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Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Titel: Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
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wusste es einfach irgendwie. Ich hab mir gedacht, dass das Junge nur überleben kann, wenn ich es mit nach Hause nehme. Können wir neben dem Kamin ein kleines Nest bauen?«
    Alduin war so sehr mit dem Ei beschäftigt, dass er den benommenen Ausdruck in den dunkelbraunen Augen seiner Mutter nicht wahrnahm und auch nicht den zögerlichen Ton in ihrer Stimme.
    »Ja ... ja, natürlich. Aber mach dir nicht zu viele Hoffnungen. Das ist ein wilder Vogel. Kein ...«
    Wieder brach sie ab, aber Alduin achtete gar nicht darauf. »Wir versuchen es einfach, so gut wir können«, antwortete er, bereit hinzunehmen, was immer auch passieren mochte.
    Alduins Mutter nahm ein paar alte Stofffetzen aus dem Schrank und legte sie in eine große Tonschale.
    »Der Ton nimmt die Wärme vom Feuer auf«, erklärte sie. »Wir werden sehen, ob das ausreicht.«
    Alduin bettete das Ei vorsichtig zwischen die Lumpen. Seine Mutter stellte das ungewöhnliche Nest in die Nähe des Kamins und rückte die Schale mehrmals hin und her, bis sie eine Stelle gefunden hatte, von der sie annahm, dass dort die Wärme genau richtig war.
    »So. Mehr können wir im Moment nicht tun. Jetzt essen wir erst einmal das Abendbrot.«
    Widerstrebend wandte sich Alduin von dem Ei ab und setzte sich an den Tisch. Seine Mutter trug das Abendessen auf, Haferschleim mit getrockneten Apfelstücken, aber Alduins Blick kehrte ständig zu dem Nest zurück. Besorgt fragte er sich, ob es richtig gewesen war, das Ei mitzunehmen. Einerseits hatte er wohl keine andere Wahl gehabt, andererseits hätte er vielleicht ein wenig länger warten sollen, ob die Falken nicht doch noch zurückkehrten.
    »Mach dir keine Sorgen, Alduin, du hättest nichts anderes tun können«, meinte seine Mutter, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Sie klang sehr überzeugend und beruhigend, aber er wagte nicht zu fragen, warum sie sich so sicher war. Er war auch viel zu beschäftigt mit dem Gedanken, was wohl mit dem Ei geschehen würde.
     

     
    An diesem Abend ging Alduins Mutter früher zu Bett als ihr Sohn, der noch im Schaukelstuhl neben dem Feuer saß. Sie machte sich weit mehr Sorgen, als sie sich hatte anmerken lassen. Das Falkenei weckte in ihr plötzlich all die Erinnerungen an das, was sie damals in Sanforan hinter sich gelassen hatte, als sie sich entschlossen hatte wegzugehen und hier in der Einsamkeit zu leben. Es kam ihr wie eine halbe Ewigkeit vor. Sie hatte darauf vertraut, hier ein neues Leben führen zu können, aber nun hatte sie die Vergangenheit doch eingeholt. Und jetzt drehten sich ihre Gedanken im Kreis. Welche Mächte waren hier am Werk? Alduin hatte ihr alles erzählt: Er hatte das Falkenpaar zum ersten Mal ungefähr zur Zeit der Neumonde entdeckt und es seither so oft wie möglich beobachtet. Bis zu dem seltsamen Verschwinden der Falken an diesem Nachmittag. Welche Mächte hatten das Falkenpaar dazu veranlasst, ihr Ei einem Menschenjungen anzuvertrauen? Denn Alduins Mutter hatte keinerlei Zweifel daran, dass die Falken genau das beabsichtigt hatten. Alduin mochte direkt an dem Geschehen beteiligt gewesen sein, aber er sah die Zusammenhänge nicht, die ihr längst offenkundig waren. Es gab sehr vieles, wovon er nichts wusste. Offensichtlich ließen ihr die jüngsten Ereignisse keine Wahl. Es war an der Zeit, ihm über einiges Aufschluss zu geben. Jetzt konnte sie nicht mehr selbst entscheiden, wann und wie sie es ihm sagen sollte. Mögliche Erklärungen schossen ihr durch den Kopf, mal diese, mal jene. Womit sollte sie anfangen? Wie viel sollte sie ihm sagen? Sie zermarterte sich das Gehirn, bis sie schließlich erschöpft einschlief.
    Ein früher Sonnenstrahl tanzte durch die Bäume und fiel durch das Fenster des Bauernhauses auf Alduins Gesicht. Verschlafene Augen öffneten sich zuckend, huschten sofort zu dem Ei und stellten erleichtert fest, dass es sich noch genau dort befand, wo er es hingelegt hatte. Also war das alles kein Traum gewesen! Er bückte sich, um die Wärme zu prüfen. Und genau in dem Augenblick, als er die Hand ausstreckte, hörte er ein leises Knacken und sah, dass sich das Ei ganz kurz bewegte. Er hielt den Atem an und richtete sich verwirrt auf. Er hatte nicht damit gerechnet, dass das Falkenjunge so bald schlüpfen würde. All das war so erstaunlich, dass er nicht mehr an einen Zufall glauben konnte. Oder hatte er das Ei vielleicht auf dem Weg nach Hause beschädigt? Ob seine Mutter wusste, womit man ein Falkenjunges füttern musste?
    »Mutter!«, rief
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