Everything changes - Riskante Lust

wir.“
    Nachdem er Singapur hinter sich gelassen und sich über Amsterdam, Deutschland und noch ein paar weitere Zwischenstopps seinen Weg hierher gebahnt hatte, stimmte Alex’ Zeitgefühl mit der Anzeige auf der Uhr immer noch nicht überein. Er litt weniger unter Jetlag als unter einer bodenlosen Erschöpfung, die drohte, ihn zu überwältigen, doch die Dusche, die er vor dem Eintreffen der Kinneys genommenhatte, hatte ihn frisch gemacht – genau wie die Gesellschaft. Er war zu aufgedreht, um zu schlafen, aber zu müde, um sich noch sinnvoll unterhalten zu können.
    „Verdammt, ja, gute Idee.“ Der erste Schluck brannte in seinen Adern und kratzte in seiner Kehle, sodass er husten musste und Jamie ihm auf den Rücken klopfte.
    „Mein Gott, stirb mir ja nicht weg – du bist gerade erst hergekommen.“ Jamie schaute den Flur hinunter in Richtung Schlafzimmer. Interessant. Seine Frau sollte anscheinend nicht wissen, dass er mit seinem alten Kumpel einen hob. „Gehen wir nach draußen auf die Terrasse.“
    Er nahm die Flasche. Alex folgte ihm. Die kühle Brise, die vom See hinaufwehte, fühlte sich gut an auf seinem Gesicht, das immer noch von dem Whiskey brannte, der sich langsam in seinen Magen hinunterfraß. Alex suchte in seinen Taschen nach den Zigaretten, die er in naher Zukunft gedachte aufzugeben. Aber nicht heute. Das Feuerzeug flammte auf, und er sog tief den Rauch ein, bevor er ihn durch seine Nase wieder ausstieß. Er legte den Kopf in den Nacken und schaute in den nächtlichen Himmel.
    Jamie stellte sich neben ihn, so nah, dass die Hitze von seinem bloßen Arm durch den Stoff des Hemdes zu spüren war, das Alex fürs Abendessen angezogen hatte. Es gab genügend Platz auf der Veranda und die Reling war lang genug, sodass Jamie sich nicht so nah zu ihm hätte stellen müssen.
    Alex legte Jamie einen Arm um die Schultern, zog ihn näher an sich und kniff ihm in den Bizeps, bevor er ihn mit der Hüfte ein Stück zur Seite schob. „Deine Mom wirkte echt froh, mich wiederzusehen.“
    Jamie lachte. Mit seinen großen, starken Händen umfasste er das Geländer. Er war seit dem College gewachsen, seine Schultern und Oberschenkel waren breiter. Der Arm, in den Alex gekniffen hatte, bestand beinahe nur aus festen Muskeln. Er war nicht mehr das dünne Kind, das in der Schule hinter Alex gesessen hatte. Keiner von ihnen war mehr so wie damals.
    „Du kennst meine Mom“, sagte Jamie, was keine Entschuldigung für sie war, aber auch nicht zu weiterer Kritik einlud.
    Wie ist es wohl für Anne, fragte sich Alex, während er einen weiteren tiefen Atemzug nahm und den brennenden Rauch in seine Lungen sog und durch die Nasenlöcher hinausströmen ließ. Verheiratet mit Moms Goldschatz . Evelyn gab bestimmt ihr Bestes, um sie bei lebendigem Leib zu fressen.
    „Danke, dass ich bei euch bleiben kann.“ Er drückte die Zigarette in einem leeren Kaffeebecher aus, von dem er hätte schwören können, dass er da schon seit den Zeiten stand, in denen das Haus noch Jamies Großeltern gehört hatte.
    „Kein Problem.“ Jamie grinste und boxte Alex gegen die Schulter. „Ich bin froh, dich wieder hier zu haben.“
    Das taten Männer, um ihre Zuneigung zu verdeutlichen. Sie boxten oder kniffen ihre Kumpel, schlugen ihnen auf den Rücken oder verwuschelten ihre Haare. So war es auch zwischen Alex und Jamie immer gewesen. Aber jetzt rückte Jamie näher an ihn heran, strich mit dem Arm über Alex’ Ärmel. Und obwohl er versuchte, seinen Blick in die Nacht hinausschweifen zu lassen, zum See und zu den Lichtern vom Cedar-Point-Freizeitpark auf der anderen Seite, konnte er nicht so tun, als würden sie einander nicht berühren.
    „Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber ich bin froh, zurück zu sein. Zumindest für eine Weile.“
    Jamie zog die Schultern hoch – eine Geste, bei der er seinen Arm enger an Alex’ drückte. Ihre Hände waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Alex müsste nur seine Finger spreizen und er könnte Jamies Hand berühren. Aber so etwas taten Heteros nicht. So berührten sie einander nicht.

    Jamie drehte sich um und schaute ihn an. „Es ist echt lange her, Mann.“
    Was genau? Nach dem großen Streit im College hatten sie mehrere Jahre nicht miteinander gesprochen, aber dann war die Einladung zur Hochzeit gekommen. Alex war nicht hingegangen – nach so langer Zeit konnte er einfach nicht. Aber die Einladung hatte eine Tür geöffnet. Danach hatten sie ab und zu