Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
zurück«, sagte
Karl. »Dann überfallen wir sie. Auf dem Grundstück können wir jetzt ohnehin
nicht herumschleichen.«
    Tim wies auf den grauen Fiat,
der nahe der Gartenpforte parkte. »Gehört der auch hierher oder hat sie
Besuch?«
    »Ach! Den hätte ich ja fast
übersehen. Das ist der Wagen von Burkhard Öme.«
    Wer Öme war, wussten die andern
aus Karls Erzählungen. Noch bevor sie klingeln konnten, wurde die Haustür
geöffnet. Angela lächelte ihnen entgegen. Ist aber ein Lächeln, dachte Tim, mit
dem man den reitenden Boten aus der Hölle begrüßt.
    »Hallo, Karl!«, sagte sie und
gab ihm die Hand.
    »Wir wollen nicht stören«,
erwiderte er. »Wussten ja nicht, dass Sie zurück sind. Tim hatte die Idee, sich
hier noch mal umzusehen. Denn was letzte Nacht passiert ist, das reimt sich
nicht alles zusammen.«
    Angela hob die Brauen, sagte
jedoch nichts. Karl stellte seine Freunde vor und Angela bat alle herein.
    Aus der Küche erscholl eine
etwas quäkige Stimme: »Angela, ich glaube, die Pizza brennt an.«
    »Mhm, Pizza«, meinte Klößchen,
wurde aber von Tim und Gaby mit warnenden Blicken eingedeckt, bevor er seinen
Hunger kundtun konnte.
    Die Frau war in die Küche
geeilt. Dort saß ein unscheinbarer Typ am Tisch, dessen Gesichtsfarbe bei jedem
dritten Atemzug wechselte. Das muss Öme sein, vermutete Tim.

    »Burkhard, das sind Karls
Freunde«, rief Angela und nahm eine sehr knusprige Pizza aus dem
Mikrowellenherd. »Für die andern — außer Karl — das ist Burkhard Öme. Ein
lieber Freund von mir.«
    Beim »lieben Freund« wurde Öme,
wie Tim registrierte, tomatenrot. Danach wieder fahl. Seine Hände glitten
unaufhörlich an der Tischkante entlang, während er TKKG zunickte.
    Nervös wie bei ‘ner
Entziehungskur, dachte Tim. Aber wie ein Junkie sieht er nicht aus. Eher nach
schlechtem Gewissen.
    »Ich habe leider nur eine
Pizza«, sagte Angela. »Aber wenn ich Tortenstückchen schneide, kriegt jeder
was.«
    »Oh jaaa!«, jubelte Klößchen,
ohne auf die Blicke seiner Freunde zu achten.
    »Du kriegst das größte Stück«,
lächelte Angela, die ihn gleich richtig einschätzte.
    Die Küche war geräumig; für
Angela, Gaby und Klößchen waren Stühle vorhanden. Tim verzichtete auf den etwas
unbequemen Hocker, überließ ihn Karl und lehnte sich an die eingebaute
Anrichte. Diese Position, sozusagen von oben herab, war Tim am liebsten. Seine
Aufmerksamkeit war unauffällig, aus den Augenwinkeln, auf Öme gerichtet. Der
wechselte die Farbe, schmachtete Angela mit Hundeblick an und war im Übrigen so
zappelig, dass es nervte.
    »Frau Parth«, begann Tim, »wie
Sie wissen, waren wir gestern hier, gleich nach der Polizei, zu der wir einen
so heißen Draht haben, dass wir auch interne Infos kriegen. Das Geschehen gibt
Rätsel auf. Warum wurde Karl von dem nuschelnden Anrufer ein- beziehungsweise
zwischengeschaltet? Wie will Herr Riemer beim Vorbeispazieren bemerkt haben,
dass sich hier was tat — einbrechermäßig? Wenn man die dichte Hecke, das große
Grundstück und die gesamte Location würdigt, ist das schlechterdings unmöglich.
Es sei denn, Herr Riemer selbst hätte sich von der Rückseite her angeschlichen.
Er war ja auch eher ausstaffiert wie ein Einbrecher denn wie ein Abendbummler.
Außerdem trug er Handschuhe und hat behauptet, er leide unter kalten Händen —
und Füßen. Karl weiß aber, dass sich Riemer im Kunstverein gegenteilig geäußert
hat. Ihm sei ständig heiß, hat er gesagt. Verstehen Sie, worauf ich
hinauswill?«
    Angela hatte mit großen Augen
zugehört und nickte.
    Öme hatte jetzt seinen Teint
auf eine einzige Farbe beschränkt. Er war nur noch fahl, möbelleimfahl.
Außerdem trat ihm Schweiß auf die Stirn.
    »Wir haben alle Denkmodelle
durchgespielt«, fuhr Tim fort, »und sind zu folgender Meinung gekommen: Der
Einbrecher, der Riemer niedergeschlagen und jetzt die Gemälde hat, ist nicht
irgendein Langfinger von der Straße, sondern ein Zieldieb — sozusagen das
Gegenteil eines Zielfahnders. Der Knacker wusste, was er hier vorfindet,
nämlich die Kunstwerke. Die hat er ja nun. Aber vielleicht wäre die ganze
Einbruchsoper zum Kringeln komisch, sofern man Riemers Verletzung außen vor
lässt — komisch, weil da zwei aneinander gerempelt sind, die Ihnen eigentlich
nur helfen wollten. Gaby hatte dazu eine zündende Idee. Und deshalb, Frau
Parth, müssen wir Sie jetzt fragen: Brauchen Sie Geld?«
    »Geld?« Über ihr Gesicht lief
ein Zucken.
    »Geld«, nickte Tim.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher