Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fatal - Roman

Titel: Fatal - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
fühlte sich von Barbara verstanden.
    Don blickte zwischen den beiden Frauen hin und her. Unvermittelt war er traurig geworden. Mit zitternden Fingern fuhr er sich durchs Haar. »Es tut mir leid, El. Ich habe es nicht so gemeint.«

    »Das weiß ich, Dad.«
    »Mit Will hatte ich meine letzte Chance.«
    »Was meinst du?«, fragte Ellen verwirrt. In seinen Augen standen Tränen. Ellen hatte ihren Vater nur ein Mal weinen sehen, das war bei der Beerdigung ihrer Mutter gewesen. Es hatte ihr damals die Kehle zugeschnürt.
    »Jetzt ist es zu spät.«
    Ellen umarmte ihn und spürte seinen Kopf an ihrer Schulter.
    »Alles, was ich bei dir falsch gemacht hatte, wollte ich bei ihm richtig machen. Als Wiedergutmachung für dich und deine Mutter.«
    Ellen zerriss es beinahe das Herz. Auch sie musste weinen. Sie lag in den Armen ihres Vaters wie ein kleines Mädchen.
    »Es tut mir so leid, meine Große«, flüsterte er ihr zu. Der tiefe Schmerz ließ ein bisschen nach. Wie tief und stark die Liebe eines Vaters doch sein konnte.
    Sie dankte Gott, dass er lebte.

89
    Ellen war gerade dabei, die Kaffeetassen auszuspülen, als das Telefon in der Küche klingelte. Sie sah die Nummer auf dem Display. Der Anruf kam aus der Redaktion. »Hallo?«
    »Ellen? Geht es dir gut?«, fragte Marcelo besorgt. »Ich habe versucht, dich auf dem Handy zu erreichen.«
    »Ich habe es wahrscheinlich in deinem Auto liegen lassen.
Ich wollte dich auch schon anrufen, aber mein Vater und seine neue Frau waren hier.«
    »Wie geht es dir?«
    »Ganz gut.« Sie sah hinüber zu den Coffmans. Das Haus ihrer Nachbarn war immer noch dunkel. »Soll ich Sals Artikel lesen?«
    »Nur wenn dir danach ist.«
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Dann lass es. Dein Artikel hat mir gut gefallen.«
    »Das freut mich.« Ellen wurde es warm ums Herz.
    »Ich habe bis neun Uhr hier zu tun. Zum Glück sind in der Stadt noch andere Dinge passiert.«
    »Das solltest du mal der Meute vor meinem Haus mitteilen.«
    »Wie wär’s, wenn ich heute Abend vorbeikomme? Alleinsein ist nicht gut für dich.«
    »Du hast recht.«
    »Dann komme ich. Pass auf dich auf. Bis bald.«
    »Bis bald.« Ellen legte auf und verließ die Küche. Als sie zum Treppenabsatz kam, hatte sie ein mulmiges Gefühl im Magen. Genau hier hatte Carol Will hingelegt, bevor sie brutal erschossen wurde.
    Es kostete sie einige Überwindung, nicht wie paralysiert stehen zu bleiben, sondern die Treppe hochzugehen. Draußen auf dem Gehweg trieben sich immer noch Reporter herum. Sie rauchten und wärmten sich an Bechern mit heißem Kaffee. Bald würde der Tag zu Ende gehen. Ein weiterer Winterabend in der Vorstadt würde beginnen. Purpurfarbene Streifen, die hinter schwankenden Zedern und Satellitenschüsseln am Himmel auftauchten, waren die ersten Vorboten der Nacht.

    Ihre Cloggs hallten im ganzen Haus wider. Wie lange noch würde sie all diese Geräusche hören, die sie früher nie wahrgenommen hatte? Um nicht verrückt zu werden, musste sie als Erstes die Cloggs abschaffen.
    Sie stand vor Wills geschlossener Zimmertür. WILLS ZIMMER stand auf einem Messingschild. Auf dem Türblatt hingen Zeichnungen von ihm, und überall hatte er Schmetterlingssticker hingeklebt. Ob sie hineingehen sollte?
    Oreo Figaro rieb seinen Körper an ihren Jeans und schlang den Schwanz um ihr Bein. Er miaute.
    »Okay«, sagte sie und drehte den Türgriff. Der Geruch von Knete und Müsliresten empfing sie. Sie zwang sich, nicht zu weinen. Die Jupiterlampen der Übertragungswagen vor dem Haus erfüllten das Zimmer mit dämmrigem Licht. Die Kuscheltiere waren dunkle Schatten auf dem Bett. Der Sternenhimmel mit Wills Namenszug an der Decke war kaum zu erahnen. Ellen erinnerte sich an die vielen Abende, die sie an seinem Bett gesessen hatte. Sie hatte ihm vorgelesen, ihm von ihrem Arbeitstag berichtet oder seinen Geschichten aus dem Kindergarten und dem Schwimmbad zugehört, die er in seiner hellen Kinderstimme erzählt hatte. War er nicht das liebste aller Kinder gewesen?
    Oreo Figaro sprang geräuschlos auf Wills Bett - immer noch sein liebster Schlafplatz. Er ließ sich am Fußende nieder, neben dem ausgemergelten Plüschhasen mit den Schlappohren, der sie an eine Party in der Redaktion erinnerte. Courtney hatte sie organisiert, kurz nachdem Wills Adoption gerichtlich genehmigt worden war. Sarah Liu hatte ihm den Hasen geschenkt.

    Zorn flammte in ihr auf. Sarah - eigentlich ihre Arbeitskollegin. Sarah - die Will und sie verraten und verkauft hatte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher