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Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Gespenster! so behandelt ihr
  Das menschliche Geschlecht zu tausend Malen;
  Gleichgültige Tage selbst verwandelt ihr
  In garstigen Wirrwarr netzumstrickter Qualen.
  Dämonen, weiß ich, wird man schwerlich los,
  Das geistig-strenge Band ist nicht zu trennen;
  Doch deine Macht, Sorge, schleichend groß,
  Ich werde sie nicht anerkennen.
      SORGE:
  Erfahre sie, wie ich geschwind
  Mich mit Verwünschung von dir wende!
  Die Menschen sind im ganzen Leben blind,
  Nun, Fauste, werde du's am Ende!
      FAUST:
  Die Nacht scheint tiefer tief hereinzudringen,
  Allein im Innern leuchtet helles Licht;
  Was ich gedacht, ich eil' es zu vollbringen;
  Des Herren Wort, es gibt allein Gewicht.
  Vom Lager auf, ihr Knechte! Mann für Mann!
  Laßt glücklich schauen, was ich kühn ersann.
  Ergreift das Werkzeug, Schaufel rührt und Spaten!
  Das Abgesteckte muß sogleich geraten.
  Auf strenges Ordnen, raschen Fleiß
  Erfolgt der allerschönste Preis;
  Daß sich das größte Werk vollende,
  Genügt ein Geist für tausend Hände.
    Grosser Vorhof des Palasts
      MEPHISTOPHELES:
  Herbei, herbei! Herein, herein!
  Ihr schlotternden Lemuren,
  Aus Bändern, Sehnen und Gebein
  Geflickte Halbnaturen.
      LEMUREN:
  Wir treten dir sogleich zur Hand,
  Und wie wir halb vernommen,
  Es gilt wohl gar ein weites Land,
  Das sollen wir bekommen.
  Gespitzte Pfähle, die sind da,
  Die Kette lang zum Messen;
  Warum an uns den Ruf geschah,
  Das haben wir vergessen.
      MEPHISTOPHELES:
  Hier gilt kein künstlerisch Bemühn;
  Verfahret nur nach eignen Maßen!
  Der Längste lege längelang sich hin,
  Ihr andern lüftet ringsumher den Rasen;
  Wie man's für unsre Väter tat,
  Vertieft ein längliches Quadrat!
  Aus dem Palast ins enge Haus,
  So dumm läuft es am Ende doch hinaus.
      LEMUREN:
  Wie jung ich war und lebt' und liebt',
  Mich deucht, das war wohl süße;
  Wo's fröhlich klang und lustig ging,
  Da rührten sich meine Füße.
  Nun hat das tückische Alter mich
  Mit seiner Krücke getroffen;
  Ich stolpert' über Grabes Tür,
  Warum stand sie just offen!
      FAUST:
  Wie das Geklirr der Spaten mich ergetzt!
  Es ist die Menge, die mir frönet,
  Die Erde mit sich selbst versöhnet,
  Den Wellen ihre Grenze setzt,
  Das Meer mit strengem Band umzieht.
      MEPHISTOPHELES:
  Du bist doch nur für uns bemüht
  Mit deinen Dämmen, deinen Buhnen;
  Denn du bereitest schon Neptunen,
  Dem Wasserteufel, großen Schmaus.
  In jeder Art seid ihr verloren;—
  Die Elemente sind mit uns verschworen,
  Und auf Vernichtung läuft's hinaus.
      FAUST:
  Aufseher! +
      MEPHISTOPHELES:
  Hier! +
      FAUST:
  Wie es auch möglich sei,
  Arbeiter schaffe Meng' auf Menge,
  Ermuntere durch Genuß und Strenge,
  Bezahle, locke, presse bei!
  Mit jedem Tage will ich Nachricht haben,
  Wie sich verlängt der unternommene Graben.
      MEPHISTOPHELES:
  Man spricht, wie man mir Nachricht gab,
  Von keinem Graben, doch vom Grab.
      FAUST:
  Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
  Verpestet alles schon Errungene;
  Den faulen Pfuhl auch abzuziehn,
  Das Letzte wär' das Höchsterrungene.
  Eröffn' ich Räume vielen Millionen,
  Nicht sicher zwar, doch tätig-frei zu wohnen.
  Grün das Gefilde, fruchtbar; Mensch und Herde
  Sogleich behaglich auf der neusten Erde,
  Gleich angesiedelt an des Hügels Kraft,
  Den aufgewälzt kühn-emsige Völkerschaft.
  Im Innern hier ein paradiesisch Land,
  Da rase draußen Flut bis auf zum Rand,
  Und wie sie nascht, gewaltsam einzuschießen,
  Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen.
  Ja! diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
  Das ist der Weisheit letzter Schluß:
  Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
  Der täglich sie erobern muß.
  Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
  Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
  Solch ein Gewimmel möcht' ich sehn,
  Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
  Zum Augenblicke dürft' ich sagen:
  Verweile doch, du bist so schön!
  Es kann die Spur von meinen Erdetagen
  Nicht in äonen untergehn.—
  Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
  Genieß' ich jetzt den höchsten Augenblick.
      MEPHISTOPHELES:
  Ihn sättigt keine Lust, ihm gnügt kein Glück,
  So buhlt er fort nach wechselnden Gestalten;
  Den letzten,
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