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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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Mädchens gab es ein Kinderbett, eine Campingliege, eine Kommode mit der Wäsche der gesamten Familie, einen Teppich und Bücherregale. Ein gemütliches Kinderzimmer, das sich jetzt aufgrund der Umstände in eine Quarantänestation verwandelt hatte. Nikolai schlug ein fensterähnliches Loch in die Tür und befahl dem Mädchen, fürs Erste eine Flasche mit Suppe und Brotkrümeln – alles vermischt – am Strick entgegenzunehmen. Das Mädchen sollte nach dem Essen in die Flasche pinkeln und sie durchs Fenster ausschütten. Aber am Fenster war der obere Riegel verschlossen, das Mädchen reichte nicht heran, und auch die Idee mit der Flasche war nicht die beste. Die Frage der Exkremente musste einfacher gelöst werden. Das Mädchen sollte ein oder zwei Seiten aus einem Buch reißen, darauf sich entleeren und das Ganze aus dem Fenster werfen. Nikolai baute aus Draht ein Katapult und schlug durch dreimaliges Schießen ein ziemlich großes Loch ins Fenster.
    Das Mädchen offenbarte allerdings die Früchte seiner Erziehung und entleerte seinen Stuhl liederlich, nicht aufs Papier. Außerdem merkte es nicht, wann es austreten musste. Jelena fragte es wohl zwanzigmal am Tag, ob es nicht Aa müsste, es antwortete: nein, und das Ergebnis war, dass es sich vollmachte. Außerdem war es mit der Ernährung schwierig. Es gab nur eine begrenzte Menge Flaschen und Stricke im Haus, und jedes Mal wurde ein Stück Strick abgeschnitten, und zu dem Zeitpunkt, als das Mädchen aufhörte, zur Tür zu kommen, aufzustehen und auf Fragen zu antworten, lagen bereits neun Flaschen im Kinderzimmer herum. Die Katze rührte sich offenbar nicht vom Körper des Mädchens weg, allerdings war sie lange nicht mehr gesichtet worden, seit Nikolai mit der Schleuder auf sie geschossen hatte, weil das Mädchen ihr die Hälfte von seinem Essen aus der Flasche abgab, es hatte einfach alles auf den Fußboden geschüttet. Das Mädchen antwortete nicht mehr auf Fragen, sein Bettchen stand an der Wand, außerhalb des Blickfeldes.
    Die letzten Tage, die Mühen, das Leben des Mädchens zu organisieren, all diese Neuerungen, die Versuche, dem Mädchen beizubringen, dass es sich abwischen musste (bis dahin hatte das Jelena getan), die Übergabe des Wassers, damit es sich waschen konnte, das ganze Zureden, um es zur Entgegennahme der Flasche an die Tür zu locken (einmal wollte Nikolai das Mädchen waschen und hatte es, statt ihm zu essen zu geben, mit einer Kanne heißen Wassers übergossen, seitdem hatte es Angst, an die Tür zu kommen) – all das hatte die Familie dermaßen zermürbt, dass sie sich, als das Mädchen nicht mehr antwortete, alle hinlegten und in einen tiefen Schlaf fielen.
    Aber dann fand alles sehr schnell ein Ende. Als die Großmutter und der Großvater aufwachten, entdeckten sie in ihrem Bett die Katze, wieder mit demselben blutigen Maul – offensichtlich fraß sie an dem Mädchen und war nun durch die Türöffnung geklettert, wahrscheinlich um zu trinken. Ojemine, schrien und stöhnten da die Großmutter und der Großvater, worauf sofort Nikolai in der Tür erschien, und als er ihr Klagegeheul angehört hatte, schlug er einfach die Tür zu und stellte einen Stuhl unter die Klinke. Jelena schrie und wollte den Stuhl wegnehmen, aber Nikolai schloss sie abermals im Badezimmer ein.
    Dann legte sich Nikolai aufs Bett. Die Nacht zuvor hatte er eine Frau mit Rucksack erschlagen, und die war offenbar bereits krank gewesen, sodass ein Desinfizieren des Messers in der Gasflamme nicht mehr half. Außerdem hatte Nikolai gleich an Ort und Stelle neben dem Rucksack Gerstenbreikonzentrat gegessen, er wollte eigentlich nur kosten, und plötzlich war alles weg.
    Nikolai ging ein Licht auf, aber zu spät, er schwoll bereits an. Die ganze Wohnung dröhnte vom Klopfen, die Katze miaute, in der Wohnung über ihnen wurde auch geklopft, aber Nikolai spannte alle seine Kräfte an, bis ihm das Blut aus den Augen trat, und er starb, ohne an irgendetwas zu denken, er spannte nur alle seine Kräfte an, um sich zu erleichtern.
    Und niemand hatte die Wohnungstür offen gelassen, und das war ein Fehler, denn jener junge Mann ging von Wohnung zu Wohnung und trug Brot aus, aber in der Wohnung der R.s waren die Klopfzeichen bereits verstummt, nur Jelena kratzte leise an der Badezimmertür, ihr tropfte Blut aus den Augen, sie sah
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