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Fantasy. Aber ohne doofe Elfen

Fantasy. Aber ohne doofe Elfen

Titel: Fantasy. Aber ohne doofe Elfen
Autoren: Uwe Post
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Tüchlein eingesteckt und war mit
Forkoonel durch den Vorhang getreten.
    Auf der anderen Seite empfing die beiden ein
schier unüberschaubar großen Raum, der bis an die Decke mit
Schränken vollgestellt war. Alle Schränke waren von oben bis unten
mit Schubladen versehen, in denen es leise klapperte und raschelte.
    Klorwig fand, dass der Ehrenwerte Alferich sehr
sonderbare sexuelle Phantasien hatte.
    »Welche Schublade öffnen wir zuerst?«, fragte
der Mystikinspektor.
    »Sie sind überhaupt nicht markiert«,
beschwerte sich Forkoonel. Sie hantierte mit einem Notizbuch.
    Wahllos griff Klorwig nach einem Knauf und zog.
Knirschend glitt ihm die Schublade entgegen.
    Darin standen fein säuberlich aufgereiht
unzählige handgroße, messingfarbene Waagen.
    »Waagen?«, fragte Forkoonel.
    »Ja, Waagen«, knirschte eine Stimme von oben.
»Was habt ihr denn erwartet? Sanduhren?«
    Klorwig starrte nach oben. Herangeflogen kam ein
kleiner Drache von der Größe einer Handtasche. Er landete auf der
herausgezogenen Schublade.
    »Du bist ja frock«, machte die Orkin. »Bist du
ein Zwergdrache?«
    »Mitnichten«, entgegnete das Wesen und
schnaubte, glücklicherweise ohne dabei eine Flamme zu erzeugen.
»Ich bin Hu, die persönliche Assistentin des Geistes des Genius.«
    »So ein Zufall«, sagte Orkin, »ich bin auch
eine Assistentin. Du kannst mich Forki nennen.«
    »Freut mich, dich kennenzulernen. Und wessen
Assistentin bist du?«
    »Meine«, sagte Klorwig. »Klorwig der Trockene,
Mystikinspektor vom Ministerium für Verschollenes.«
    »Und wonach sucht ihr?«
    Klorwig überlegte nicht lange. Er zog die Socke
der einäugigen Räuberin hervor. »Wir suchen mehrere Dinge. Das
Gegenstück zu dieser Socke beispielsweise. Und das Auge, gegen die
sie vertauscht wurde. Und, wo wir schon dabei sind, die Elfen.«
    »Öffne eine andere Schublade«, sagte Hu.
    »Warum?«
    »Nur mal so.«
    »Also gut.« Klorwig sah sich um. Unschlüssig
wählte er aufs Geratewohl eine Schublade auf Bauchhöhe und zog sie
auf.
    »Noch mehr Waagen. Manche klappern hin und her.«
    »Schau genau hin«, verlangte Hu. »Was ist noch
drin?«
    Klorwig versuchte, die Schublade weiter
aufzuziehen, aber es ging nicht. »Da klemmt etwas.« Er griff
hinein. »Es ist...« Er tastete, griff zu, zog... und hielt
entgeistert etwas blau-weiß gestreiftes in die Höhe.
    »Eine... Socke!«
    *
    Klorwig und Forkoonel hatten eine Schublade
nach der anderen geöffnet, Waagen gefunden – kleine und größere,
einige im Gleichgewicht, anderen wippten von Geisterhand bewegt hin
und her, in anderen klemmten Socken und verhinderten, dass sich die
Waagen bewegten.
    Dann war der Geist des Genius erschienen. Eine
wackelige, senkrechte Linie, die mal hierhin, mal dorthin wackelte,
mal gelb, golden oder grünlich schimmerte. Eine vertikale Spalte
zwischen vage erfassbarer Existenz und endgültigem Mysterium. Er
sprach nicht, aber er übertrug Wissen. Unschätzbares Wissen.
Mapohkel hätte ganz Fernhinten dafür gegeben, um jetzt hier zu
sein.
    Der Geist hatte viele Namen. Mondmonster und
Shredak Chrok waren nur zwei davon.
    Ohne Ungleichgewicht keine Ideen, und umgekehrt.
    Die Elfen hatten das Universum in Langeweile
gestürzt. Alle Schicksalswaagen waren im Gleichgewicht gewesen. Der
Geist des Genius drohte zu entschlafen. Ihm blieb nichts anderes
übrig, als sich ins Mondmonster zu verwandeln, um kräftig
Durcheinander zu stiften. Waagen gerieten aus dem Gleichgewicht,
weil sie von Socken und anderen Gegenständen blockiert wurden.
Jungs in Röcken brachten gleich schubladenweise Waagen ins Wanken.
Und hier und da lagen Orkköpfe, Münzen oder blau leuchtende
Metallsplitter in Waagschalen.
    Das Leben pulsierte. Der Geist des Genius
verschwand. Vermutlich ging gerade irgendwo der Mond auf. Neues
Durcheinander musste erschaffen werden.
    Klorwig schüttelte den Kopf. »Und das sollen
wir in unseren Bericht schreiben?«
    »Wir können schlecht eine der Waagen
mitnehmen«, sagte Forkoonel.
    »Eine mehr oder weniger ist kein Problem«,
schnaufte Hu. »Es gibt für jedes Schicksal eine Waage. Vielleicht
wollt ihr eure eigenen mit nach Hause nehmen?«
    »Lieber nicht«, sagte Klorwig. »Bei mir
verstaubt sowas nur.«
    »Ich werde wenigstens einige Skizzen
anfertigen«, meinte seine Assistentin und holte einen Zeichenblock
hervor. »Ein Bericht braucht was für die Augen. Hübsche Bilder.«
    Klorwig grinste. Dann gefror sein Lächeln. Er
hielt immer noch Herikas Socke in der Hand. Nachdenklich
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