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Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Heidi Hohner
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Cesare konnte ich auf diesem Weg ganz und gar nicht brauchen. Ausgerechnet Lana Grossa wollte ihn abwerben, ein Wollfabrikant im ganz großen Stil! Aber nur für brave Stricklieseln über fünfzig. Modern war anders.
    »Aha«, sagte ich also knapp. »Ich dachte, du willst nicht nur Nullachtfünfzehnwolle liefern?«
    Cesare wand sich.
    »Weißt du, Cara, Liebe«, sagte er mit seinem kehligen Akzent, »Lana Grossa sind groß. Das wäre für uns alles super, ich wäre ein gemachter Mann mit Geschäftswagen. Dann bin ich zwar nicht mehr hundert Prozent Kaschmir, denn Lana Grossa spart und mischt die Materialien. Produziere ich eben mit zwanzig Prozent Polyester oder siebzig Prozent Merino. Und ich brauche nur noch drei Farben, Rosa, helles Blau und dieses Grün, wie Kotze, wie heißt das – Eichgrün?«
    »Lindgrün«, half ich ihm und bestellte mir noch einen Espresso und einen Limoncello, um mein erleichtertes Lächeln zu verbergen. Ich war beruhigt. Solange mein Hauptlieferant noch » Ich bin nicht mehr hundert Prozent« sagte und die Cashmiti-Wolle damit meinte, wollte er nur spielen. Oder besser pokern: »Ein Geschäftswagen! Verstehst du, Bellissima, dann kann ich endlich für meine Mama einkaufen und mit ihr am Wochenende nach Assisi fahren. Um für die Ziegen zu beten. Wer weiß, was uns dieser Klimawandel noch beschert. Und was auch immer passiert – ob wir die Weiden nach oben verlagern, ob wir zufüttern –, all das wird viel Geld kosten. Wenn Lana Grossa uns übernimmt, habe ich diese Sorgen nicht mehr. Ich brauche Sicherheit, finanzielle Sicherheit, für mich, die Ziegen, Mama und die Firma.«
    »Sicherheit?«, fragte ich nachdenklich. »Nun, wir können natürlich auch einen Vertrag über die nächsten zehn Jahre abschließen, wenn dir das mehr Sicherheit gibt.«
    Statt zu antworten, blies Cesare ein Stäubchen Puderzucker von seinem rosa Manschettenärmel. Sein Hemd war so perfekt gebügelt, dass es fast unecht aussah. Hotel Mama eben. Diese Makellosigkeit erinnerte mich daran, was ich zu tun hatte: nämlich Cesare zu sagen, dass er perfekt war, der Beste seines Fachs, ein Meister, ein Pionier in der Ziegenhaltung, der Erste, der sich getraut hatte, Himalajaziegen in die Dolomiten zu setzen und dort auf zweitausend Meter Höhe ihre Wolle zu nutzen.
    »Aber Cesare, du bist der König der Edelziegen, und niemand traut sich an so gewagte Farben, um Kaschmir zu färben. Ich werde nie vergessen, wie du dieses tolle Magenta erschaffen hast. Die Farbe war letztes Jahr der absolute Renner, die Mamas haben fade Pastellfarben so satt – die wollen Knallfarben in Unisex und außerdem alles weiterschenken können, egal, ob die Freundin jetzt einen Jungen oder ein Mädchen bekommt. Die in Fuchsia und Apfelgrün geringelten Pullis sind immer noch der Renner!«
    Cesare ließ sich mitreißen: »Und im Herbst kommen das neue dunkle Lila und das Petrol!«
    Ich hob mein Likörglas und hielt es Cesare hin.
    »Siehste, du weißt genau, was ich meine! Und das Sonnengelb!«
    Ich nippte an dem Likör und fuhr mit meinem Plädoyer fort: »Cesare, willst du wirklich aufhören, kreativ zu sein? Willst du im Ernst für Lana Grossa fade Einheitsfarben produzieren? Und willst du mir sagen, dass es dir dann egal sein wird, wie weich die Wolle ist, weil sie sowieso mit anderen Materialien versponnen wird und Cashmiti-Wolle nur noch ein Produkt von vielen ist? Cesare, du bist Doktor der Biologie, und die Qualität der Wolle ist dein Lebenswerk, da bist du unschlagbar! Cesare, du bist doch der Schmusewollenchef!«
    In Rage kippte ich nun meinen Espresso hinunter, obwohl er längst kalt geworden war. Aber Cesare rüttelte an seinem Teller mit dem Garni-Logo, um der restlichen Puddingmasse beim Glibbern zuzusehen, und reagierte nicht. Ich musste es anders versuchen.
    »Okay«, sagte ich und kratzte mit dem Löffel den unaufgelösten Zucker vom Tassenboden, »wie viel Geld willst du? Für die nächsten, sagen wir…fünf Jahre?«
    Und Cesare sah sich um, als wäre ich einer der Corleones persönlich, schrieb eine Zahl auf die kleine Serviette mit dem Garni-Logo (an den Kreisen, die seine rechte Hand dabei beschrieb, schätze ich, dass sie mindestens vier Nullen haben musste) und schob mir das weiße Stück Zellstoff über den Tisch zu. Ich guckte drauf und trank den Likör in einem Zug aus. Ich sollte so viel Geld zahlen, nur um dieselbe Leistung zu bekommen wie zuvor? Und was wäre dann in fünf Jahren?
    Ich hob die Hand, um noch einen
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