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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)
Autoren: Peter Ransley
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Säuberungsaktion der Moralmeister fürchteten. Die Frau befahl mir zu gehen, doch Ellie gab ihr ein Zeichen. Ich erklärte ihr, dass ich, wenn ich jetzt ginge, dieses Haus schließen lassen würde. Ich hatte mich als Tom Neave hereingeschlichen, doch jetzt hatte meine Stimme den scharfen Unterton eines Mannes, der erwartete, dass man ihm gehorchte.
    Ellie scheuchte den Jungen in das Zimmer, aus dem sie gekommen war. Mein Auftreten hatte ihm seine Tapferkeit ausgetrieben, und er verkroch sich in einer dunklen Ecke. Der Raum war wie so viele andere, in denen ich gewesen war; düstere, billige Wandbehänge, schwere, süßliche Düfte, die mich normalerweise in einen Rausch versetzten, jetzt jedoch mit Abscheu erfüllten.
    »Ich werde ihn nehmen.«
    »Ihn nehmen?«
    »Gib mir deine Adresse.«
    Ihr Hausmantel öffnete sich, aber sie bemerkte es nicht oder es kümmerte sie nicht. Ich wandte den Blick ab. »Wo bringt Ihr ihn hin?«
    »Weg von dir.« Ich konnte ihren Anblick keinen Augenblick länger ertragen. »Die Adresse. Einer meiner Leute wird ihn abholen. Komm schon, du willst ihn doch loswerden, oder etwa nicht?«
    Sie nickte auf verschwommene, benebelte Weise, zog ihren Hausmantel enger um sich und murmelte: »Ich wusste nicht, dass jemand wie Ihr jemals einen Bastard anerkennen würde, mehr nicht. Es ist immer genau andersrum.«
    Ich schnippte mit den Fingern. »Die Adresse.«
    Sie zuckte gleichgültig die Schultern. »Bankside. Beim Zeichen von …«
    »Sag’s dem Kerl nicht!«, rief der Junge. Bis jetzt hatte er ebenso gleichgültig und fügsam gewirkt wie sie, doch nun kehrte sein trotziger und unverschämter Gesichtsausdruck zurück. »Mit dem Hinterfotz gehe ich nirgendwohin.«
    »Sam, Sam. Das ist er nicht, das verspreche ich dir. Er ist ein richtiger Edelmann. Er kennt uns. Er und ich … ach, egal.« Sie ging in die Hocke und lächelte. »Es ist nur zu deinem Vorteil.«
    Ihr Lächeln hatte etwas Apathisches, aber er warf sich in ihre Arme, worauf sie wirklich reagierte. Sie küsste ihn, und ihre Stimme klang verständnisvoll, als sie wiederholte: »Es ist nur zu deinem Vorteil.«
    »So was will ich nicht haben, egal, was das ist. Ich geh nicht.«
    »Du wirst tun, was man dir sagt«, sagte ich scharf.
    Ellie machte sich von ihm los und drehte sich zu mir um. Ohne Vorwarnung stieß Sam seine Mutter zur Seite und stürzte sich mit trommelnden Fäusten auf mich. Für sein Alter war er groß, und es war schon lange her, seit ich in irgendeinen Kampf verwickelt gewesen war. Er versetzte mir einen Schlag in den Magen und einen zweiten ins Gesicht. Taumelnd wich ich zurück an die Wand. Ich sah seinen Stiefel auf mich zukommen, und da erst brachte ich ihn zu Fall. Er rappelte sich wieder hoch, und ich sah ein Messer aufblitzen. Ich hatte befürchtet, dass das eines Nachts passieren würde. Es machte einen Teil der Erregung aus. Doch ich hatte mit leisen, verstohlenen Schritten in einer Gasse gerechnet, nicht mit dem hier. Ich war langsam, viel zu langsam. Es war Ellie, die ihn schließlich am Kragen seiner Livree erwischte und zur Seite riss, so dass die Klinge nur in den Leibrock drang und meine Haut leicht streifte.
    Benommen fiel ich in einen Sessel.
    Sie schlug ihm das Messer aus der Hand und machte sich daran, ihn zu verprügeln. Er ertrug es ohne Murren, die Lippen fest zusammengepresst, ohne auch nur die Hände schützend über den Kopf zu heben, als seien die Schläge ein Zeichen der Liebe. Sie hörte erst auf, als ihre Brust sich schwer hob und senkte, und wandte sich zu mir um.
    »Seid Ihr verletzt? Sieh nur, was du mit den Sachen von dem Edelmann angestellt hast!«
    Sie wollte den Jungen noch weiter bestrafen, doch ich befahl ihr aufzuhören. Sie bot mir ekelerregenden, süßlichen Milchpunsch an und erklärte, er enthielte Branntwein. Ich schüttelte den Kopf. Währenddessen stand der Junge reglos da. Ein dünnes Rinnsal Blut lief von seiner Stirn, wo einer ihrer Ringe ihn getroffen hatte.
    »Warte nur, bis ich das deinem Vater erzähle! Er wird dir jeden Knochen im Leib brechen.«
    Vater. Das Wort verletzte mich, wie keine Klinge es je vermocht hätte. »Du hast einen Mann?«
    »Ich nenne ihn so.«
    »Hat er einen Beruf?«
    »Er macht Kerzen«, sagte der Junge. Etwas in seiner Stimme verriet mir, dass sein Vater, weit davon entfernt, ihm sämtliche Knochen im Leib zu brechen, ihn niemals anrührte. »Gute Kerzen, nicht die aus Talg.« Trotzig und mit geballten Fäusten starrte er mich an. Er
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