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Feldblumen

Feldblumen

Titel: Feldblumen
Autoren: Adalbert Stifter
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was ich thue, ist es nicht gut; aber ich folge meinem Gefühle, das mir sagt, ich müsse es thun: - ich gebe Ihnen gern, gern mein Herz, und ich will Sie lieben, so lang ich lebe.« Sie hielt einen Augenblick inne; dann aber, gleichsam erleichtert, setzte sie noch die Worte hinzu: »Ich mußte es sagen, da es so ist und da Sie fragten; aber da es nun gesagt ist, so dürfen Sie auch für alle Zukunft darauf bauen.«
    Ich stand sprachlos bei ihr; in die großen, schönen Augen waren wieder Thränen getreten, und freiwillig, ohne Ziererei und gütig durch die Thränen lächelnd reichte sie mir die Hand, nach der ich schüchtern langte - ich beugte mich darauf nieder und drückte meine Lippen darauf: sie aber, welche meinte, sie müsse nun recht treuherzig gegen mich sein, legte unbeholfen ihre andere Hand auf mein Haupt - ich glaube, wir haben Beide in jenem Augenblicke gezittert.
    Ich weiß nicht, wie es war; nur daß ich ihre Hand immer fester gegen mich ziehend, fast erstickt sagte: »Wie, wie nur in der Welt kann ich dieses Glück begreifen und verdienen? O Angela, o Braut, o Gattin!«
    Sie zuckte bei diesem Worte auf, und sich sanft los machend, sprach sie sehr ernst: »So muß es ja auch sein - so muß es sein, ich werde gern und mit Freuden Ihre Gattin werden; aber es ist noch ein Mensch, dem ich Alles sagen muß - und er ist gut, so gut, wie Sie sich kaum vorstellen können; auch er wird sich sehr darüber freuen. Morgen werden wir wieder davon sprechen.«
    O Titus! Du ahnst nicht, wie selig dieses reine Gold der Natürlichkeit in meine Seele floß. Es öffnete sich ein weites Paradies vor mir, und hatte ich jemals in meinem Leben einen Himmel zu erwarten, in jenem Augenblicke war er mein.
    Einige Minuten standen wir noch neben einander am Fenster und sahen in das Abendroth, das langsam ausbrannte, und sprachen nichts; - dann, als wieder gleichsam mahnend, der Diener eintrat, nahm sie ihren Hut und sagte, sie wolle nun in den Augarten fahren, aber ich möge sie nicht dahin begleiten; denn sie würden sonst wieder sagen, das habe sich nicht geschickt. Ich führte sie an den Wagen, und da ich ihr sagte, daß ich meine Reise ganz aufgeben wolle, freute sie es sichtlich, und die Hand noch nach ihrer Art herausreichend, sagte sie: »Kommen Sie nicht später, als um vier Uhr.« Dieß waren ihre letzten Worte, und dieß war ihr letzter Blick - wer hätte damals gedacht, daß es das letzte in diesem Leben sein werde! - Noch schwebt der Blick vor meinem Auge, und noch klingen die Worte in meinen Ohren.
    Ich will versuchen, Dir das Ende noch zu schreiben, wie es sich begab.
    Ich ging, da mir das letzte Rad ihres Wagens entschwunden war, vor die Stadt in's Grüne. Ich war wie ein Träumer, wie ein Trunkener, fast nicht ertragend das ungeheure Glück - und als ich schon zu Hause war - als ich ohne Licht auf meinem Sopha saß, malte ich mir dieses Glück noch seliger in die finstere wimmelnde Luft.
    O, ich Thor! ich Thor!
    Auch am andern Tage, als ich erwachte, mußte erst einige Zeit verfließen, ehe ich es mir wieder stückweise klar machen konnte, was seit gestern mit mir geschehen.
    Es war erst vier Uhr; ich aber stand auf und dachte, ich wolle den Morgen im Freien genießen. Mein Weg führte mich in den Park von Schönbrunn, alle Zweige hingen voll Morgengetön der Vögel, und ganz fern über den Karpathen stand der sanftblaue Duft eines Morgengewitters, und die Luft versprach etwas mehr als einen gewöhnlich schönen Tag.
    Du kennst den Obelisk im kaiserlichen Garten; hinter ihm erhebt sich eine kleine buschige Wildniß, die ich sehr liebe. Deßhalb lenkte ich meine Schritte dorthin - es war kaum fünf Uhr Morgens vorüber; in dem ganzen Parke war kein einziger Mensch zu sehen, als nur die Schildwache am Schlosse. Rechts vor dem Obelisk ist eine nachgeahmte römische Ruine um ein melancholisches Wasserbecken herum, in welchem allerlei bunte Thierchen und Wasserpflanzen schwimmen. Vor diesem Wasser sah ich zwei Menschen stehen, einen Mann und eine Frau; sie standen mit dem Rücken gegen mich, als blickten sie in's Wasser; aber bald erkannte ich, daß sie mit einander sprechen. Ich dachte, sie hätten wohl auch die Morgenstunden gewählt, wie ich, um einsam zu sein; deßhalb wollte ich sie nicht stören sondern schlug den Seitenpfad ein, der zur Brunnennymphe führt, um von dort in meine Wildniß hinaufzugelangen. Aus Neugier blickte ich von oben herab noch einmal durch die Zweige auf das Paar, und fand es in der
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