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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung
Autoren: Claudia Gray
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in Erwägung zogen, diese Schule zu besuchen.
    Soweit ich das beurteilen konnte, bestand der einzige Unterschied zwischen Mitch und Clementine darin, dass Mitch Glück gehabt hatte. Seine Eltern würden ihn in ein ganz normales Elite-Internat an der Ostküste schicken, wo er andere superreiche Leute kennenlernen, Lacrosse spielen und mit seiner Yacht herumkreuzen konnte - oder was auch immer man an solchen Orten eben so tat. Clementine würde währenddessen in jeder Sekunde von Vampiren umgeben sein. Auch wenn sie das nie erfahren würde, würde sie doch spüren, dass etwas entsetzlich falsch war. Niemals würde sie sich geborgen fühlen. Selbst ich hatte in der Evernight-Akademie nie ein Gefühl von Sicherheit empfunden, und das, obwohl ich selbst eines Tages eine Vampirin werden würde.
    Ein Lichtblitz erhellte die Fenster, und der Donner folgte nur einige Sekunden später. Bald würde der Sturm noch heftiger werden; es wurde Zeit für mich, zurückzugehen. Enttäuschung überfiel mich, als ich die Briefe wieder zusammenfaltete und sie an ihren Ursprungsort zurücklegte. Ich war mir so sicher gewesen, dass ich in dieser Nacht Antworten bekommen würde, doch ich hatte nicht das Geringste herausgefunden.
    Das stimmt nicht , redete ich mir ein, während ich in meinen Regenmantel schlüpfte und auf die Blumentöpfe starrte. Du hast entdeckt, dass Mrs. Bethany Usambaraveilchen liebt. Das wird sich bestimmt mal als ungeheuer wichtig erweisen.
    Ich schob die Blumen auf dem Sims wieder so hin, wie sie gestanden hatten, und verließ das Haus durch die Vordertür, die automatisch schloss. Es sah Mrs. Bethany ähnlich, dass sie nicht einmal das dem Zufall überließ.
     
    Der Wind peitschte mir den Regen gegen die Wangen, sodass die Haut brannte, während ich zurück zur Evernight-Akademie rannte. Einige Fenster der Lehrerwohnungen waren noch immer hell erleuchtet, aber es war spät genug, und ich machte mir keine Sorgen, dass mich irgendjemand sehen könnte. Ich stemmte mich mit der Schulter gegen die schwere Eichentür, die gehorsam aufschwang, ohne auch nur ein Quietschen von sich zu geben. Und als ich sie hinter mir zufallen ließ, dämmerte mir, dass ich es ungehindert nach Hause geschafft hatte.
    Bis mir auffiel, dass ich nicht allein war.
    In meinen Ohren rauschte es, und ich spähte in die Dunkelheit der großen Eingangshalle. Dies war ein riesiger, offener Raum ohne Nischen, in denen man sich verstecken, oder Säulen, hinter denen man sich ducken konnte, sodass ich eigentlich hätte sehen müssen, wer da war. Aber ich konnte einfach niemanden entdecken. Ich bekam eine Gänsehaut, und plötzlich kam es mir hier viel kälter als sonst vor - eher wie in einer klammen, versteckten Höhle als hinter den Mauern von Evernight.
    Der Unterricht würde erst in zwei Tagen beginnen, sodass sich niemand außer den Lehrern und mir im Schulgebäude aufhielt. Aber jeder Lehrer hätte sofort geschimpft, was mir einfiele, mich so spät während eines Gewitters draußen auf dem Schulgelände herumzutreiben. Auf keinen Fall würde er mir im Dunkeln hinterherspionieren.
    Oder doch?
    Zögernd machte ich einen Schritt nach vorn. »Wer ist da?«, flüsterte ich.
    Keine Antwort.
    Vielleicht hatte ich mir auch nur etwas eingebildet. Jetzt, wo ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass ich eigentlich überhaupt nichts gehört hatte. Ich hatte lediglich etwas gespürt: dieses seltsame Gefühl, das man manchmal hat, wenn einen jemand anschaut. Ich hatte mir die ganze Nacht über Sorgen gemacht, dass mich jemand sehen könnte, und so war es vielleicht einfach diese Angst, die mich nun eingeholt hatte.
    Und dann bemerkte ich eine Bewegung. Ich begriff, dass ein Mädchen draußen vor der Großen Halle wartete und zu mir hersah. Dort stand sie, eingehüllt in ein Schultertuch, auf der gegenüberliegenden Seite der Halle an einem der Fenster, dem einzigen Fenster, dessen Glas farblos und nicht bunt war. Vermutlich war sie ungefähr in meinem Alter. Obwohl es draußen wie aus Kübeln schüttete, sah sie völlig trocken aus.
    »Wer bist du?« Ich machte einige weitere Schritte auf sie zu. »Bist du eine Schülerin? Was machst du denn …?«
    Und plötzlich war sie verschwunden. Sie war nicht weggelaufen, sie versteckte sich nicht, ja sie hatte sich nicht einmal bewegt. In einer Sekunde war sie noch dort, in der nächsten nicht mehr.
    Ich blinzelte und starrte einige Augenblicke lang auf das Fenster, als ob sie auf magische Art und Weise wieder dort
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