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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f
Autoren: Maria Beaumont
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sind, sollte man verbieten, Videoclips zu drehen.«
    ... Evanescence ...
    »Igitt! Grufti-Braut.«
    ... Limp Bizkit ...
    »Aaagh!«, kreischt Daniel.
    Ich höre auf zu zappen, weil das Telefon klingelt. Ich gehe dran und halte den Hörer gleich darauf einen halben Meter von meinem Ohr weg. Selbst so kann ich noch jedes einzelne Wort verstehen, dass Mr Motzki in voller Lautstärke brüllt, sogar lauter als Limp Bizkit.
    Mr Motzki, das ist Steve, einer unserer Fitnesstrainer. Dieser Mann kann sich nur durch Brüllen verständigen und ist im Nu auf hundertachtzig. Daniel schiebt es auf die Anabolika. Ich schiebe es auf den Umstand, dass Steve ein unbeherrschter Idiot ist. Einmal habe ich ihn dabei beobachtet, wie er mit einem leeren Stuhl in der Cafeteria kämpfte.
    Ich muss gar nicht hinhören, ich weiß auch so, weshalb Steve anruft. Er kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn Daniel oder ich durch die Programme zappen. Das hat damit zu tun, dass es im The Zone nicht nur die drei Plasmafernseher im Empfangsbereich gibt. Es wimmelt hier von Bildschirmen. Allein in Steves riesigem Fitnessraum hängen zehn, die alle mit der Fernbedienung verbunden sind, die in meiner Hand liegt. Vor einigen Wochen verlangte eines unserer Mitglieder seinen Monatsbeitrag zurück mit der Begründung, er sei beim Spinning völlig aus dem Tritt geraten, weil Daniel von irgendeiner schnulzigen Will-Young-Ballade auf eine schnelle Technonummer umgeschaltet hatte.
    »Sorry, Steve«, sage ich und nehme den Hörer wieder an mein Ohr. »Sollen wir Nu Rock drinlassen oder lieber auf ein anderes Programm umschalten?«
    »Das ist mir völlig schnurz«, blafft er. »Von mir aus könnt ihr auch auf QVC schalten. Hauptsache, ihr hört auf, ständig die Programme zu wechseln.«
    Als ich den Hörer auflege, erspähe ich Lydia, die sich uns entschlossenen Schrittes nähert.
    Scheiße.
    Bestimmt war sie gerade bei Steve, als dieser mit mir telefoniert hat. Das riecht nach Ärger.
    Ich wappne mich innerlich, doch als Lydia auf unserer Höhe ist, bleibt sie nicht stehen. Stattdessen stürmt sie an uns vorbei und weiter durch den Korridor, und wenig später hören wir, wie die Tür ihres Büros zugeknallt wird. Daniel und ich starren uns sprachlos an. Normalerweise lässt Lydia keine Gelegenheit zu einem Rüffel aus. So mussten wir uns von ihr sagen lassen, wir würden uns zu langsam bewegen, zu schnell atmen, im falschen Moment beziehungsweise zu selten lächeln. Was auch immer wir tun und auf welche Art, wir können es Lydia nie recht machen. Gerade eben hätte es zum Beispiel gut passieren können, dass sie unsere Körperhaltung kritisiert. Wenn nicht viel los ist, zwingt sie uns hin und wieder zu leichten Dehnübungen oder lässt uns gerade stehen, als würden wir für die Olympiade im Weitsprung üben. Das dritte Gebot: Das Personal soll stets einen professionellen, durchtrainierten Eindruck machen. Meine leicht verschwitzten Füße liegen nach wie vor auf dem Tisch. Im Moment mache ich alles andere als einen professionellen Eindruck. So dürfte ich mich nicht einmal in einer Taxizentrale aufführen.
    »Was die wohl hat?«, fragt Daniel flüsternd.
    Ich zucke die Achseln.
    Gleich darauf strömen die ersten Balletttänzer in das Foyer. Es muss jetzt zwanzig Uhr sein. Zeit für uns, Feierabend zu machen. Die letzten Abendkurse sind nun zu Ende. Der Fitnessbereich und das Schwimmbecken werden geschlossen. Die Kosmetikerinnen haben ihre letzte Massage/Wachsenthaarung/Gesichtsmaske hinter sich. Nach einem weiteren Tag, an dem ich der Londoner Highsociety geholfen habe, das optimale körperliche Erscheinungsbild zu erlangen - und nebenbei mit Daniel herumzualbern und MTV zu gucken - bin ich nun ebenfalls bereit, nach Hause zu gehen.
    »Hast du Lust auf einen kurzen Sprung ins Billy‘s?«, fragt Daniel.
    Billy‘s Bar. Unser Stammlokal. Ein ziemlich angesagter Laden in der Nähe des Piccadilly Circus in Soho. Im Billy‘s findet sich für jeden etwas. Jedenfalls für Daniel und mich. Knackige, nicht mit Verstand gesegnete Boygroup-Schönlinge für mich und ... äh ... knackige, nicht mit Verstand gesegnete Boygroup-Schönlinge für Daniel.
    Aber nicht heute Abend.
    »Ich kann nicht, Daniel. Die Ausrede mit Sasha zieht allmählich nicht mehr. Dad wird toben, wenn ich schon wieder so spät nach Hause komme.«
    »Bist du sicher? Nach so einem Crash kann die Reha Monate dauern. Ist doch eine gute Ausrede.«
    Bei dem Gedanken an meine Lüge werde ich rot. Natürlich
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