnt gegen 20 Uhr. Während es in Gebieten, in denen viele Touristen unterwegs sind, kein Problem ist, bereits vor acht Uhr in einem Restaurant etwas zu essen zu bekommen, kann dies im Hinterland und in touristisch wenig erschlossenen Regionen durchaus zum Problem werden. Das Abendessen ist den Franzosen heilig, meist essen kleine Kinder vorab, damit die Erwachsenen für die nächsten zwei Stunden ungestört am Tisch sitzen können. Le dîner besteht meistens aus einer bestimmten Speisenfolge, einem Menü. (Mehr dazu im Infokasten » Le menu – die Speisenfolge auf einen Blick« in Kapitel 12.)

2. Bienvenue en France!
    Manni und Maut
    Auf der Autobahn in Frankreich konnte Manni sich endlich hinter dem Steuer entspannen. Der Verkehr floss plötzlich viel gleichmäßiger. Bis auf ein paar Holländer, Schweizer oder Deutsche fuhr kaum jemand schneller, als es die 130 Stundenkilometer vorgaben. Und Manni mit seinem alten Campingbus sowieso nicht. Er lehnte sich zurück, während Anton hinten im Auto Gameboy spielte und seine Frau Eva auf dem Beifahrersitz angestrengt aus dem Fenster schaute und schließlich enttäuscht feststellte: »Sieht ja genauso aus wie bei uns.« »Wart’s doch mal ab!«, sagte Manni. »Wir sind gerade erst über die Grenze«. Über eine Grenze, die gar keine mehr war, nur ein Bienvenue-en-France -Schild markierte nach zwei Weltkriegen die Landesgrenze zwischen den ehemaligen Feinden. Der langsamere Verkehr war das einzige Indiz dafür, dass sie endlich in Frankreich angekommen waren. Und das zum ersten Mal in ihrem Leben. Das hatten sie ihrer Tochter Paula zu verdanken, die mit ihren zarten siebzehn den Eltern gesagt hatte: »Ich möchte Französisch studieren und dafür ein Jahr nach Frankreich gehen.« Sie hatte ihnen das Antragsformular unter die Nase gehalten, das sie in der Schule verteilt hatten, und Manni und Eva konnten es nicht fassen: »Aber warum Frankreich?«, »Das ist so weit weg!«, »Und die Franzosen sind furchtbar arrogant!«, »Bei denen dreht sich alles nur ums Essen!«, »Und diese Sprache versteht eh kein Mensch!«. Doch irgendwie fanden sie ihre Tochter auch ganz schön mutig und waren insgeheim stolz, als sie ihre Sachen packte und in diese nahe und doch so fremde Welt aufbrach.
    Manni und Eva kamen ursprünglich aus Ostberlin, und obwohl sie inzwischen viel aufgeholt und die halbe Welt bereist hatten, blieb ihnen Frankreich immer noch etwas unheimlich. So viele Regeln und Umständlichkeiten, diese übertriebene Verherrlichung der eigenen Kultur – da war ihnen der einfache, ehrliche, direkte Deutsche doch irgendwie lieber. In ihrer Jugend hatten sie gemeinsam in Ostberlin einen Französischsprachkurs besucht – nur so zum Spaß. Die Wahrscheinlichkeit, den Eiffelturm jemals live zu sehen, war gleich null und somit hatten sie sich einfach eine Gaudi daraus gemacht, etwas Fremdes und Exotisches in ihr Leben zu holen. Die Figur in ihrem Sprachführer hieß damals Jean-Luc und gemeinsam mit ihm hatten sie eine imaginäre Reise in das Land der fabelhaften Küche, der höflichen und gut aussehenden Menschen und der einzigartigen Sehenswürdigkeiten angetreten. Das einzige, woran sich Manfred heute noch erinnern konnte, war Je m’appelle Manni (Ich heiße Manni), und Eva brachte noch ein paar bedeutende Sätze wie Où est la gare? (Wo ist der Bahnhof?) und Je viens de Berlin (Ich komme aus Berlin) zustande.
    Manni war jetzt ziemlich aufgeregt, aber zugleich auch distanziert und abwartend. Hier hatte man schließlich mit allem zu rechnen. Während er so in Gedanken war, bemerkte er etwas spät, dass der Verkehr plötzlich gänzlich zum Erliegen kam. Vor ihnen tauchte eine péage -Station (Mautstelle) auf, die ersten Autobahngebühren wurden fällig. »Das ging ja schneller, als ich dachte.« Manni hatte es ja gewusst, man musste mit allem rechnen. »Kaum in Frankreich und schon zahlen!« Er steuerte auf ein Häuschen zu – erstaunlich schnell fuhren die Autos weiter –, denn
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