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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
Autoren: Julie Cross
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noch mal überlegen. Meine Gedanken wanderten zu Holly; ich sah sie vor mir, wie sie in ihrem alten zerbeulten Honda nach Hause fuhr. Dann stellte ich mir vor, dass Adam neben ihr säße und dass sie zusammen lachten und sich über die verwöhnten Kinder lustig machten, die sie den ganzen Sommer hindurch betreuen würden.
    Ich schaute zu Marshall hoch und zwang mich, ohne Wut zu antworten: »Ja, das ist Raymond, und er ist tot. Dad hat ihn getötet. Aber das erste Mal habe ich ihn im Oktober 2009 getroffen, und da hat er –« Ich hielt eine Sekunde inne, da ich sah, wie Dad fast unmerklich den Kopf schüttelte, um mich davon abzuhalten, den Namen Holly zu erwähnen. »Da hat er auch versucht, mich umzubringen, allerdings ohne Erfolg. Aber danach hing ich dann im Jahr 2007 fest. Und wer weiß, was ich mit diesem ganzen Sprung in das Paralleluniversum angerichtet habe? Hätte ich über Agentenwissen verfügt, wäre das alles vielleicht gar nicht passiert. Wollen Sie denn nicht, dass ich mich selbst verteidigen kann? Das wäre doch für alle besser.«
    »Wir sind keine normale CIA-Abteilung«, erklärte Marshall. »Alle Vorstellungen und Ideen, die du aus dem Fernsehen oder aus Spionagefilmen haben magst, kannst du dir sofort aus dem Kopf schlagen. Für uns hat nicht die Regierung der Vereinigten Staaten erste Priorität oder das amerikanische Volk, sondern die Menschheit im Allgemeinen. Oder spezieller: der Schutz des natürlichen, unverdorbenen Zustands der Menschheit. Tempest bildet seine Agenten mindestens zwei Jahre aus, um ihnen genau das einzubimsen. Wir können dich nicht einfach auf den fahrenden Zug aufspringen lassen und den anderen erzählen, dass du in einem Labor mit dem genetischen Material einer geklonten Frau hergestellt wurdest. Wir dürfen ihnen auch nicht erzählen, dass du durch die Zeit reisen kannst oder dass das in deinem Körper verborgene Tempus-Gen es dir ermöglicht, innerhalb eines Tages Farsi zu lernen und dir anhand von Bilderfolgen die Kunst der Selbstverteidigung anzueignen. Wenn wir wollen, dass sie ihren Vorgesetzten – also mir und deinem Vater – weiterhin vertrauen, dürfen wir ihnen all das nicht sagen.«
    »Von wie vielen Agenten in der Ausbildung sprechen wir denn eigentlich?«, fragte ich aus Neugier. Ich konnte mir einfach keine genaue Vorstellung von dieser Abteilung machen; das ganze Bild wirkte seltsam verschwommen. Schon die Grundidee war mir schleierhaft.
    »Solche geheimen Details werden nur weitergegeben, wenn es unbedingt erforderlich ist«, antwortete Marshall. »Verstehst du, was ich dir damit sagen will, mein Sohn?«
    »Nennen Sie mich nicht Sohn«, entfuhr es mir, bevor ich mir auf die Zunge beißen konnte. Marshall sah mich finster an, sagte aber nichts. »Und ja, ich verstehe. Ich darf niemandem von meinen Superkräften erzählen, ich darf meine Superkräfte nicht benutzen und, vor allem, darf ich niemandem erzählen, dass ich aus einem Klon erzeugt wurde.«
    Marshall schaute auf sein Blackberry. »Du bist also bereit, alles aufzugeben – all die Freiheiten, die wir dir auf Staatskosten gewährt haben? Agent Stewart zufolge bist du morgen Abend zu einem Wohltätigkeitsball eingeladen, und am Abend drauf gibt es eine Party bei Caleb. Das klingt doch nach einer Menge Spaß.«
    »Ich bin auch bereit, New York zu verlassen, wenn Sie das wollen.«
    Auf Marshalls Gesicht zeigte sich ein verschlagenes Grinsen, bei dem sich mir der Magen umdrehte. »Na, großartig! Der Flieger zum Ort unserer nächsten Ausbildungsetappe startet morgen früh um sechs.«
    »Und wohi–«, wollte ich fragen, doch Marshall hob abwehrend die Hand.
    »Auch darüber wird nur gesprochen, wenn es unbedingt notwendig ist. Gewöhn dich daran. Und erwarte nicht, dass Agent Freeman oder ich dich anders behandeln als andere Rekruten.«
    »Agent Freeman?« Das war der Mann, der mich und meine Schwester Courtney während der siebten Klasse täglich auf dem Schulweg beschattet hatte. In der Zeitleiste, die ich gerade verlassen hatte, hatte er gewusst, dass ich durch die Zeit reisen konnte. »Werden Sie es ihm erzählen? Das über mich, meine ich?«
    »Nein«, sagten Dad und Marshall wie aus einem Mund, dann rauschte Marshall aus dem Zimmer. Kaum hatte die Tür sich hinter ihm geschlossen, kam Bewegung in Dr. Melvins Mienenspiel, und er sah wieder wie der mitfühlende alte Mann aus, den ich schon mein Leben lang kannte.
    »Lass mich mal nach deiner Schulter sehen«, sagte er, während er mir bereits
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