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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 1 Schnitt

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 1 Schnitt

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 1 Schnitt
Autoren: Martin Clauß
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jung.“
    „Wir werden einstweilen gut für ihn sorgen. Und es gibt viele Methoden, die wir noch nicht ausprobiert haben. Vielleicht spricht er auf eine davon an.“
    „Danke, Herr Doktor.“
    Als Ekaterini das Hospital verließ und durch den weitläufigen Park ging, sah sie die ersten Frühlingsblumen sprießen. Sie musste daran denken, was Piet an jenem Samstagmittag zu ihr gesagt hatte – es war ihr, als liege dieses Gespräch erst wenige Tage zurück.
    „Kati“, hatte er gesagt. „Ich möchte, dass du dir einen Liebhaber nimmst.“ Und dann: „Ich kann mich nicht mehr auf das konzentrieren, was für dich die Realität ist.“
    Es war der Anfang vom Ende gewesen. Wenn es stimmte, was Dr. Sveric sagte, dann hatte Piet sich am Abend desselben Tages diese Verletzung zugefügt. Vielleicht als Reaktion auf irgendetwas, was sie gesagt oder getan – oder nicht getan – hatte.
    Erst jetzt begann sie zu weinen.

11
    „Wo bin ich?“
    Piet sah sich um. Eben noch hatte er den Traum gehabt, jenen, den er immer wieder hatte – von den Urmenschen, den Höhlen, den Bären. 87 Sekunden, die immer wieder von vorne begannen.
    Dann, plötzlich, war es gewesen, als wäre er tiefer gerutscht, tiefer in seinen Schlaf hinein, unter den Traum hinunter, auf eine andere Ebene.
    Er hatte dieses Gefühl zum ersten Mal.
    Endlose Reihen mit schimmernden runden Boxen umgaben ihn. Sie liefen in alle Richtungen, horizontal, vertikal, so weit das Auge reichte. Regale, in denen sie eigentlich hätten liegen sollen, gab es nicht. Die leuchtenden Boxen schwebten schwerelos im Raum.
    Und er schwebte zwischen ihnen.
    Wenn er sich konzentrierte, konnte er seine Position verändern, nach allen Seiten frei navigieren. Er schwebte langsam, vorübergebeugt, mit herabhängenden Beinen und Armen, wie auf einem Kissen aus Luft. Wenn er die Hand ausstreckte, konnte er die Boxen berühren. Sie waren kühl, angenehm kühl.
    Eine gute Lagertemperatur für Filme , dachte er.
    Aber er war kein Film. Und er kannte diesen Ort nicht. Was hatte er hier zu suchen?
    Eine undefinierbare Zeitspanne verstrich, während er gemächlich durch den endlos scheinenden Raum trieb. Decken, Fußböden, Wände waren nicht auszumachen. Aber nach und nach fiel ihm auf, dass er nicht allein war. In den Zwischenräumen zwischen den Filmboxen bewegten sich schillernde, halb durchscheinende Gestalten, groß und hager, mit langen, biegsamen Gliedmaßen.
    Schlaksig, wie der Junge, der die Bombe auf ihn geworfen hatte!
    Angst keimte auf, versickerte jedoch sofort wieder. Die bösen Erinnerungen an den Schrecken und den Schmerz konnte ihm nichts anhaben. Nicht nach alldem, was er seither erlebt hatte. Seine Neugier war größer.
    „Warum bin ich hier? Warum habt ihr mich gerufen?“, fragte er, doch seine Stimme verklang mit einem hohen, sirrenden Nachklang zwischen den metallischen Dosen.
    Wer immer diese Wesen sein mochten – Piet war sicher, dass sie ihn zu einem bestimmten Zweck ausgewählt hatten. Das Attentat. Es hatte die Hornhäute seiner Augen ruiniert und erzwungen, dass er sich neue einsetzen ließ. Ansonsten war er nicht verletzt worden. Und es hatte keine Spuren gegeben. Dann der Film, den man in sein Labor schmuggelte, auf eine Art, wie kein Mensch es jemals tun konnte. Keine geöffneten Schranktüren. Keine Spuren. Und die Bilder, die direkt in sein Gehirn eindrangen, noch ehe er sie richtig gesehen hatte.
    Dies war ein riesiges Filmarchiv.
    Man hatte ihm einen Film anvertraut, der in schlechtem Zustand war. Alt und verblasst. Das war sein Metier. Man hatte den vielleicht besten Filmrestaurateur dieser Welt ausgewählt und ihm einen Auftrag erteilt. Zuvor hatte man etwas mit seinen Augen gemacht und vermutlich damit bewirkt, dass er etwas sehen konnte, was sonst niemand sah.
    Dr. Sveric, der Psychiater, der ihn betreute, hatte ihm berichtet, dass man bei der Polizei auf dem Film nichts hatte erkennen können. Die Beamten hatten keine Bilder gesehen, hatten keine seltsamen Träume gehabt. Diese Fähigkeit hatte nur er allein.
    Aber er hatte seine Arbeit nicht beenden können. Man hatte ihn in eine Anstalt gesteckt, ehe er sich an die Restauration hatte machen können.
    „Es tut mir leid“, sagte er in den gewaltigen Raum hinein. „Es war nicht meine Schuld. Gebt mir eine neue Chance. Holt mich aus der Anstalt heraus, bringt mich an einen Ort, wo ich ungestört arbeiten kann, und ich restauriere euren Film!“
    Wieder zeigte niemand eine Reaktion. Piet war nicht
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