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Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Titel: Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
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begreifen, warum sie ihm all das erzählte.
    »Als ich ihn kennen lernte«, fuhr seine Mutter fort, »war er voll ausgebildet und reiste als Pfadfinder und Bote durch das Land. Die Raiden-Falkner haben eine besondere Begabung - sie können durch die Augen ihrer Falken sehen und deshalb sind ihre Dienste sehr begehrt. Nach unserer ersten Begegnung kam er immer wieder bei mir vorbei, wenn er in der Nähe war. Unsere Freundschaft wuchs, aus Zuneigung wurde Liebe und schließlich blieb er bei mir.«
    Wie ein Schleier legte sich Trauer über Aranthias Augen. »Ungefähr ein Jahr, nachdem ich ihn kennen gelernt hatte, sah ich ihn zum letzten Mal. An einem sonnigen Morgen machte er sich auf den Weg nach Lemrik. Er wollte dort Saatgut kaufen und ein Kalb aussuchen. Ich merkte nicht, dass irgendetwas nicht stimmte. Vielleicht wollte ich mein Kind schützen, obwohl ich noch gar nicht wusste, dass ich es trug ...«
    »Ist er gestorben?«, fragte Alduin entsetzt.
    »Ich weiß es nicht. Mein Verstand sagt mir, dass er wohl gestorben sein muss, aber mein Herz und mein Gefühl sagen etwas anderes. Als er nach ein paar Tagen noch nicht zurück war, machte ich mich auf den Weg nach Lemrik. Doch dort hatte ihn niemand gesehen ...«
    Sie seufzte und sah ihren Sohn liebevoll an. »Bald darauf wurde mir klar, dass du unterwegs warst. Da wusste ich, was meine wichtigste Aufgabe war: alles für deine Ankunft vorzubereiten. Die Zeit flog nur so dahin. Der Winter war mild, und als nach der Wintersonnenwende die Monde zum ersten Mal voll waren, wurdest du geboren. Und seither bist du meine größte Freude.«
    Aranthia schwieg und schloss die Augen. Alduin ergriff ihre Hand; viele Herzschläge lang saßen sie still nebeneinander.
    »Mein Vater war also ein Raide und ich habe seine Begabung geerbt.« Alduin war reifer als die meisten Jungen seines Alters. Er nahm einfach auf, was ihm seine Mutter erzählte, ohne ihr Vorwürfe zu machen oder gar schmerzliche Fragen zu stellen. Aranthia seufzte erleichtert.
    »Es scheint so, aber deine Verbindung mit dem Falken geschieht ungewöhnlich früh. Ich wollte dir das alles ohnehin bald erzählen, obwohl ich noch gar nicht weiß, ob du wie dein Vater ein Falkner werden möchtest. Als ich Sanforan verließ, wurden die jungen Falkner in der abgesicherten Umgebung der Falkenhalle ausgebildet. Dort gingen sie die Verbindung mit den Falken ein. Aber dass so etwas in der Wildnis passiert? Und dann auch noch mit einem Marvenfalken?«
    »Und was sollen wir nun tun?«
    »Zuerst müssen wir zusehen, dass das Küken am Leben bleibt. Das wird nicht leicht sein.«
    »Aber wir müssen es schaffen!«, rief Alduin. »Die Falken haben ihn mir anvertraut ...«, setzte er mit schwacher Stimme hinzu.
    Die Vorstellung, dass Rihscha nicht überleben könnte, wühlte ihn stärker auf, als er sich jemals hätte träumen lassen. Von plötzlicher Angst gepackt, sprang er auf und rannte zum Haus zurück.

2
     
    Aranthias Befürchtungen zum Trotz entwickelte sich Rihscha während der nächsten Tage prächtig. So ungewöhnlich die Umstände auch sein mochten, war er fest entschlossen am Leben zu bleiben und die Zuversicht des winzigen Kükens übertrug sich auf Alduin. Jeden Morgen stand er bei Tagesanbruch auf, um Rihscha zu füttern, bevor er mit seinen täglichen Pflichten begann - Wasser vom Fluss zu holen, die Eier vom Hühnerhof hinter dem Haus einzusammeln, das Unkraut im Gemüse- und im Kräutergarten zu jäten und Brennholz zu hacken. Später am Vormittag futterte er Rihscha noch einmal und diese Fütterung zog sich immer mehr in die Länge, weil sich Alduin nicht daran satt sehen konnte, wie sich das Falkenküken entwickelte.
    »Sieh doch, Mutter! Sein Schnabel ist auf einer Seite dunkler!«
    »Schau mal, wie viel Flaum er schon hat!«
    »Hast du das gesehen? Wie geschickt er frisst?«
    »Sieh mal, auf der Brust kann man schon Punkte sehen!«
    Kein Tag verging ohne eine neue Entdeckung, die bewundert und gepriesen werden musste, und Rihscha antwortete auf alles mit fröhlichem Zwitschern.
     

     
    Am vierten Morgen, als das Küken zu Alduins Enttäuschung wieder einmal schlief, nutzte er die Gelegenheit und stieg zu dem Felsennest hinauf. Er wollte nachsehen, ob es Anzeichen dafür gab, dass das Falkenpaar zurückgekehrt war. Doch die Stelle wirkte verlassen; ein paar Federn waren der einzige Hinweis darauf, dass die Nische vor wenigen Tagen noch bewohnt gewesen war. Alduin stand auf dem Felsenkamm und blickte zum
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