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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden
Autoren: Anne Rice
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nordwärts nach San Francisco und zur Bay Bridge.
    Ich glaube, der Wahnwitz der Sache traf mich erst, als ich das städtische Elend der University Avenue sah: Ich war in meine Heimatstadt zurückgekommen. Diese kleine Jagd, die in einer anderen Galaxie begonnen hatte, führte mich zurück in die Hügel von Berkeley, wo ich aufgewachsen war.
    Wie nett, Elliott. Nur dir zuliebe.
    Die Limousine schlingerte unbeholfen, als wir die steilen, kurvenreichen Straßen hinauffuhren. Es war schlimmer als nur vertraut. Der Anblick der überwucherten Gärten, der im Dickicht aus Eichen und Monterey-Zypressen verborgenen Häuser ließ meine Seele erstarren. Nein, dieser Ort war nicht einfach nur Heimat, eher die Landschaft einer Identität, eines Lebensabschnitts, der geprägt war von ständigem Schmerz.
    Plötzlich hatte ich Angst, daß mich jemand trotz der dunklen Scheiben sehen und erkennen könnte. Diesmal war ich nicht zu eier Hochzeit oder einer Beerdigung oder auf eine Woche Ferien hergekommen. Ich war Sir Richard Burton, der sich in die verbotene Stadt Mekka schleicht. Wenn man mich erwischt, werde ich umgebracht.
    Ich schaue auf die Uhr. Elliott hatte nur zwei Stunden Vorsprung. Vielleicht war er noch gar nicht da.

    Es war genau so ein Haus, wie ich mir vorgestellt hatte. Eines dieser kleinen Steinhäuser am Steilhang, mit einem Rundbogen über der Tür und einem Türmchen, das es zu einer winzigen Burg machte. Der Garten war verwildert, der Zedrachbaum versperrte fast den Eingang, Gänseblümchen wuchsen zwischen den Steinplatten des Wegs.
    Dahinter sah ich das tintenschwarze Wasser der Bucht, und in der Ferne ragten die Wolkenkratzer von San Francisco aus einer Schicht rosenfarbenen Dunstes. Die beiden Brücken wie Lichtbogen über der Dunkelheit, und ganz weit rechts die undeutlichen Silhouetten der Hügel von Marin.
    All diese vertrauten Dinge, und doch waren sie so fremd. Ich, aus Fleisch und Blut, an diesem wirklichen Ort. Und er, aus Fleisch und Blut, dort drinnen, denn der Porsche, der aussah wie eine umgestülpte Badewanne, stand in der unglaublich schmalen Zufahrt, und überall in dem kleinen Haus waren die Lichter an.
    Als ich den Knauf berührte, ging die Tür einen Spaltbreit auf.
    Steinboden, große Kaminöffnung mit loderndem Feuer in der Ecke, ein paar trübe Lampen unter der niedrigen Balkendecke. Und die bleiverglasten Fenster zeigten den spektakulären Blick auf die Stadt, das Wasser und den Nachthimmel.
    Nette Wohnung. Wunderschöne Wohnung. Geruch von brennendem Holz. Unmengen von Büchern an den Wänden.
    Elliott saß, eine Zigarette im Mund, am Tisch in dem kleinen Eßzimmer und telefonierte.
    Ich stieß die Tür ein kleines Stück weiter auf. Er sagte etwas von Katmandu. Daß er voraussichtlich Hongkong vor Ende der Woche verlassen und drei Tage in Katmandu bleiben würde.
    »Dann eventuell Tokio, ich weiß es noch nicht.«
    Er trug eine Safarijacke und einen weißen Rollkragenpulli. Er war sehr braun, das Haar mit hellen Strähnen durchsetzt, als habe er die ganze Zeit, die wir nicht zusammen waren, mit Schwimmen und Sonnenbaden verbracht. Ich konnte die Sonne auf seiner Haut förmlich riechen, und er wirkte ein bißchen fehl am Platz in diesen dunklen, winterlichen Räumen.
    »Wenn ihr mir den Auftrag gebt, fein«, sagte er. »Wenn nicht, fahre ich trotzdem. Ruf mich an. Du weißt, wo du mich erreichen kannst.« Er war dabei, einen Film einzulegen und faßte schnell nach dem Hörer, als er ihm von der Schulter zu rutschen drohte. Schließlich knipste er den belichteten Teil des Films ab.
    Dann sah er mich. Er hatte keine Zeit, seine Überraschung zu verbergen.
    Ich umklammerte den Türknauf fester, weil mein ganzer Arm zu zittern anfing.
    »Ja, ruf mich wieder an«, sagte er und legte auf. Er stand auf und sagte sehr leise: »Du bist gekommen.«
    Ich zitterte jetzt am ganzen Leib. Meine Knie schlotterten. Die Luft von draußen fühlte sich plötzlich kalt an.
    »Darf ich reinkommen?« fragte ich.
    »Klar«, sagte er. Noch immer verblüfft. Er versuchte nicht einmal, hart oder boshaft zu sein. Er stand einfach nur da, den Fotoapparat um den Hals und schaute mich an, während ich die Tür zumachte.
    »Das Haus ist muffig«, sagte er. »Es war ein paar Wochen lang verrammelt. Die Heizung geht nicht. Es ist ...«
    »Warum hast du im Club nicht auf mich gewartet?« fragte ich.
    »Warum hast du nicht mit mir geredet, als du angerufen hast?« Aufflammende Wut. »Warum hast du mit Richard gesprochen
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