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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht
Autoren: Lisa Kleypas
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würdest mir mein V-Vermögen nehmen u-u-und mir im Gegenzug nichts dafür geben …“
    „Wofür brauchst du ein Vermögen?“, fragte er verächtlich. „Du bist nur ein ängstliches Ding, das von Ecke zu Ecke huscht… du brauchst keine schönen Kleider oder Juwelen … du kannst dich nicht richtig unterhalten, du bist zu hässlich, um dich ins Bett zu nehmen, und du hast keinerlei besondere Fähigkeiten. Du solltest dankbar sein, dass ich eingewilligt habe, dich zu heiraten, aber du bist zu dumm, um das zu verstehen!“
    „I-I-Ich …“ Empörung machte es ihr unmöglich zu sprechen. Die Worte, um sich zu verteidigen, wollten ihr nicht über die Lippen kommen. Sie konnte nur mit den widerspenstigen Silben kämpfen und ihn anstarren, und sie keuchte beinahe vor Anstrengung, ein Wort hervorzubringen.
    „Was bist du für eine dumme Gans“, sagte Eustace ungeduldig. Er warf den Ring in einem Aufflackern von Temperament zu Boden. Sein ganzer Arm bebte bei der Bewegung. Der Ring sprang zur Seite und rollte hinter das Sofa. „Da! Nun ist er verloren gegangen. Und das ist alles deine Schuld, weil du mich so geärgert hast. Du findest ihn besser, oder du wirst verhungern. Ich gehe jetzt zu Mutter und sage ihr, dass ich meinen Teil getan und ihn dir gegeben habe.“
    Evie war nicht zum Abendessen erschienen, aber statt den Ring zu suchen, hatte sie fieberhaft einen kleinen Koffer gepackt. Sie war durch ein Fenster im ersten Stock geklettert, die Regenrinne hinuntergerutscht und dann über den Hof geeilt. Es war pures Glück, dass sie eine Droschke heranwinken konnte, direkt nachdem sie durch das Hoftor gerannt war.
    Und das war vermutlich das Letzte, was sie von Eustace gesehen hatte, sagte sich Evie mit grimmiger Genugtuung.
    Er besuchte kaum gesellschaftliche Ereignisse. In dem Maße, wie sein Körperumfang zunahm, blieb er mehr und mehr in Maybrick House. Wie auch immer die Sache ausgehen würde, sie würde niemals bedauern, dem Schicksal, seine Frau zu werden, entronnen zu sein. Es war unwahrscheinlich, dass Eustace je versucht hätte, sie in sein Bett zu nehmen. Er besaß nicht genug von dem, was man in der vornehmen Gesellschaft „animalische Verve“ nannte.
    Er konzentrierte seine Leidenschaft ausschließlich auf Essen und Wein.
    Lord St. Vincent andererseits hatte mehr Frauen verführt und kompromittiert, als man zählen konnte. Viele Damen mochten das anziehend finden, aber Evie gehörte nicht zu ihnen. So würde es jedoch keinerlei Zweifel daran geben, dass die Ehe vollkommen und ausführlich vollzogen worden war.
    Bei dem Gedanken daran verspürte sie ein nervöses Flattern im Magen. Sie hatte immer davon geträumt, einen netten und sensiblen, vielleicht ein bisschen jungenhaften Mann zu heiraten. Einen, der sich nie über ihr Stottern lustig gemacht hätte. Er wäre liebevoll und sanft zu ihr gewesen.
    Sebastian, Lord St. Vincent, war das genaue Gegenteil ihres Traumprinzen. Er hatte nichts Nettes, Sensibles oder auch nur annähernd Jungenhaftes an sich. Er war ein Raubtier, das es zweifellos genoss, mit seiner Beute zu spielen, bevor es sie tötete. Sie starrte den leeren Sessel an, in dem er gesessen hatte, und erinnerte sich daran, wie er im Feuerschein ausgesehen hatte. Er war groß und schlank, auf eine elegant einfache Art gekleidet, die nicht von seiner goldenen Attraktivität ablenkte. Sein Haar, von der Farbe des antiken Golds einer mittelalterlichen Ikone, war dicht und leicht gelockt, durchzogen von glänzenden bernsteinfarbenen Strähnen. Seine hellen blauen Augen glitzerten wie kostbare Diamanten in der Halskette einer antiken Kaiserin. Wunderschöne Augen, die keinerlei Emotionen zeigten, wenn er lächelte. Das Lächeln selbst raubte einem den Atem … der sinnliche, zynische Mund, das Aufblitzen weißer Zähne … Oh, St. Vincent war ein schillernder, verwirrender Mann. Und das wusste er auch ganz genau.
    Aber Evie hatte seltsamerweise keine Angst vor ihm. St. Vincent war viel zu intelligent, um zu körperlicher Gewalt zu greifen, wenn ein paar gut gewählte Worte mit deutlich weniger Aufwand Unheil anrichten konnten. Evie fürchtete sich viel mehr vor der tumben Brutalität Onkel Peregrines und den boshaften Händen von Tante Florence, die es liebte, schallende Ohrfeigen auszuteilen und schmerzhaft zu kneifen.
    Nie wieder, schwor sich Evie, während sie abwesend über die Flecken rieb, die der angesammelte Schmutz der Regenrinne in schwarzen Streifen auf ihrem Kleid hinterlassen
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