Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 4 Vor dem Hahnenschrei

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 4 Vor dem Hahnenschrei

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 4 Vor dem Hahnenschrei
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
und sich nicht mehr selbst in das einmischte, was man tat. Machte ihr Körper nicht ohnehin, was er wollte?
    Zum Beispiel schwitzte er gerade, ohne dass sie hätte sagen können, warum. Sie war nicht aufgeregt. Bewirkte der Druck der Muttermilch in ihr, dass ihr der Schweiß ausbrach? Wenn ja, dann reagierte er zum ersten Mal so.
    Sie wischte sich die Stirn, schaltete den Funkkontakt ab, ließ das Handfunkgerät liegen und die Scheinwerfer eingeschaltet.
    Dann öffnete sie die Tür des Wagens und verstand augenblicklich, warum sie schwitzte.
    Eine Welle aus Hitze schlug ihr entgegen. Die glühenden Ruinen atmeten trockene, heiße Luft aus, und das mit einer Gewalt, mit der sie nicht gerechnet hatte. Es war, als betrete man eine Sauna. Lyanne betrachtete die Trümmer, und es fühlte sich noch einmal völlig anders an als eben durch die Windschutzscheibe hindurch.
    Nicht nur die Hitze machte einen Unterschied. Ein bitterer Geruch drang ihr in die Nase und setzte sich rußig und gallig auf ihrer Zunge ab. Dazu gesellte sich ein anderer Geruch, ein pervers guter Geruch, der verführerische Duft von tausend eine Spur zu crispy gegrillten Hühnern …
    Lyanne stieg aus und schloss die Autotür. Stellte sich dem falschen Wüstenwind entgegen, bis sie sich an die Hitze auf ihrer Gesichtshaut gewöhnt hatte, und ging dann los. Wie nahe sie an die Häuser herangehen konnte, würde ihr Körper entscheiden.
    An einer weit abgelegenen Stelle in ihrem Hinterkopf tauchte der Gedanke auf, dass es nicht ungefährlich war, um Haus und Stall herumzugehen. Noch immer fielen Bruchstücke herab. Welchen enormen Radius sie erreichten konnten, bewiesen die rauchenden Objekte, die viele Yards von den Ruinen entfernt lagen. Außerdem würde ein leichter Windstoß ausreichen, um Teile des schwelenden Feuers neu zu entfachen.
    Auf die meisten Menschen übte Feuer eine schwer zu erklärende Faszination aus. Ebenso wie Schauplätze der Zerstörung. Hier hatte sie beides. Während sich das Morgengrauen einfach nicht einstellen wollte, färbte die Glut die Szenerie orange. Die tiefschwarzen Holztrümmer dazwischen hätten die Skelette von irgendetwas Riesigem sein können. Auf eine gewisse, nicht ganz gesunde Weise fühlte es sich gut an, diesen Ort für sich alleine zu haben, ein paar Minuten noch, ehe geschäftige Feuerwehrleute umherwimmeln und ihn für sich vereinnahmen würden.
    An der Ruhe in Lyanne mochte auch das Bewusstsein schuld sein, nicht viel falsch machen zu können. So schrecklich der Anblick sein mochte – was passiert war, war passiert. In Haus und Stall konnte niemand mehr am Leben sein, und ob die Feuerwehr fünf Minuten früher oder später eintraf, machte jetzt keinen Unterschied mehr.
    Es war höchstens denkbar, dass jemand es nach draußen geschafft hatte und verletzt irgendwo lag. Das musste sie ausschließen.
    Da das Haus immer noch seine Balken abwarf, nahm sie sich zunächst den Stall vor. Während sie auf den Traktor zuging, bei dem sie vorher ein Flattern zu sehen geglaubt hatte, fiel ihr erstmals der Ton auf.

4
    Ein Brummen schwebte in der Luft, gar nicht einmal sehr leise. Jetzt, wo sie darauf aufmerksam geworden war, empfand sie es sogar als ausgesprochen … präsent. Ein durchdringender tiefer Ton, eine Art Schaben oder Krächzen. Es fiel ihr schwer, dieses Geräusch mit dem Feuer in Verbindung zu bringen. Das Feuer prasselte, es zischte und pfiff, und die Balken krachten – allesamt kurze Geräusche, die sofort wieder verstummten. Dieser tiefe Ton kam in einem festen Rhythmus und schwoll dabei auf und ab, als spiele jemand mit einem Synthesizer.
    War mit ihren Ohren etwas nicht in Ordnung? Sie sperrte den Mund auf, bis es in ihren Ohren knackte, aber der Ton ging davon nicht weg.
    Sie beschloss, ihn zu ignorieren. Wenn sie daran dachte, würde sie später einen der Feuerwehrleute darauf ansprechen.
    Sie erreichte den alten Traktor und erkannte, dass er vollkommen verrostet war. Der lederne Sitz war in Fetzen, die Reifen platt. Der Schlepper strahlte eine immense Wärme aus, wie ein loderndes Lagerfeuer, was ihr seltsam vorkam, aber bestimmt hatte sich der schwere Stahl mit der Hitze des Feuers aufgeladen und gab diese nun wieder ab. Es kam ihr vor, als wäre dieses Ding heißer als der glimmende Stall daneben. Sicher gab es auch dafür irgendeinen Grund. Und mit dem ließ sich dann bestimmt auch erklären, warum das Gras im Umkreis von fünf Yards um die Maschine restlos niedergebrannt war.
    Ihre Brüste
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher