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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul
Autoren: Agatha Christie
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fuhr sofort zu Quentin, um sie mit ihm zu besprechen. Als ich entdeckte, dass es um mein Verschwinden eine so große Aufregung gab, arrangierte ich es so, dass aus Ostafrika ein Brief von mir eintraf. Darin gab ich meinem Vetter Maurice Carfax alle Vollmachten. Und – nun, das ist die ganze Geschichte.«
    Er schwieg hilflos und warf Mrs St. Vincent einen bittenden Blick zu. Sie stand sehr aufrecht da und sah ihn ruhig an.
    »Es war ein freundlicher Plan«, sagte sie. »und ein sehr ungewöhnlicher, und man muss Ihnen die ganze Sache hoch anrechnen. Ich bin – ich bin Ihnen äußerst dankbar. Nur, Sie werden natürlich verstehen, dass wir jetzt nicht mehr bleiben können.«
    »Das habe ich erwartet«, antwortete er. »Ihr Stolz wird nicht zulassen, dass Sie etwas annehmen, was in Ihren Augen eine milde Gabe ist.«
    »Stimmt das denn nicht?«, fragte sie ruhig.
    »Nein«, antwortete er. »Denn ich verlange dafür etwas.«
    »Und das wäre?«
    »Alles.« Seine Stimme klang fordernd, wie die Stimme eines Menschen, der gewohnt ist, andere zu beherrschen.
    »Als ich dreiundzwanzig war«, fuhr er fort, »heiratete ich das Mädchen, das ich liebte. Ein Jahr später starb sie. Seit damals bin ich sehr einsam. Ich habe mir immer so gewünscht, eine bestimmte Frau zu finden – die Frau meiner Träume…«
    »Und das bin ich?«, fragte sie leise. »Ich bin zu alt – verblüht…«
    Er lachte.
    »Alt? Sie sind jünger als Ihre Kinder. Aber ich bin alt, wenn Sie so wollen.«
    Da musste auch sie lachen, es war ein sanftes, vergnügtes Lachen.
    »Du? Du bist immer noch ein kleiner Junge. Ein kleiner Junge, der sich gern verkleidet.«
    Sie streckte ihm die Hände entgegen, und er nahm sie.

Haus Nachtigall
     
    » A uf Wiedersehen, Liebling!«
    »Auf Wiedersehen, mein Schatz!«
    Alix Martin lehnte sich über das schmale Gartentor und sah ihrem Mann nach, der den Weg zum Dorf hinunterging. Kleiner und kleiner wurde die Gestalt, jetzt war sie in einer Kurve verschwunden, aber Alix verharrte immer noch in der gleichen Stellung. In Gedanken versunken, strich sie eine Locke ihres dichten braunen Haares aus ihrem Gesicht. Ihre Augen blickten träumerisch in die Ferne.
    Alix Martin war nicht schön, streng genommen nicht einmal hübsch. Ihr Gesicht war das einer Frau, die nicht mehr in den besten Jahren ist. Trotzdem war es strahlend und weich, und ihre früheren Kollegen aus dem Büro hätten sie wahrscheinlich kaum wiedererkannt.
    Miss Alix King war eine ordentliche, geschäftstüchtige junge Frau gewesen, etwas forsch in ihrem Verhalten, aber sie stand offensichtlich mit beiden Füßen auf der Erde.
    Alix war durch eine harte Schule gegangen. Fünfzehn Jahre lang, von ihrem achtzehnten Lebensjahr an, bis sie dreiunddreißig war, hatte sie für sich selbst gesorgt, sieben Jahre davon auch noch für ihre kranke Mutter. Den Unterhalt hatte sie durch ihre Arbeit als Stenotypistin verdient. Dieser Existenzkampf hatte die weichen Linien ihres Gesichtes gehärtet.
    Sicher, es hatte auch Liebe gegeben – so eine Art. Dick Windyford, ein Büroangestellter und Kollege. Ohne es sich je anmerken zu lassen, hatte Alix natürlich gewusst, was er für sie empfand. Nach außen hin waren sie Freunde gewesen, mehr nicht. Mit seinem spärlichen Gehalt konnte Dick im Moment noch nicht ans Heiraten denken. Er musste für die Schulkosten eines jüngeren Bruders aufkommen.
    Unerwartet war es dann plötzlich mit der täglichen Plackerei zu Ende. Eine entfernte Kusine war gestorben und hatte Alix ihr Geld hinterlassen. Es waren ein paar tausend Pfund, genug, um ein paar hundert im Jahr einzubringen. Für Alix bedeutete es Freiheit, Leben, Unabhängigkeit. Nun brauchten Dick und sie nicht länger zu warten.
    Aber Dick reagierte eigenartig. Er hatte niemals offen zu Alix über seine Liebe gesprochen, und jetzt schien er es weniger denn je zu beabsichtigen. Er ging ihr aus dem Wege, wurde mürrisch und verschlossen.
    Alix erkannte den Grund schnell. Dick war zu feinfühlend und stolz, um ausgerechnet jetzt, da sie Geld hatte, um ihre Hand anzuhalten. Sie liebte ihn dafür noch mehr und hatte sich schon vorgenommen, selbst den ersten Schritt zu tun, als zum zweiten Mal das Unerwartete in ihr Leben trat.
    Im Hause einer Freundin lernte sie Gerald Martin kennen. Er verliebte sich stürmisch in sie, und eine Woche später waren sie bereits verlobt. Alix, die von sich selbst überzeugt gewesen war, dass ihr so etwas nie passieren könne, war im siebten
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