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Fesseln der Leidenschaft

Fesseln der Leidenschaft

Titel: Fesseln der Leidenschaft
Autoren: Johanna Lindsey
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Zurschaustellung seiner Nacktheit, solange nicht Damen anwesend waren, die sich daran störten. Huren zählten nicht. Doch Mae vermutete, daß auch Damen nicht allzu entsetzt sein dürften, wenn sie einen Blick auf Ranulf Fitz Hugh erhaschten. Wenige Männer besaßen eine ebenso große wie wohlgeformte Gestalt. Daß Sir Ranulf Damen wie einen kotverstopften Abort mied, war das Pech der Ladys.
    Mae erschrak, als ihr bewußt wurde, wieviel Zeit sie mit ihrer Grübelei verschwendet hatte. Sir Ranulf war mit seiner üblichen morgendlichen Verdrießlichkeit erwacht, doch wenn er Mae nun noch in seinem Zelt vorfinden würde, hätte sie eine schaurige Steigerung dieser Verdrießlichkeit zu erwarten.
    Ranulf war jedoch an diesem Morgen für seine Verhältnisse gut gelaunt – ein Wunder, soweit es Lanzo Shepherd betraf. Anstatt des üblichen Fußtritts ins Kreuz als Weckritual wurde sein rotes Haar zerzaust, und er bekam Lady Ella zum Füttern in den Schoß gesetzt.
    »Glaubst du, daß Mae ihm mehr Befriedigung verschafft hat als sonst?« fragte Lanzo seinen Gefährten, den Knappen Kenric, der bereits sein Leintuch zusammenrollte.
    Der ältere Knappe schüttelte den Kopf und sah Ranulf nach, wie er in den Büschen verschwand. »Nein, sie behandelt ihn immer besser als uns alle.« In seinen Worten lag kein Groll.
    Die beiden waren wie die anderen Männer daran gewöhnt, daß Frauen kein Auge für sie hatten, wenn Ranulf sich in der Nähe befand. Und Lanzo mit seinen vierzehn Jahren konnte noch nicht viel mitreden, deshalb war es ihm egal.
    »Er ist einfach froh, daß er diesen speziellen Auftrag bald erledigt haben wird«, fuhr Kenric fort und richtete seine türkisfarbenen Augen wieder auf Lanzo. »Der alte Brun, der uns für den Job empfohlen hat, meinte, es sei keine große Herausforderung darin, aber du weißt, wie Ranulf es haßt, sich mit Damen abgeben zu müssen.«
    »Ja. Searle glaubte, er würde den Auftrag gar nicht übernehmen.«
    »Nun, er hat ihn auch noch nicht endgültig übernommen. Jedenfalls hat er Lord Rothwells Geld bis jetzt noch nicht angerührt, wenn er auch Rothwells Männern erlaubt hat, uns zu begleiten.«
    »Sie haben uns nur aufgehalten. Aber ich verstehe nicht, warum … «
    »Ihr klatscht wohl wieder wie kleine Mädchen?«
    Lanzo errötete und richtete sich hastig auf, doch Kenric grinste nur, während Searle und Eric sich zu ihnen gesellten. Beide Männer waren erst kürzlich zum Ritter geschlagen worden. Ranulf hatte das mit dem letzten Lord, der sie angeheuert hatte, vereinbart – anstelle einer Bezahlung.
    Er hätte sie auch selbst zum Ritter schlagen können, doch er wollte ihnen etwas von der Feierlichkeit dieser Zeremonie vermitteln und ihnen fremde Zeugen gönnen, nicht nur seine eigenen Männer. Sie waren beide achtzehn Jahre alt. Searle von Totnes war größer, blond, mit fröhlichen, hellgrauen Augen; Eric Fitzstephen hatte Haare, die so schwarz schimmerten wie die von Kenric, und tiefliegende Haselnußaugen, die ihm ständig einen schläfrigen Ausdruck verliehen. Die beiden befanden sich schon viel länger in Ranulf s und Sir Walter de Breautes Begleitung als Lanzo und Kenric, und doch hatten die vier vieles gemeinsam. Sie waren alle Bastarde, im Dorf oder in der Schloßküche unehelich geboren, von ihren vornehmen Vätern verleugnet und ohne Hoffnung, je in einen anderen Stand aufzusteigen. Als halbe Zinsbauern und halbe Edelleute wurden sie von beiden Gesellschaftsschichten gemieden. Wenn Ranulf nicht erkannt hätte, was in ihnen steckte, und ihre Freiheit nicht erkauft hätte, wären sie immer noch Leibeigene gewesen, an das Land gekettet, das ihren Erzeugern gehörte. Doch gleich und gleich gesellt sich gern, denn Ranulf war selbst ein uneheliches Kind.
    »Wir haben überlegt, warum Ranulf sich weigerte, von Lord Rothwell die erste Hälfte des Geldes für den Job anzunehmen«, sagte Lanzo als Erwiderung auf Searles scherzhafte Frage.
    »Wenn du darüber nachdenkst, kleiner Lanzo, wird dir die Antwort einfallen.«
    »Aber die einzige Antwort wäre, daß er den Job nicht ausführen möchte.«
    »Genau«, meinte Eric.
    »Aber warum nicht?«
    Eric lachte leise vor sich hin. »Hier ist die Antwort nicht so einfach. Was denkst du, Searle? Hat Ranulf entdeckt, daß er Rothwell nicht leiden kann, oder glaubte er Rothwells Story von der aufgelösten Verlobung nicht?«
    Searle zuckte die Schultern. »Er hat schon für andere Männer gearbeitet, die er nicht ausstehen konnte, und andere
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