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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
Autoren: Der Flug der Nachtfalken
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sich, und Miranda war zwar älter, aber Pug hatte in
diesen Jahren mehr gelitten. Er war vier Jahre lang Gefangener und Sklave der Tsurani gewesen und dann zu
einem der mächtigsten Männer dieses Reiches aufgestiegen – er war ein Erhabener geworden, eine Schwarze
Robe, ein Magier und Mitglied der Versammlung.
Katala, seine erste Frau, hatte ihn verlassen, um nach
Hause zurückzukehren und bei ihrem Volk zu sterben;
sie hatte eine Krankheit gehabt, gegen die weder Priester
noch Heiler etwas tun konnten. Dann hatte Pug seine
Kinder verloren, etwas, das kein Vater je erleben sollte.
Von seinen alten Freunden war nur noch Tomas am Leben, denn den anderen war nur die normale Lebensspanne eines Sterblichen gewährt worden. Miranda hatte einige von ihnen kurz gekannt, aber die meisten waren für
sie nur Namen, an die sie sich aus seinen Geschichten
erinnerte: Prinz Arutha, von dem Pug nach all den Jahren
immer noch voller Ehrfurcht sprach; Herzog Borric, der
Vater des Prinzen, der Pug einen Familiennamen gegeben hatte; Prinzessin Carline, Gegenstand seiner jungenhaften Verliebtheit; Kulgan, sein erster Lehrer, und Meecham, Kulgans Helfer.
Die Liste der Namen ging noch weiter, aber diese Leute waren alle tot. Laurie, sein Kamerad aus den Sklavensümpfen auf Kelewan, Junker Roland, so viele seiner
Schüler, Katala … und William und Gamina, Pugs und
Katalas Kinder. Einen Augenblick dachte er an seine
beiden noch lebenden Söhne. »Ich mache mir Sorgen um
Magnus und Caleb«, sagte er leise, und sein Tonfall verriet ebenso viel über seine Gefühle wie seine Worte.
Sie stand immer noch hinter ihm, und nun schlang sie
die Arme um ihn. Seine Haut fühlte sich feucht und kalt
an. »Magnus arbeitet mit den Magiern der Versammlung
auf Kelewan zusammen, und Caleb sollte morgen Stardock erreichen. Und jetzt komm wieder ins Bett, und lass
mich dich trösten.«
»Du bist mir immer ein Trost«, sagte er liebevoll. Er
drehte sich langsam in ihren Armen. Als er ihr gegenüberstand, staunte er wieder einmal über das Aussehen
seiner Frau. Sie war schön, aber stark. Ihre Gesichtszüge
wirkten durch eine hohe Stirn und ein zartes Kinn weicher, ihre Augen waren dunkel, ihr Blick durchdringend.
»Es gibt Zeiten, in denen ich denke, dass ich dich kaum
kenne … du hast eine Neigung zu Geheimnissen, meine
Liebe. Aber manchmal kenne ich dich auch besser als
jeden anderen, mich selbst eingeschlossen. Und ich bin
sicher, dass mich niemand besser versteht als du.« Er
drückte sie einen Augenblick fest an sich, dann fragte er
leise: »Was sollen wir nur tun?«
»Was wir tun müssen, Liebster«, flüsterte sie ihm ins
Ohr. »Und jetzt komm wieder ins Bett. Es sind noch
Stunden bis zum Morgengrauen.«
Mit einem Winken löschte Miranda alle Kerzen, und
der Raum war wieder dunkel. Pug folgte seiner Frau ins
Bett, und sie schmiegten sich aneinander und suchten
Trost in der Umarmung.
Pugs Geist rang immer noch mit den Bildern seines
Traums, aber dann schob er sie beiseite. Er wusste, was
ihn beunruhigte: Wieder einmal zwangen ihn die Umstände, gegen unfassbare Gegner anzutreten, und wieder
bekam er es mit den Folgen von Dingen zu tun, die sich
lange vor seiner Geburt ereignet hatten.
Warum, dachte er, muss ich mein Leben damit
verbringen, hinter anderen Leuten sauber zu machen? Aber noch während er diese Frage formulierte, wusste er
die Antwort. Er hatte sich schon vor Jahren mit seiner
Begabung abgefunden, ebenso wie mit der Tatsache, dass
ein solches Talent auch Verantwortung mit sich brachte.
Sosehr er sich mitunter auch ärgerte, es lag einfach in
seinem Wesen, verantwortungsbewusst zu sein.
Dennoch, dachte er, bevor er wieder einschlief, es wäre schön zurückzukehren – und sei es nur für einen einzigen Tag – , in diese Zeit, als ich und Tomas Jungen gewesen waren, voll mit den Erwartungen und Hoffnungen
der Jugend, eine Zeit, in der die Welt ein so viel einfacherer Ort gewesen war.

Eins
Brüder
Die Jungen stürzten nach draußen.
    Hühner flohen; im einen Augenblick hatten sie noch
friedlich auf dem Boden gepickt und nach verschüttetem
Getreide und Insekten gesucht, im nächsten gackerten sie
protestierend und eilten in alle Richtungen davon, als die
beiden Jungen vorbeirollten und mit lautem Schimpfen
auf der Dorfstraße landeten.
    Für Passanten wirkten die zwei wie ein Wirbel von
Fäusten, Ellbogen und Knien, der über den von den Hühnern sauber gepickten Boden rollte. Sie schlugen wild zu,
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