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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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und sich vor ihren matten Augen wollüstig jammernd rollte, so gerieten sie in kindliche Aufregung, als hörten sie plötzlich Echos eines längst verstummten Rufes aus finsterer Vorzeit. Um mit dieser Elendsbeschreibung keine wichtigtuerischen Proteste heraufzubeschwören, möchte ich pflichtschuldigst hinzufügen, daß es auch unter den gewichtreduzierten Kameraden Ausnahmen geben mag. Aber mit Verlaub, die Amputierung von Geschlechtsorganen ist schließlich keineswegs mit dem Ziehen eines faulen Zahnes gleichzusetzen.
    Nun, wie sah der ruchlose Plan aus? Mit welcher Arglist genau wollte die Hexe Gustav dazu veranlassen, seinen geliebten Francis in einem Korb einzukerkern und zum Pferdedoktor zu verfrachten, damit dieser gegen ein fürstliches Honorar zwischen Francis und seinen Nüssen den im wahrsten Sinne des Wortes final cut vollzog? Denn Gustav selbst hatten die Dinger ja bis jetzt nie gestört. Im Gegenteil, er sah es gern, wenn ich in den Gärten meinen Verpflichtungen als Kämpfer gegen das Aussterben unserer Rasse nachkam, wahrscheinlich als Kompensierung für sein eigenes Versagen auf dem Gebiet der Fortpflanzung. Die Antwort war ganz einfach. Offensichtlich hatte Francesca dem Trottel die alte Mär aufgetischt, daß unsereiner die Wohnung mit flüssigen Stinkbomben belegte, wenn er in amouröse Stimmung geriet. Da jedoch nichts zu riechen gewesen war, hatte sie bestimmt an seinen Geruchsnerven gezweifelt und ihre eigenen dagegen als eine preisverdächtige Anomalie hervorgehoben. Die Konsequenz war folgerichtig wie 1 + 1 = 2: Nüsse weg!
    Über diesen trüben Perspektiven nickte ich ein. Ein bleierner Schlaf legte sich auf mich, und als ich aufwachte, war es bereits Nacht. Ich fühlte mich, als sei ich mit knapper Not einer defekten Druckkammer entronnen. Anfangs dachte ich, ich könne nicht einmal die Schwanzspitze bewegen, derart war jedes Glied von Taubheit befallen. Nur mühsam löste ich mich aus meiner Paralyse, kam auf die Beine und produzierte den steifsten Buckel meiner Laufbahn. Draußen hatte inzwischen ein Frühlingsregen eingesetzt, dessen Plätschern beruhigend wirkte. Aber dann kam mir wieder alles in den Sinn, und ich warf einen panischen Blick zwischen meine Beine. Wegen der Dunkelheit im Zimmer konnte ich die Kronjuwelen im ersten Moment nicht erkennen und befürchtete für den Bruchteil einer Sekunde, verrückt zu werden. Doch dann spürte ich ihre Wärme, ihr Gewicht, ja ihre königliche Pracht und faßte mich wieder.
    Die Zeiger der Wanduhr zeigten drei Uhr zwanzig. Die entsetzlichen Erkenntnisse vom Nachmittag hatten mich offenbar regelrecht anästhesiert, so daß ich weder das Liebespaar hereinkommen gehört noch das Bedürfnis nach dem Abendmahl verspürt hatte. Aber trotz der späten Stunde drangen Stimmen aus dem Schlafzimmer. Lautlos wie ein Tuch, das auf den Boden fallen gelassen wird, sprang ich vom Sofa herunter und näherte mich der Schlafzimmertür. Davor blieb ich stehen und lauschte. Es war kein Streit, der da drin stattfand, sondern eher die Art von gespenstischer Konferenz, die zwischen Sieger und Besiegtem nach der Beendigung eines Krieges zur Praxis gehört. Es ging gerade um einen interessanten Passus, anscheinend um den letzten, und zwar um das Pro und Contra der Kastrierung von Haustieren. Die Siegermacht betete noch einmal die Vorzüge einer solchen »Heilbehandlung« herunter, aber keineswegs um den Verlierer zu überzeugen, sondern weil das Aufzählen der schon vor der Schlacht bezogenen Standpunkte einfach zu den politischen Gepflogenheiten gehörte. Gustav mußte das Ergebnis akzeptieren, ob es ihm paßte oder nicht. ihrem Mund entströmte all jener krause Mist, der in jedem barmherzig daherkommenden Sachbuch über unsere Art zu finden ist. Vordergründig ging es ausschließlich um unser Wohl; sozusagen nur als Nebeneffekt sprang für den Menschen eine blitzsaubere Wohnung, die Verschonung vor stundenlangem, nächtlichem Lustgejaule und dem unappetitlichen Ersäufen von unwillkommenem Nachwuchs in der Badewanne heraus. Bei soviel Verlogenheit hätte ich mich vor Ekel beinahe übergeben. Gustav, der in der Dunkelheit dalag wie König Dickbauch im Sterbebett, brachte litaneiartig ein müdes Wenn und Aber heraus, bis Francesca, die Eiskönigin, seine Bedenken mit einem funkelnagelneuen Totschlagargument abwürgte. Sie visionierte sogar noch weiter und sah in der Ferne schon eine wunderbare Neue Welt heraufziehen, in der mir die Krallen amputiert werden sollten,
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