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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone
Autoren: Anne Perry
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dauern, bis die Feuerwehrleute wissen, wen sie da vor sich haben.«
    »Cornwallis wird jemanden hinschicken«, sagte Narraway rasch. »Sie haben keine Zeit, und so, wie Sie jetzt aussehen, können Sie sich da ohnehin nicht zeigen.«
    An der Ecke von High Holborn hielt Narraway die erste freie Droschke an, die vorüberkam.
     
    Nachdem sie Cornwallis das Vorhaben des Bischofs mitgeteilt hatte, ging Isadora nach Hause. Sie fühlte sich elend und schämte sich entsetzlich, weil der Schritt, den sie getan hatte, unwiderruflich war. Sie hatte das Geheimnis ihres Mannes preisgegeben. Als Polizeibeamter konnte Cornwallis einen solchen Fall nicht vertraulich behandeln.
    Möglicherweise hatte der Bischof die unglückselige Spiritistin ja tatsächlich getötet, doch je länger Isadora darüber nachdachte, desto weniger glaubte sie daran. So oder so – sie hatte auf keinen Fall das Recht, aufgrund persönlicher Überzeugungen Informationen zurückzuhalten. Jemand hatte Maude Lamont getötet, und die anderen, die an jenem Abend in deren Haus gewesen waren, kamen ihrer Ansicht nach ebensowenig als Täter in Frage wie Reginald.
    Sie hatte ihn zu kennen geglaubt, dabei aber nichts von seiner Glaubenskrise und der entsetzlichen Angst gewusst, die ihn verzehrte. Dazu konnte es aber nicht von einem Tag auf den anderen gekommen sein, selbst wenn ihm das so vorgekommen sein mochte. Die Schwäche, die dem Ganzen zugrunde lag, musste schon seit Jahren bestanden haben – vielleicht schon immer?
    Wie viel wissen wir über andere Menschen, vor allem dann, wenn sie uns nicht wirklich etwas bedeuten, wir sie nicht voll Mitgefühl beobachten, auf jedes Wort hören, das sie sagen, auf sie eingehen, statt uns selbst in den Mittelpunkt zu rücken? Es konnte für sie keine Entschuldigung sein, dass er nicht genau wusste, wer sie war, und es wohl auch nicht unbedingt wissen wollte.
    Reglos saß sie in ihrem Sessel, während ihr all das durch den Kopf ging. Ihr fiel nichts ein, was sie getröstet hätte, und auch nichts Sinnvolles, was sie hätte tun können, bis er zurückkehrte, ob mit dem Beweis, den er suchte, oder ohne.
    Was würde sie ihm dann sagen? War sie verpflichtet, ihm zu gestehen, dass sie bei Cornwallis war? Wahrscheinlich. Sie wäre nicht imstande, ihn zu belügen, im selben Haus mit ihm zu leben, mit ihm an einem Tisch zu sitzen, sinnlose Gespräche über nichts zu führen und ständig dies bedrückende Geheimnis mit sich herumzutragen.
    Noch immer war sie tief in Gedanken, als das Mädchen hereinkam, um zu melden, Kapitän Cornwallis sei im Empfangszimmer und bitte, vorgelassen zu werden.
    Ihr Herz sank. Einen Augenblick lang fühlte sie sich so benommen, dass sie nicht aufstehen konnte. Reginald war also doch der Mörder! Man hatte ihn festgenommen. Sie sagte dem Mädchen, sie werde kommen. Erst als sie sah, dass das Mädchen nach wie vor dastand und sie wartend ansah, begriff sie, dass sie es nicht gesagt, sondern lediglich gedacht hatte.
    »Danke«, sagte sie. »Ich werde hingehen.« Sehr langsam erhob sie sich. »Bitte stören Sie uns nicht, bis ich nach Ihnen läute. Ich … ich befürchte, dass es sich um schlechte Nachrichten handelt.« An dem Mädchen vorüber ging sie durch das Vestibül ins Empfangszimmer, dessen Tür sie schloss, bevor sie Cornwallis ansah.
    Er war sehr bleich und wirkte, als hätte ihn etwas so tief entsetzt, dass es ihm schwerfiel, darauf zu reagieren. Er tat einen Schritt auf sie zu und verharrte dann mitten in der Bewegung.
    »Ich … ich weiß nicht … wie ich es Ihnen schonend beibringen kann …«, begann er.
    Der Raum drehte sich um sie. Es stimmte! Sie hatte nicht wirklich geglaubt, dass es sich so verhielt.
    Sie spürte seine Hände auf ihren Armen und merkte, dass er sie stützte. Es war lächerlich, aber die Beine gaben unter ihr nach. Sie taumelte zurück und ließ sich in einen der Sessel sinken. Mit einem Gesicht, dem die tiefe Empfindung anzusehen war, beugte er sich über sie.
    »Bischof Underhill hat das Haus in der Southampton Row aufgesucht und dort eine Weile mit Lena Forrest, dem Hausmädchen, gesprochen«, sagte er. »Wir wissen nicht genau, wie es geschehen ist, aber ein Feuer ist ausgebrochen, woraufhin eine Explosion die Gasleitung zerstört hat.«
    Sie schloss die Augen und öffnete sie wieder. »Ist er … verletzt?« Warum stellte sie nicht die Frage, auf die es wirklich ankam: ist er schuldig?
    »Leider ist es zu einer weiteren und noch stärkeren Explosion
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