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Fesseln des Herzens

Fesseln des Herzens

Titel: Fesseln des Herzens
Autoren: Allison Farrell
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Tosen eines Sturms.

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    22 . Kapitel
    D er Nebel lag wie ein schützender Schleier über den Wäldern, die der Wagenzug durchquerte. Da Ravencroft mit Gegenmaßnahmen seitens Woodwards rechnete, umgingen sie die Ortschaften und gelangten, noch bevor der Morgen graute, in Sichtweite der Feste.
    »Woodward Castle«, sagte der Baron zu Nicolas St. James, der neben ihm ritt.
    Beide hatten sich Lumpen über die Waffenröcke und den Kopf geworfen, damit man sie nicht sofort als Krieger erkannte. Die Pferde hatten sie mit Schlamm beschmiert und nur einfaches Sattelzeug gewählt. Ravencroft hoffte, dass sein Plan aufgehen würde.
    »Wir sind gleich am Ziel«, fügte Ravencroft hinzu.
    Es waren die ersten Worte, sie er seit dem Aufbruch direkt an seinen Begleiter richtete. Der neue Hauptmann seiner Garde hatte mitbekommen, wie angespannt sein Herr war, und wohlweislich geschwiegen.
    »Wenn wir es klug anstellen, kommen wir an, während die Tore gerade geöffnet werden. Wenn es Woodward mit seinen Wächtern ebenso hält wie ich, sind diejenigen, die die Tore geschlossen haben, auch jene, die sie morgens öffnen.«
    Nicolas St. James nickte. Ganz wohl war ihm nicht in seiner Haut. Bisher war er derjenige gewesen, der Fellows’ Befehle im Kampf befolgt hatte. Nun würde er die Soldaten selbst führen müssen.
    Ihm war klar, dass der Angriff überraschend geschehen musste. Woodward verfügte über weitaus mehr Soldaten. Nur wenn sie ihre Gegner noch halb im Schlaf erwischten, konnten sie siegreich sein. Ravencroft hatte allerdings nicht vor, die Feste einzunehmen. Er wollte nur eines: Aimee.
    »Mylord, meint Ihr nicht, dass Fellows unsere Taktik vorhersehen wird?«, fragte St. James schließlich und tätschelte den Hals seines Pferdes, das unruhig auf der Stelle tänzelte. »Immerhin hat er Euch lange gedient.«
    Die Erwähnung seines ehemaligen Leibwächters verursachte ein zorniges Brennen in Ravencrofts Brust. »Das glaube ich nicht«, entgegnete er. »Diese Taktik haben wir noch nie zuvor angewandt. Mein Vater hat seinerzeit eine seiner Schlachten auf diese Weise gewonnen, aber bisher hatten wir keinen Grund, in eine feindliche Burg zu gelangen. Sofern die Wachposten nicht auf einer Untersuchung der Wagen bestehen, wird Fellows genauso überrascht sein wie Woodward. Nun komm, lass uns keine weitere Zeit verlieren.«
    Damit riss er einen Arm hoch und bedeutete den Fuhrwerken, ein wenig an Geschwindigkeit zuzulegen.
     
    Als der Morgen über Woodward Castle graute, fand sich erneut das Gericht zusammen. Zwei Tage waren seit dem ersten Verhör vergangen, und Aimee war sich darüber im Klaren, dass sie heute nicht so viel Geduld mit ihr haben würden.
    Das Essen, das ihr die Kerkerknechte gebracht hatten, stand noch immer auf dem Boden. Mittlerweile war es nicht mehr unberührt, denn die Kerkerratten hatten sich daran gütlich getan. Obwohl Aimees Magen knurrte, als hätte sie einen Wolf verschluckt, brachte sie es nicht über sich, das Mahl anzurühren, das aus einem Kanten Brot und etwas Grütze bestand. Lediglich etwas Wasser hatte sie zu sich genommen.
    Als Schlüsselrasseln vor ihrer Zelle ertönte, wusste sie, dass es so weit war. Erneut holte der Kerkermeister sie aus ihrer Zelle und führte sie vor den Priester, seine Begleiter und den Baron.
    Eine bisher nie gekannte Schwäche überkam die Schäferin auf dem Weg dorthin, und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich vollkommen hilflos. Dennoch wusste sie, dass sie das unter keinen Umständen zeigen durfte. Woodward sollte nicht das Vergnügen haben, sie angstvoll zu erleben.
    Diesmal waren die Männer nicht allein. Außer ihnen war auch ein breitschultriger Mann in Lederkleidung anwesend, dessen Gesicht zur Hälfte von einer ledernen Maske bedeckt wurde. Das musste der Henker von Woodward sein.
    Der jungen Frau entging nicht, dass der Baron sie prüfend musterte. Hoffte er, dass ihr der Mut sank? Dass sie ihn anflehte?
    Darauf kannst du warten, bis du schwarz wirst, sagte sie sich im Stillen.
    »Aimee, du weißt, warum du hier bist?« fragte der Pater, ohne von dem Schriftstück vor sich aufzublicken.
    »Nein«, antwortete sie und faltete die Hände vor dem Leib.
    »Gegen dich wurde der Verdacht geäußert, dass du eine Hexe seist.«
    Die Befragung beginnt also von neuem, dachte Aimee niedergeschlagen. Dieselben Anschuldigungen, so als hätte der Pater über Nacht das Gedächtnis verloren.
    »Ich bin keine Hexe, Pater, das sagte ich Euch doch schon gestern.
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