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Fantasien der Nacht

Fantasien der Nacht

Titel: Fantasien der Nacht
Autoren: MAGGIE SHAYNE , Pößneck GGP Media GmbH
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von der Tür entfernten, als er rief: „Noch zwei Minuten. Nicht mehr!“
    „Verflucht, Junge. Es muss getan werden! Verzeih, dass ich keinen Weg gefunden habe, es für dich weniger beängstigend zu machen!“ Mit diesen Worten zog Roland Eric mit übernatürlicher Stärke zu sich heran. Er drückte Erics Kopf mit der flachen Hand zurück, und als Eric sich zu befreien versuchte, sanken Rolands Zähne in seine Kehle.
    Als Eric den Mund öffnete, um sein grenzenloses Entsetzen hinauszuschreien, drängte etwas Feuchtes gegen seine Lippen. Übelkeit überkam ihn, als ihm klar wurde, dass es ein Handgelenk war, aufgeschlitzt und pulsierend vor Blut. Roland presste seine aufgetrennte Vene gegen seinen Mund, und Eric hatte keine andere Wahl, als die abscheuliche Flüssigkeit zu schlucken, die seinen Rachen füllte.
    Abscheulich? Nein. Eher warm und salzig. Bereits mit dem ersten Schluck kam die schockierende Erkenntnis, dass es ihn nach mehr verlangte. Was geschah mit ihm? Hatte er den Verstand verloren?
    Ja! Er musste dem Wahnsinn verfallen sein, wenn er erlaubte, dass das Blut eines anderen Mannes seinen schmerzhaften Hunger, seinen endlosen Hunger, stillen würde. Er zuckte nicht einmal zusammen, als ein Wort wie ein kühler Hauch durch sein Gehirn brandete: Vampir. Angst erfüllte sein Herz, als Rolands Blut seinen Leib durchströmte.
    Er spürte, wie er schwächer wurde und nach und nach in einem dunklen Abgrund versank, aus dem er nicht entkommen wollte. Dies war ein viel besserer Tod als der, der am Morgen auf ihn wartete! Das Blut lähmte ihn, und Roland trat zurück.
    Eric konnte nicht länger aufrecht stehen. Er hatte das Gefühl, als sei sein Inneres mit einem Mal zur Gänze leer, und sank zu Boden. Er fühlte den Aufprall nicht. Sein Kopf schwebte irgendwo über ihm, und seine Haut prickelte wie von Millionen unsichtbarer Nadelstiche. „Wa…was habt Ihr mit mir ge…gemacht?“ Er musste sich die Worte abzwingen – ein dumpfes Genuschel, als wäre er betrunken. Seine Zunge schien ihm nicht mehr zu gehorchen.
    „Schlaf, mein Sohn. Wenn du das nächste Mal erwachst, wirst du dieser Zelle auf ewig entronnen sein. Du hast mein Wort darauf. Jetzt schlaf!“
    Eric kämpfte darum, die Augen offen zu halten, aber sie fielen dennoch zu. Vage spürte er, wie kalte Hände ihm sein schmutziges Halstuch wieder umlegten. Dann hörte er, wie Roland gegen die Tür hämmerte und nach dem Wärter rief.
    „Ich fürchte, dass er nicht lange genug leben wird, um exekutiert zu werden.“ Rolands Stimme schien von sehr weit her zu kommen.
    „Was redet Ihr da? Er war wohlauf …“
    „Dann sieh selbst, Bursche! Siehst du, wie er dort liegt? Ich wette, er ist noch vor Sonnenaufgang tot. Ich schicke eine Kutsche, um den Leichnam abzuholen. Kümmere dich um die Angelegenheit.“
    „Wenn der Preis stimmt, natürlich, Sir.“
    „Hier. Und wenn du genau das tust, was ich dir sage, bekommst du noch mehr.“
    „Gut, denn. Wenn er stirbt, wie Ihr gesagt habt, werde ich dafür Sorge tragen, dass er in die Kutsche kommt. Aber wenn nicht, kümmere ich mich darum, dass er seine Verabredung mit der Guillotine einhält. Ganz egal, was geschieht, für ihn kommt’s auf dasselbe raus, nicht wahr, Mister? Fressen für die Würmer, das ist er!“ Wüstes Gelächter erfüllte die Zelle; dann schlug die Tür mit lautem Krachen zu.

Keith
1. KAPITEL
    Im Traum lief sie davon. Vor irgendetwas, irgendwohin. Zu irgendjemandem. Sie stürzte durch dichtes Unterholz voller Sträucher und dorniger Zweige, die ihre Beine zerkratzten, sie festhielten und zurückzuziehen schienen. Rauchiger Nebel wand sich schlangengleich um ihre Beine. Sie konnte noch nicht einmal den Boden unter ihren Füßen ausmachen. Die ganze Zeit über rief sie nach ihm, aber wie stets vermochte sie sich nicht an seinen Namen zu erinnern, sobald sie erwachte.
    Tränen und Schweiß klebten ihr das schwarze Haar ins Gesicht. Ihre Lungen schwollen an wie die eines Marathonläufers nach seinem Lauf. Ihr Atem ging schwer. Ihr Herz fühlte sich an, als würde es jeden Moment explodieren. In ihrem Kopf drehte sich alles, und der überwältigende Schwindel zwang sie dazu, die Augen zu schließen.
    Rasch setzte sie sich auf und strich sich das feuchte Haar aus der Stirn. Ihr Blick fiel auf die Uhr neben dem Bett und dann auf das dahinschwindende Licht draußen vor dem Fenster.
    Im Grunde wäre das gar nicht nötig gewesen. Der Traum überfiel sie jeden Tag zur gleichen Zeit, nichts weiter
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