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Evil

Evil

Titel: Evil
Autoren: Jack Ketchum
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holte tief Luft und verdrängte kurz, dass mein Vater neben mir stand.
    »Ich kann Ihnen alles sagen, was Sie wissen wollen. Ich und Susan.«
    »Hast du das alles gesehen?«
    »Das meiste.«
    »Ein paar von den Verletzungen sind schon ein paar Wochen alt. Hast du das auch gesehen?«
    »Einen Teil. Genug jedenfalls.«
    »Du hast es gesehen?«
    »Ja.«
    Seine Augen wurden enger. »Bist du hier der Gefangene oder der Aufseher, Junge?«
    Ich wandte mich an meinen Vater. »Ich habe ihr nie wehgetan. Nie. Ehrlich.«
    »Aber du hast ihr auch nicht geholfen«, stellte Jennings fest.
    Das hatte ich mir selbst die ganze Nacht lang vorgehalten.
    Nur dass sich Jennings Stimme wie eine Faust um die Worte ballte und sie mir entgegenschleuderte. Einen Moment verschlug es mir regelrecht den Atem.
    Er hat Recht, dachte ich. Trotzdem ist es nur die halbe Wahrheit.
    »Nein, ich habe ihr nicht geholfen.«
    »Du hast es versucht.« Susan schluchzte.
    »Stimmt das?«, fragte Thompson.
    Susan nickte.
    Jennings starrte mich lange an, dann nickte auch er.
    »Okay. Wir reden später darüber. Jetzt müssen wir das erst mal melden, Phil. Alle nach oben.«
    Ruth murmelte etwas.
    »Was?« Jennings sah sie an.
    Sie nuschelte etwas vor sich hin.
    »Ich verstehe Sie nicht, Lady.«
    Ruth riss den Kopf hoch, ihre Augen blitzten.
    »Ich habe gesagt, sie war eine Schlampe. Sie hat das geschrieben! Sie! ICH FICKE FICK MICH. Glauben Sie vielleicht, ich war das? Sie hat sich das draufgeschrieben, weil sie stolz darauf war.
    Ich wollte es ihr austreiben und ihr ein bisschen Anstand beibringen. Aus lauter Trotz hat sie es geschrieben. ICH FICKE FICK MICH. Und das hat sie auch gemacht, alle hat sie gefickt. Und den da hat sie sowieso gefickt.«
    Sie zeigte auf mich. Dann auf Willie und Donny.
    »Und die zwei auch. Sie hat sie alle gefickt! Sogar meinen kleinen Ralphie hätte sie gefickt, wenn ich sie nicht aufgehalten hätte und sie nicht hier unten eingesperrt und gefesselt hätte, damit niemand mehr ihre Beine, ihren Arsch und ihre Fotze sehen muss, ihre Fotze, ja! Sie war nichts anderes, nur eine Fotze, eine Frau, die für jeden Mann die Beine breit macht, der mal mit ihr will. Ich habe ihr einen Gefallen getan, verdammt. Und deswegen scheiße ich auf dich und das, was du denkst. Gottverdammter Fleischklotz in Uniform. Kotzbrocken. Ich scheiß auf dich! Einen Gefallen hab ich ihr getan …«
    »Lady, ich glaube, Sie halten jetzt besser den Mund.«
    Er beugte sich nah zu ihr und schaute sie an wie etwas, in das er auf dem Gehsteig getreten war.
    »Haben Sie mich verstanden, Lady? Mrs. Chandler? Ich hoffe es sehr. Machen Sie endlich die Dreckschleuder zu, die Sie mit einem Mund verwechseln.«
    Er wandte sich an Susan. »Kannst du gehen, Kleines?«
    Sie schniefte. »Wenn mir jemand die Treppe hochhilft.«
    »Ich trag sie lieber«, meinte Thompson, »sie wiegt sowieso kaum was.«
    »Okay, dann geh du mit ihr voraus.«
    Thompson nahm sie auf den Arm und ging durch die Tür und die Treppe hinauf. Willie und Donny folgten ihm, den Blick auf die Füße gesenkt, als wäre ihnen der Weg unbekannt. Dad ging hinter ihnen und passte wie eine Art Polizist auf sie auf. Ich folgte ihnen. Ruth ging dicht hinter mir, als hätte sie es plötzlich eilig, das Ganze hinter sich zu bringen. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah Woofer praktisch neben ihr und Officer Jennings hinter ihm.
    Dann bemerkte ich den Ring.
    Er funkelte im Sonnenlicht, das durch das Fenster in der Hintertür hereinfiel.
    Ich stieg weiter die Treppe hinauf, doch einen Moment war ich mir kaum noch meiner Umgebung bewusst. Hitze peitschte durch meinen Körper. Immer wieder sah ich Meg vor mir und hörte, wie sie mir das Versprechen abnahm, ihr den Ring ihrer Mutter zurückzubringen und Ruth darum zu bitten, als wäre er nicht sowieso Megs Eigentum gewesen, als hätte Ruth ein Anrecht darauf, als wäre sie nicht nur eine gemeine Diebin, und ich dachte daran, was Meg schon durchgemacht hatte, bevor wir sie kennen gelernt hatten, sie hatte ihre Eltern verloren, nur noch Susan war ihr geblieben – und dann hatte sie diesen Ersatz bekommen. Dieses Zerrbild von einer Mutter. Diesen bösen Scherz von einer Mutter, die ihr nicht nur den Ring genommen hatte, sondern alles, ihren Körper, ihre Zukunft, ihr Leben – und das alles unter dem Vorwand, sie aufzuziehen, während sie sie in Wirklichkeit in den Dreck gestoßen hatte, immer tiefer und tiefer, und sich darüber gefreut, sich daran geweidet hatte
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