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Fahrt ohne Ende

Fahrt ohne Ende

Titel: Fahrt ohne Ende
Autoren: Arno Klönne
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deswegen brauchst du doch harmlose Menschen nicht anzugreifen«, flüsterte der.
     
    * * *
     
    Das Winterlager auf einer versteckten Berghütte irgendwo im östlichen Sauerland war eine feine Sache. Im Winter 1942 auf 43 war das Leben in der von Luftangriffen gehetzten Stadt schon recht hart und ruhelos. Um so herrlicher waren für die Jungen die Tage hier draußen in der weißen Waldeinsamkeit, in der sie nichts störte, nichts drängte.
    Und das Schönste: Tim und Kostja hatten Urlaub und waren bei ihnen. Nur Jürgen fehlte. Er hatte keinen Urlaub bekommen. Daß Jürgen nicht dabei war, das ließ sie auch in diesen Tagen nicht vergessen, was draußen geschah, in den Städten und an den weiten Fronten dieses Krieges...
    Sie waren des Abends in der Hütte angekommen und schon bald in ihre Decken gekrochen, müde vom langen Marsch durch die Schneelandschaft. Früh am nächsten Morgen weckte sie Kostja mit ein paar Klampfenakkorden.
    »Huh, wie disharmonisch«, klagte Wolf.
    Sie warfen die Decken fort, kletterten vom Hüttenboden ‘runter, und dann rasten sie draußen in den Schnee, nichts als eine Badehose am Leib. Es ging alles blitzschnell: zwei Minuten Lauf, zwei Minuten Gymnastik, dann einmal lang durch den Schnee gerollt — das brannte wie Feuer auf der nackten Haut — wieder zwei Minuten Lauf und damit war der Frühsport beendet. Mit dem Erfolg: es fror keiner mehr an diesem Tag! Wolf freute sich! Sogar Rainer, der noch ein bißchen empfindlich war, hatte, ohne mit der Wimper zu zucken, mitgemacht.
    Sie hatten nur drei Paar Skier, und so war es immer ein ziemlicher Behelf mit dem Laufen. Aber der Tag verging wie im Fluge damit. Abends saßen sie in der warmen Hütte.
    »— Na ja, genau genommen ist‘s ja mehr Rauch und Qualm als Wärme«, meinte Klaus, — sie übten Morsen. Eigentlich hätte man das ja draußen tun müssen, aber das wollten sie doch lieber nicht wagen. Es ging auch hier: die Hälfte der Jungen saß in der einen Ecke des Hüttenraums und machte dort die »Sendestation«, die andere Hälfte saß als »Empfangsstation« in der anderen Ecke. Gesendet wurde mit einer Taschenlampe. Das Morsen klappte schon ganz gut, man gab das tollste Zeug von der einen Ecke zur anderen durch. Zuletzt erwies sich freilich die Gruppe in der einen Ecke, zu der Kostja, Wolf und Klaus gehörten, eindeutig als die schnellere. Tim, der gerade in der anderen Ecke »annahm«, flüsterte Peter, der neben ihm saß, leise zu: »Die legen ein Tempo vor, da komm‘ ich nicht mehr mit. Ich hab‘ den Faden schon völlig verloren, wir blamieren uns gleich unsterblich, wenn wir entziffern sollen, was wir verstanden haben.«
    »Ach, laß man, wenn die uns ärgern, ärgern wir wieder«, flüsterte Peter zurück und bewegte sich auf Zehen und Fingerspitzen leise, unhörbar fast, durch den dunklen Raum zur anderen Ecke hin.
    Und dann schrie dort plötzlich Wolf:
    »Au, verflixt, wer zieht mir denn den Schemel weg?« Es gab einen dumpfen Krach, die Sendestation erlosch und Kostja schrie ebenfalls:
    »Bist du das, Wolf? Ich helf‘ dir gleich mit, hier den Stuhl einfach unterm Hosenboden wegzuschieben!«
    Da steckte einer die Kerze an. Im gleichen Moment stürzten sich Wolf und Kostja auf den Missetäter, den sie nun entdeckten. Tim kam Peter zu Hilfe, Klaus sang: »Haut euch schwer und rauft euch sehr...«, eine allgemeine Rollerei machte dem Morsen ein Ende.
    »Na, wenn schon, dann auch richtig«, rief Hepp, riß die Hüttentür auf und beförderte den ersten besten nach draußen in den Schnee, wohin sich dann die ganze Schlacht verlagerte. Als sie alle genug hatten von dem nassen Element, zogen sie einträchtig wieder in die Hütte, deren Wärme nun doppelt so angenehm schien, und sangen die tollsten Lieder:
     
Wir stieben durch den Schnee
mit wildem Gebraus,
wir kennen kein Weh
nach Heimat, nach Haus.
Hei nja, nja nja nja...
     
    Hepp mußte auch sein Banjo vom Hüttenboden herunterholen und »Shanties« Vorsingen, die Songs von den alten Segelschiffen, in denen der salzige Ruch der großen Meere, der Atem der großen Ferne mitklang:
     
    Show me the way to go home...
     
    Und die Lieder, die man in den großen Häfen sang, beim Ankerhieven und beim Segelhissen:
     
Ick hew mol en Hamborger Veer‘master sehn,
To my hoodah, to my hoodah...
     
    sang Hepp vor, und dann fielen beim Refrain die anderen ein:
Blow, boys, blow for Californio.
There is plenty of gold
so Jam told,
on the banks of Sacramento.
     
    Das war der erste
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