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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut
Autoren: Chris Culver
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waren mehr als genug Gelegenheiten, mich mit Blei vollzupumpen, selbst wenn er ein miserabler Schütze war. Tony bereitete mir hingegen keine allzu großen Sorgen. Er zielte zwar mit der Beretta auf meine Brust, doch der Hebel war noch immer nach vorn geklappt, so dass sich kein Schuss lösen würde, selbst wenn er noch so verzweifelt abzudrücken versuchte. Vor unterbelichteten Handlangern Respekt zu zeigen, war ziemlich schwierig.
    Ich richtete mich auf und legte die Hände wieder auf dem Kopf ab. » Ich möchte jetzt Karen sprechen. «
    » Das möchte sie auch. « Byron packte mich an der Schulter, zerrte mich zu sich heran und drückte mir seine Waffe in den Rücken. » Aber diesmal werden Sie ein bisschen mehr Respekt vor ihr zeigen. Denken Sie dran, wir behalten Sie im Auge. «
    Er schob mich vor sich her. Ich tat so, als wäre ich gestolpert, was eine neuerliche Lachsalve auslöste. Ich warf einen Blick über die Schulter. Byron versuchte beim Gehen, sein linkes Bein zu entlasten– ich wusste nicht, ob diese Tatsache von Bedeutung war, allerdings könnte es sich als nützlich erweisen, wenn ich vor ihm weglaufen musste.
    Vor einer Holztür mit einer auf Brusthöhe eingelassenen Scheibe aus gefrostetem Glas blieben wir stehen. Drinnen brannte Licht, doch ich hörte keine Stimmen. Tony drückte mir den Lauf seiner Waffe in den Rücken und zwang mich, den Raum als Erster zu betreten. Es war ein Eckbüro von etwa fünf mal fünf Metern Größe mit raumhohen, aber leeren Bücherregalen an den Wänden und einem Ungetüm von Schreibtisch in der Mitte. Die Jalousien vor den beiden großen Fenstern waren geschlossen. Karen stand gegen den Schreibtisch gelehnt, Hannah saß neben ihr auf einem metallenen Klappstuhl, die gefesselten Hände im Schoß. Ihre Atemzüge waren schnell und sehr flach, und ihre Unterlippe bebte bei meinem Anblick. Ich spürte, wie sich meine Nägel in meine Handflächen bohrten.
    » Wo ist Megan? « , fragte ich.
    Karen löste sich vom Schreibtisch und trat auf mich zu. » Sie schläft nebenan « , antwortete sie. » Ihre Frau durfte ihr eine Geschichte vorlesen. Ob Sie’s glauben oder nicht, aber wir sind keine Unmenschen. «
    Ich sah Hannah an, die kaum merklich nickte, ohne den Blick von Karen zu lösen.
    » Ich bin jetzt hier und tue, was Sie von mir verlangen « , sagte ich. » Lassen Sie sie laufen! «
    » Bald. « Karen legte mir die Hand auf die Brust. Meine Frau verlagerte das Gewicht auf ihrem Stuhl, machte jedoch keine Anstalten aufzustehen. Karens Blick schweifte zu ihren Handlangern, ohne die Hand wegzunehmen. » Gab es Probleme? «
    Tony hielt die Beretta in die Höhe. » Die hier hatte er am Gürtel, aber wir haben dafür gesorgt, dass in seiner Hose Ruhe herrscht. «
    Wieder kicherten die beiden.
    » Also wirklich, Ash. Bei einem Freundschaftsbesuch mit einer Waffe aufzutauchen « , tadelte Karen. » Wie soll ich jemandem trauen, der so etwas tut? «
    Ich zog mein Schweizer Messer aus der Tasche. » Das hier haben Ihre zwei Genies beim Filzen übersehen. « Mit einem Blick auf die beiden Handlanger ließ ich die Klinge aufspringen. Wie auf Kommando verzogen beide das Gesicht zu einer Grimasse. » Außerdem trampeln sie wie Elefanten, Tony weiß noch nicht einmal, wie man den Sicherheitshebel einer Halbautomatik umlegt, und Byron humpelt links. Hätte ich die beiden kaltmachen wollen, hätte ich es längst getan. Deshalb erwarte ich von Ihnen, dass Sie mir trauen. «
    Karen starrte die beiden Hampelmänner an und schnalzte missbilligend mit der Zunge. » Heutzutage ist es wirklich schwer, anständiges Personal zu finden, finden Sie nicht auch? « , meinte sie und wandte sich mir wieder zu.
    Vor allem für ein elendes Dreckstück wie dich.
    » Ich habe wirklich guten Willen gezeigt « , fuhr ich fort. » Tun Sie jetzt dasselbe und lassen Sie meine Frau und meine Tochter gehen. «
    Karen lächelte. » Das werde ich. « Sie setzte sich hinter den Schreibtisch und deutete auf einen gepolsterten Stuhl davor. » Setzen Sie sich. Wir müssen noch ein paar Details wegen Ihrer Reise besprechen. «
    Ich sah Hannah an. Inzwischen trennte die beiden Frauen nur noch etwa ein Meter. Meine Frau war durchaus kräftig, doch Karen hatte ein Messer bei sich, deshalb hätte Hannah wohl kaum eine Chance gegen sie. Ich setzte mich und sah auf meine Uhr. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Es war zehn nach elf. Bowers und seine Leute müssten also jede Minute hier sein. Eigentlich war geplant, dass ich
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