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Extrem

Extrem

Titel: Extrem
Autoren: Stefan Goedde
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Wie sehr solche Redewendungen tatsächlich körperlichen Vorgängen entsprechen, istin letzter Zeit zunehmend zum Gegenstand medizinischer Forschung geworden. Dabei haben Neurobiologen erstaunliche Erkenntnisse über den Zusammenhang der physikalischen, körperlich erfahrbaren und der „psychischen“, subjektiv wahrgenommenen Temperatur zu Tage gebracht. Glaubt man den neuesten Untersuchungen, so gibt es einen engen Zusammenhang zwischen der Warm- und Kaltherzigkeit von Menschen, die uns begegnen, und der gleichzeitig vom Körper empfundenen Temperatur. Intuitiv haben wir immer schon Wärme mit zwischenmenschlicher Nähe, Kälte mit Einsamkeit, aber auch mit Ablehnung und Unfreundlichkeit verknüpft. Nun zeigt eine Studie: Wer betrübt ist und gerade keinen tröstenden Nächsten zur Verfügung hat, dem kann eine Tasse heißen Tees genauso helfen. Von der sinnbildlichen Wärme eines uns liebenden Menschen werden in einem solchen Moment dieselben Hirnareale angesprochen wie von der physikalischen Wärme des Getränks – so die überraschende neurobiologische Erklärung. Im Zuge einer anderen Studie wurden Versuchspersonen aufgefordert, sich an eine Situation des sozialen Aufgehobenseins zu erinnern. Kurz darauf bat man sie, die Raumtemperatur einzuschätzen, unter dem Vorwand, die Heizung sei defekt. Das Ergebnis: Die Menschen, die sich „geborgen“ fühlten, schätzten die Raumtemperatur um gut 2,5 Grad wärmer ein als diejenigen Probanden, die sich zuvor an eine Situation sozialer Ablehnung erinnern sollten. Die vom Körper empfundene Raumtemperatur wurde offenbar mit Gedanken an „wärmende“ oder „kalte“ soziale Erlebnisse um bis zu 2,5 Grad beeinflusst.
    Man könnte daraus vielleicht schließen, dass die innere, metaphorische Hitze durchaus ihre körperliche Entsprechung hat. Und in der Tat ist es ja so, dass der Puls schneller schlägt, wenn sich die Gemüter besonders erregen, und uns Menschen dabei auch physisch wärmer wird.
    Sollte dieser Zusammenhang auch einer der geheimen Tricks der Sauna-Weltmeisterin sein? Hat sie es noch ein wenig länger in der Sauna ausgehalten als alle ihre Konkurrenten, weil sie sich in Erinnerung gerufen hat, wie jemand besonders unfreundlich zu ihr war …?

Le Grand Bleu oder Lungenflügel in Orangengröße
    Ein Mann liegt in der Badewanne, seine Armbanduhr auf dem Wannenrand neben ihm. Kurz bevor der Sekundenzeiger auf Zwölf springt, atmet er einmal tief ein. Dann taucht er unter. Er wird ganz ruhig: „Alles Leben kommt aus dem Wasser“, lässt er seine Gedanken schweifen. „Pflanzen, Tiere und auch wir Menschen haben unseren Ursprung in der glücklichen Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff.“ Er erinnert sich an das Lieblingstier seines Biologielehrers: „Das Lanzettfischchen ist eines der ältesten Wasserbewohner mit einer Art Wirbelsäule. Es lebte schon vor ungefähr 550 Millionen Jahren im Meer und ist einer unserer Vorfahren.“
    Der Mann horcht in sich hinein, spürt sein Herz langsam und ruhig schlagen. Unter Wasser, so scheint ihm, hört man sogar das eigene Blut rauschen. „Dann wäre da noch der Lungenfisch“, führt er seine Gedanken fort. „Noch ein Artverwandter aus dem Wasser. Neben Kiemen verfügt er über eine einfach gebaute Lunge, der er seinen Namen verdankt und die für eine enge Verwandtschaft mit den Landwirbeltieren spricht. Die Lunge braucht er in Trockenzeiten, wenn sein heimatliches Gewässer versiegt und er sich für Wochen im Schlamm vergräbt.“
    Langsam fällt dem Mann das Nachdenken über den Ursprung allen Lebens schwerer. Sein Gehirn weist ihn unmissverständlich darauf hin, dass er sich besser um seine Sauerstoffreserven kümmern sollte. Der Impuls, atmen zu wollen, wird stärker. Er kennt diesen Impuls, gibt ihm aber nicht nach, konzentriert sich: Ein lebendes Fossil, das ihn in der Schule schon sehr beeindruckt hat, ist der Ginkgo, eine in China heimische, heute weltweit verbreitete Baumart. Auch der Ginkgo verrät etwas über unsere Herkunft aus dem Wasser – und zwar durch seine Samen. Ähnlich den menschlichen Spermien haben seine Samenzellen Geißeln, peitschenähnliche Anhängsel, die der Fortbewegung im feuchten Medium dienen. Diese Funktion haben die Geißeln jedoch längst verloren, denn die Samenzellen werden, wie bei vielen Pflanzen, über den Wind verbreitet. Uns dienen sie bis heute als Beleg für unsere jahrtausendelange Entwicklung – vom Wasser ans Land.
    „Das war’s!“, der Kopf des Mannes
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