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Falsch

Falsch

Titel: Falsch
Autoren: Gerd Schilddorfer
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anderen.«
    »Nein, so unglaublich es klingt – genau das tat er nicht«, antwortete Compton. »Und irgendwie kann ich ihn verstehen. Er wollte nicht noch einmal in den Konflikt kommen, womöglich einem Freund, einem Juden, einem Hilfebedürftigen nicht helfen zu können. Weil der zwar in Not war, das hehre Ziel aber davor stand. Du verstehst mich? Sie wurden alle von zwei Dingen getrieben – von der Rache einerseits und der Sehnsucht nach einer gewissen Wiedergutmachung auf der anderen. Die vier alten Männer wollten Buße tun, ihre Schulden tilgen, die Schulden am jüdischen Volk, und damit zugleich ihr schlechtes Gewissen beruhigen. Aber sie wollten auch die Schweizer Banken bestrafen, die jahrelang wahllos das Geld von Nazis und Juden gleichermaßen genommen hatten mit dem Hintergedanken, vieles davon sowieso nicht mehr auszahlen zu müssen.«
    »Beides ist ihnen gelungen«, gab Llewellyn zu. »Und du hattest von Anfang an deine Finger im Spiel.«
    »Ein wenig«, gab Compton zu, »ein klein wenig.«
    »Als Downing Street das erste Mal von den Schwierigkeiten der Schweizer hörte, sind sie zu dir gekommen, stimmt’s?«, stieß der Major nach. »Der alte Peter, mit allen Wassern gewaschen, in allen Grabenkämpfen erprobt, der Kenner aller Informationsquellen, der Berater von Premier-Legenden. Und du hast sie angelogen.«
    »Harter Ausdruck«, lächelte Compton. »Nennen wir es eher eine angewandte need-to-know -Politik.«
    »Du hast ihnen nämlich die wahre Geschichte der Druckplatten verschwiegen, deren eigene, frisierte Version ihnen die Schweizer so vollmundig auftischten«, bohrte Llewellyn weiter, »weil du jemanden dabeihaben wolltest, der den Eidgenossen auf die Finger schaute. Hast du dabei zufällig meinen Namen genannt?«
    »Ich erinnere mich nur mehr dunkel«, gestand Compton und blickte konzentriert in das Feuer.
    »Dann lass mich dir ein wenig helfen«, bot Llewellyn an. »Wenn Downing Street von den Platten in Liechtenstein gewusst hätte, dann wären sie unter Umständen gar nicht so hilfsbereit gewesen, sondern hätten den Schweizern das Götz-Zitat entgegengerufen. Natürlich diplomatisch verbrämt, versteht sich. Nach dem Prinzip ›Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott‹. So aber hast du ihnen keine Wahl gelassen. Sie mussten mitziehen. Wie meintest du so richtig? Du hast in den Jahren als Berater vieles erfahren, noch mehr verschwiegen, aber nichts vergessen. So war es doch, oder?«
    Compton neigte zustimmend den Kopf, schwieg aber.
    »Wir kennen beide das Spielbrett und die Figuren, die Regeln und die Tricks, aber du bist der ungekrönte Meister …«
    Margret betrat den Raum mit einem großen Tablett Gebackenem, Kuchen und Bonbons, die verlockend aussahen und köstlich rochen.
    Compton hob unmerklich die Hand und Llewellyn verstummte.
    »Wie ich sehe, habt ihr bereits etwas zu trinken«, stellte sie ironisch fest. »Hier kommt ein frischer Gruß aus der Küche. Greifen Sie zu, Llewellyn, der Lebkuchen ist noch warm.«
    Damit eilte sie auch schon wieder aus dem Raum.
    »Du solltest wirklich ein paar von den Keksen versuchen«, brummelte Compton, »sonst bleiben sie wieder an mir hängen, im wahrsten Sinn des Wortes.«
    »Hast du nicht bei meinem letzten Besuch gesagt, dass man oft genug jemanden in einen Einsatz schickt, auch wenn man im Vorhinein weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, die Aufgabe zu lösen, gegen null tendiert?«, stellte Llewellyn fest und nahm ein Lebkuchenherz.
    »So ungefähr«, wich Compton aus.
    »Danke für das Kommando, alter Mann, ich hätte darauf verzichten können«, stieß der Major verärgert hervor.
    »Aber ich nicht, und du bist schließlich heil zurückgekommen«, erwiderte Compton ungerührt. »Banken haben in letzter Zeit nicht viele Sympathisanten, Schweizer Banken noch viel weniger. Ich wollte wissen, was die vier alten Männer ausgeheckt hatten, als der Ring Claessens auftauchte. Vorher war es eher ein Misstrauen den Eidgenossen gegenüber, das hast du völlig richtig gesehen. Sie haben nie mit offenen Karten gespielt. Danach …«
    »Was danach?«, erkundigte sich Llewellyn misstrauisch.
    »Danach ging es mir um zwei Dinge: diesen Zwingli und die sechzig Millionen. Diesem selbsternannten Sicherheitsexperten mit dem Teflon-Jackett war nicht beizukommen, weil das Bankenkonsortium hinter ihm stand. Bis vor kurzem …«
    Compton trommelte mit den Fingern auf die Lehne seines Fauteuils, aber Llewellyn ließ sich nicht beirren.
    »Halt! Woher wusstest du
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