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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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rückwärts, im Gegenteil, ich dachte scharf und in die Zukunft gerichtet wie niemals zuvor. Verdammt noch mal, was war nur in mich gefahren? Oder besser gesagt in die ganze Welt?
    Während ich wie von einem fremden Willen gelenkt rückwärts ging und die Stufen zur Küche schier schlafwandlerisch und mit dem Hintern voran nahm, rang ich um Erklärungen. So richtig plausibel schien nur eine zu sein: Obwohl keine erkennbaren Spuren an meinem Schädel
mehr daran erinnerten, war ich doch einer Hirnoperation unterzogen worden. Und dabei war offenkundig etwas gewaltig schiefgelaufen. Wie befürchtet hatte mich Onkel Doktor in einen Behinderten verwandelt. Unglücklicherweise aber nicht in einen debilen, der durch seine rosa Debilenbrille die eigene Tragödie kaum erfasst, sondern in einen echten Freak, der sich seines psychischen Gebrechens voll und ganz bewusst ist. Wie konnte so etwas nur geschehen?
    Wiewohl mich die unmögliche Situation an den Rand des Wahnsinns brachte und der Panikanfall sich mehr als berechtigt entpuppt hatte, spulte ich mein Programm mit der Gelassenheit eines Strandspaziergängers ab, ohne vom vorgegebenen Weg abweichen zu können. Denn etwas anderes als ein Programm oder eine bereits festgelegte Serie von Handlungsabläufen war mein Erleben ja nicht mehr. Da die Zeit rückwärtslief, das heißt jegliche Aktion schon stattgefunden hatte und nun verkehrt wiederholt wurde, konnte ich weder alternative Entscheidungen treffen noch anderswie das Geschehen beeinflussen. Ändern kann man ja bekanntlich allein die Zukunft. Das hatte ich schon vorher gewusst, doch die unmittelbare Konfrontation mit der tiefsten Bedeutung dieser so simpel anmutenden Tatsache ließ mir die Hölle vergleichsweise wie das Oktoberfest erscheinen.
    Aus den Augenwinkeln sah ich Gustav an der Spüle stehen und bei fließendem Wasser unsere Näpfe reinigen. Selbstredend floss das Wasser aus dem Hahn nicht heraus, sondern in den Hahn hinein. Und die festgetrockneten Futterreste an den Näpfen wurden durch Gustavs Wischbewegungen
mit dem Spültuch von Mal zu Mal nicht weniger, sondern von Mal zu Mal mehr. Ganz zu schweigen davon, dass die Nachrichten im Radio rückwärts ausgesprochen wurden. Mein nach der alten »Zeitrechnung« funktionierendes Bewusstsein signalisierte mir, dass ich in Anbetracht dieser surrealen Beobachtung augenblicklich in Ohnmacht zu fallen hätte. Doch mein Körper schien sich strikt an die neuen Spielregeln zu halten und ignorierte die Befehle.
    Ein rascher, recht unnatürlich wirkender Schwenk zu der Stelle neben der Wohnzimmertür, und schon hatte sich mein Maul in den einzig noch auf dem Fliesenboden stehenden Futternapf gebohrt und fraß. Das heißt, es fraß rückwärts. Die Fleischstücke wanderten mir nicht ins Maul hinein, sondern ich kotzte beziehungsweise würgte sie aus mir heraus in den Napf, wo sie sich unbeleckt wieder auftürmten. Und obwohl mein Geist sich gegen diese perverse Art der Nahrungsaufnahme beziehungsweise der umgekehrten Nahrungsaufnahme mit aller Macht wehrte, blieb mir nichts anderes übrig, als sie über mich ergehen zu lassen. Ich mochte schon gar nicht daran denken, wie das beim Toilettengang ablaufen würde.
    Da kam die Rettung! Junior und Sancta näherten sich mir von der Diele her, wie erwartet verkehrtrum, das heißt mit ihren Hintern zuvorderst. Auch eine nette Art der Begegnung. Dann drehten sie sich in der gleichen unnatürlichen, irgendwie marionettenhaft anmutenden Weise zu mir herum, wie ich es eben beim Napf getan hatte.
    »Ich muss euch unbedingt etwas verraten!«, platzte es aus mir heraus. »Die Zeit läuft rückwärts!« Hatte ich das
gesagt? Ich glaubte schon, jedenfalls kam es mir so vor. Doch wie konnte das sein, wenn alles den umgekehrten Verlauf nahm, ergo auch das, was aus meinem Maul kam? Bedeutete es am Ende gar, dass ich eine Bresche in die scheinbar unveränderliche Zeitfolge zu schlagen vermochte, wenn auch nur sprachlich?
    ».Paps, Nickerchen dein erst mal mach dann, Na«, erwiderte Junior. ».noch kaum ja dich versteht Man .sein zu müde scheinst Du«
    Tja, was sollte ich wohl davon halten? Bei meinem Sohn schien der umgekehrte Zeitablauf festzusitzen wie ein eingeschnürtes Korsett.
    »Die Zeit, Junior, sie läuft rückwärts«, beschwor ich ihn. Ich wollte mich an Sancta wenden, doch das verbot mir das Diktat der pervertierten Zeitabfolge. Offenkundig hatte ich die Bewegung in diesem Abschnitt der Vergangenheit nicht vollführt. Na, dann eben
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