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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers
Autoren: Adam Karillon
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Oberst zu uns ins Kupee geklettert, damit wir kenntlich gemacht waren. Wie dem auch sei, wir freuten uns der größeren Bequemlichkeit und dachten gerührten Herzens an den zurück, dem wir sie verdankten.
    Indessen raste der Zug durchs Land.
    Bei unserer Ankunft in Catania wimmelte es von Menschen auf dem Bahnsteig. In Klumpen schoben sich die Reisenden an dem Zuge auf und nieder, ein jeder bestrebt, für sich noch ein Plätzchen zu ergattern. Wir drei hatten uns ans Fenster gedrängt und in dem gemeinsamen Bemühen, ein überfülltes Abteil vorzutäuschen, die Oberkörper an die Luft gehängt. Aber plötzlich,was sehe ich denn da? Nein, ich kann mich ja nicht irren. Er ist es, mitten in einer Schar Kapuziner, der französische Prior, dessen Gast ich im Kloster San Giovanni gewesen war. Nun, ein mächtiges Winken mit den Armen, ein Rufen und Schreien, und es glückte. Wir wurden bemerkt. Die braune Herde der Ordensleute kam auf uns zu. Aber schnell jetzt eingestiegen, ehe die Räder ins Rollen kamen. Die Tür von innen aufgestoßen und den Kapuziner hereingezogen mitsamt seinem Reisesack. So, das war gelungen. Der alte Herr gab seinen Ordensbrüdern mit der Hand den Segen zum Fenster hinaus, und wir fuhren weiter in nördlicher Richtung.
    Die Gesellschaft des frommen Ordensmannes war für Frau Kalbow etwas Neues, und sie gab sich alle Mühe, den herzenskalten Greis durch Belehrung etwas anzuwärmen. Erst als sie so ziemlich ausverkauft hatte, kam ich an die Reihe, den interessanten Mann zu unterhalten. Nach den ersten billigen Redewendungen fragte der Prior, aus welcher Gegend Deutschlands wir kämen. Obwohl das nicht ganz richtig, aber doch auch nicht ganz falsch war, und weil ich annahm, daß der geistliche Herr, wenn überhaupt eine deutsche Stadt, dann doch diese kennen würde, so sagte ich mit erweitertem, geographischem Gewissen: »Von Mainz.«
    »Haben Sie dort studiert?« war die Gegenfrage des Paters.
    »Ja, sechs Jahre lang.«
    »Dann dürften Sie wohl meinen Freund Moufang kennen, den Domkapitular. Ich habe mit ihm zusammenan den Vorarbeiten zum vatikanischen Konzil gearbeitet.«
    »Ich sah ihn oft, und er verkehrte in einem Hause, wo auch ich gern gelitten war.«
    »Kannten Sie nicht auch den Grafen Hoensbroech? Er muß doch auch zu Ihrer Zeit auf dem Mainzer Gymnasium gewesen sein.«
    »Und ob ich ihn kannte! Als einen guten Turner und flotten Schlittschuhläufer, und ich vermute, daß er auch ein begehrter Tänzer war.«
    »Auch Reiter,« bemerkte der Pater. »O, er war zu allem zu gebrauchen, nur eben zum Priester nicht. Die Jesuiten haben übel daran getan, daß sie ihn nicht gehen ließen, als er aus ihrem Orden fort wollte. Dadurch, daß sie ihn hielten, ging dem Staat ein tüchtiger Offizier, ein schneidiger Verwaltungsbeamter verloren, und die Kirche hat an der Person des Grafen nichts gewonnen, übrigens wir müssen bald in Messina sein und auf dem Fährboot, das den ganzen Zug in sich hineinschluckt und über die Meerenge nach Calabrien hinüberträgt.«
    Es war so weit. Die Wagen standen auf der Fähre, und wir verließen unsere Plätze, um auf dem ungeheuren Lastschiff zu promenieren und uns die berüchtigte Enge zwischen Scylla und Charybdis zu betrachten. Unsern Gottesmann hatten wir inzwischen aus den Augen verloren. Als wir ihn auf dem Calabrischen Ufer wiederfanden, hatte er auf den Polstern des Kupees für uns den Abendtisch gedeckt.
    Die Mönche von Catania hatten gut für ihren Confrater gesorgt. Gebratene Hühner lagen da auf reinlicher Serviette, Schinken, Wurst und Käse. Selbst die Butter kam aus der Tiefe des Zwerchsackes herauf, als Frau Kalbow sich nach ihr erkundigte. Wir aßen gehörig und tranken dazu den berauschenden Hybleawein der Mönche von Catania und wurden lustig, obwohl wir unterwegs erfahren hatten, daß infolge der Erdbeben Brücken zusammengekracht und Tunnels eingestürzt wären.
    Da es schon dunkelte, als wir in Reggio abfuhren, so stellte sich bald der Schlaf bei uns vieren ein. Doch war dieser leider nicht ungestört. Infolge der Erdbebenverwerfungen mußten wir ein paarmal umsteigen, eine Strecke laufen und dergleichen mehr, was gewiß interessant genug gewesen wäre, wenn die Nacht uns erlaubt hätte, einen Überblick über die Gegend zu gewinnen. So aber sahen wir nicht viel mehr als die Rotglut vorausgetragener Fackeln und hier und da eine in Eile zusammengezimmerte Bretterbude. Mit wie vielstündiger Verspätung wir in Neapel ankamen, vermag ich nicht
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