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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt
Autoren: Anna Carey
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denn ich spürte, wie mich die Wächterinnen anstarrten. Der König hatte noch nicht entschieden, was mit der ersten Generation Mädchen der Gebärinitiative passieren sollte, ich hatte gehört, dass es noch Jahre dauern würde, bis man sie freiließ. Ich dachte an den Schlüssel, den ich Arden gegeben hatte. An die Dissidenten, die irgendwo unter der Stadt an den Tunneln arbeiteten. An das letzte Stück des Pfads, der von der Schule wegführte und sich durch die Wildnis nach Califia schlängelte. Arden würde Pip und Ruby herausbekommen. Und falls nicht, falls es ihr nicht gelang, würde ich einen Weg finden. »Ja, es wird alles gut werden.«
    »Genau das behaupten sie auch«, fuhr Pip fort. »Genau das sagen die Mädchen ständig. Maxine und Violet und die Ärztinnen. Alle glauben, dass alles gut wird.« Sie lachte traurig. »Wird es aber nicht.«
    Ich beobachtete sie, wie sie mit den Fingern über den Steintisch fuhr, wie ihr Knie zuckte. Sie war nicht mehr der Mensch, der all die Jahre neben mir im Doppelbett geschlafen, Handstand auf dem Rasen gemacht hatte, den ich manchmal dabei überrascht hatte, wie er beim Anziehen vor sich hinsummte und sich in einem geheimen, einsamen Tanz drehte. »Pip, du musst daran glauben«, versuchte ich noch einmal. »Es wird gut.«
    »Ihr geht jetzt wieder rein, ihr zwei«, sagte Joby und kam auf uns zu. Pip starrte weiter auf den Tisch.
    »Pip?«, fragte ich und wartete, bis sie mich endlich anblickte. Ihre Haut war bleich, die Sommersprossen von den vielen Stunden in geschlossenen Räumen blass geworden. »Ich verspreche dir, dass alles gut wird.« Ich wollte weiterreden, doch sie erhoben sich bereits, verschränkten die Hände hinter dem Rücken und waren bereit, in das Ziegelgebäude zurückzugehen.
    »Wirst du wiederkommen?«, fragte Ruby und wandte sich zu mir.
    »Ich werde alles versuchen.«
    Pip huschte in das Haus, ohne sich zu verabschieden. Ruby folgte ihr, sie blickte noch ein letztes Mal über die Schulter. Dann waren sie weg, die Tür schlug hinter ihnen zu, das hohle Klack des Schlosses ließ mich erstarren.

VIERZIG
    Als ich in die Stadt zurückkehrte, gewährte ich Reginald weitere Interviews. Ich sprach darüber, wie aufgeregt ich wegen der Hochzeit war, von Charles’ Einsatz für das Neue Amerika, meinem Besuch in der Schule. Während der ganzen Zeit tröstete mich der Gedanke an die Fragen, die mein Verschwinden aufwerfen würde. Die Menschen müssten sich fragen, was mit mir, ihrer Prinzessin, geschehen war, wie ich an einem der glanzvollsten Tage der jüngeren Geschichte verloren gehen konnte. Der König würde sich nicht so einfach herausreden können, wie er sich sonst immer herausgeredet hatte. Jeder Tag, den ich draußen in der Wildnis verbrachte, auf der Flucht, wäre ein Tag mehr für die Stadt, an dem sie darüber nachdenken müsste, wo ich war, an dem sie infrage stellen müsste, was ich gesagt hatte, an dem sie sich an all die Gerüchte erinnern müsste, die nach Calebs Gefangennahme in Umlauf gewesen waren. Genügend Menschen hatten gesehen, wie mich die Soldaten packten, hatten beobachtet, wie man mir die Hände fesselte und mich in den Palast zerrte.
    Harper hatte mich nur noch ein Mal durch die Zeitung kontaktiert, um zu bestätigen, dass alles planmäßig lief. Nun stand ich in der Suite und starrte zum letzten Mal aus dem Fenster auf die geschäftige Stadt unter mir. Die Morgensonne spiegelte sich in den Metallabsperrungen entlang der Gehwege und zeichnete die beeindruckende Route nach, die sich durch die Innenstadt schlängelte. Auf der Hauptstraße versammelten sich bereits Menschen. Die Straßen waren bis in die Außenbezirke hinein verstopft.
    Hinter mir öffnete sich die Tür. Beatrice trug ein tiefblaues Kleid und presste nervös die Hände aneinander. Ich ging zu ihr und nahm ihre Finger zwischen meine. »Du weißt, du musst das nicht tun. Du brauchst mir nicht zu helfen. Es könnte gefährlich sein.«
    »Ich möchte aber«, sagte sie. »Du musst heute hier weg, das steht außer Frage. Ich habe gerade den Ring versteckt.« Ich schlang die Arme um sie und hätte sie am liebsten überhaupt nicht mehr losgelassen. In nur einer Stunde käme der König in meine Suite, um mich nach unten zu begleiten, wo der Wagen mit laufendem Motor stand und auf den langen Umzug wartete. Er würde das Zimmer leer vorfinden, das alberne weiße Kleid läge auf dem Bett ausgebreitet. Er würde durch den Palast laufen, den Speisesaal absuchen, den Salon, sein
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