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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse
Autoren: Christopher Ransom
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sechzehn Jahren dabei und meinte, dass so etwas in Los Angeles viel öfter passierte, als zugegeben wurde. Zehn Millionen Menschen. Zu viele Autos. Dazu genügend Fußgänger und Radfahrer. Man sollte meinen, wenn so viele Menschen auf so wenigen Quadratkilometern zusammengedrängt leben, müsste es immer Zeugen geben.
    Aber dem war nicht so, wie Bergen erklärte, während ich neben ihm an der Bar saß, stumm und betäubt von Verachtung für alles, was lebte und atmete. »Letztes Jahr hatten wir einen Fall droben in Bel Air. Ein Jogger, männlich, achtundfünfzig, nicht ganz oben auf der Studioleiter, aber einer der großen Jungs in Wartestellung. Er wurde von einem Corolla überfahren. Der Täter ließ Auto und Jogger zurück. Unser zukünftiger Filmmogul lag zwei Tage unter dem Toyota, bis jemand anrief, um den Wagen abschleppen zu lassen. Corollas sehen sie nicht so gern in Bel Air. Der Abschleppdienst hatte den Wagen schon am Haken, als ihm auffiel, dass ein Laufschuh drunter vorragte …«
    »Sie war so offen«, sagte ich. In meinem Kopf fühlte es sich so an wie in der Maschine, die Kohl zu Krautsalat häckselt. »Ich versuche ständig, das richtige Wort zu finden, um sie zu beschreiben. Inzwischen sollte es mir eingefallen sein. Aber am ehesten charakterisiert sie ihre Offenheit, ihre Fähigkeit, das Leben anzunehmen.«
    »Nun, so etwas passiert«, seufzte Bergen. »Das ist alles, was ich sagen will. Man darf nicht nach einem Grund suchen oder sich selbst die Schuld geben. Fangen Sie gar nicht erst an damit, mein Sohn.«
    »Sie hat mich akzeptiert. Sie hat dieses Leben akzeptiert. Diese Welt.«
    »Das ist eine seltene Eigenschaft«, sagte Bergen.
    Das Fazit – sie war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Vielleicht wollte sie eine Katze retten oder den Müll auflesen. Vielleicht hatte sie ein Betrunkener überfahren, oder eine überarbeitete Halbleiche nach der dritten Schicht in Folge. Die schweren Verletzungen an ihrem Brustkorb deuteten auf einen großen Wagen hin, aber niemand hatte etwas bemerkt. Niemand hörte die Bremsen. Niemand sah einen Scheißdreck.
    Wenn wir meine Verbindung zu Ghost an die Presse hätten durchsickern lassen, hätten wir vielleicht etwas herausbekommen. Aber seine Leute und die Polizei rieten davon ab und meinten, dann würden bloß die Telefondrähte mit den Anrufen von einer Horde wichtigtuerischer Spinner heißlaufen, die sich an der Sache aufgeilten. Staceys Eltern gaben mir die Schuld und schlossen mich aus ihren Ermittlungen aus, falls sie welche anstellten. Ihr Vater Roy war ein gebrochener Mann, trocken und spröde wie ein Stück Kreide. Linda, ihre Mutter, sagte mir, dass ich es verdient hätte, in der Hölle zu schmoren, was ich in gewissem Sinn ja auch tat. Meine eigenen Eltern, beide im Ruhestand und bibelfeste Kirchgänger, hatten mich seit Jahren abgeschrieben. Meine Mutter sagte, ich hätte dem Satan meine Seele verkauft. Und ich wollte nicht, dass die Sache zu einem Nebensatz in der Klatschpresse verkam, einem dieser Vierzig-Worte-Schnipsel in der US Weekly : Prominenten-Doppelgänger verliert Ehefrau. Ich stemmte mich nicht gegen den Rat, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Heute frage ich mich, ob das nicht ein Fehler war.
    Ob es auch an meiner Feigheit lag, ist allerdings eine Frage, die ich mir nicht stellen muss – dessen bin ich mir sicher.
    Stacey wurde eingeäschert und ihre Asche im Garten hinter unserem Haus verstreut. Ich schickte eine Kündigungs-E-Mail an Trigger, der sie an Ghosts Geschäftsführer weiterleitete. Es gab keinen Widerspruch. Ich hörte auf, mir die Haare platinblond zu färben, und ließ sie wachsen. Dreimal die Woche besuchte ich für zwei Stunden einen Dermatologen in Hollywood, um mir die Tätowierungen weglasern zu lassen, bis die auffälligsten (an Armen, Hals und Bauch) nur noch wunde rosa Babyhaut waren (ja, es fühlt sich so an, als ob man brennend zu Bett geht). Ich ließ mir einen kurzen Bart stehen, kaufte beim Optiker eine neue Brille mit Schildpattgestell, um mich möglichst vollständig als mein gutes altes Selbst zu verkleiden, und erfuhr bei der Gelegenheit, dass ich zum Augenarzt musste.
    »Sie haben Astigmatismus im linken Auge«, verkündete der rundliche Mann im weißen Kittel, während er mir mit einer kleinen Plastikkelle auf den Schenkel klopfte. Ich glaube, er hieß Robert Bryans oder Brian Roberts. Einer dieser aus zwei Vornamen zusammengesetzten Namen. »Es ist nichts Ernsthaftes, aber Sie sollten
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