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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers
Autoren: Adam Karillon
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zornfunkelnd auf die Köpfe der Teufelsware herunterhieb, bis sie nach allen Winden zerstoben war. »Nie mehr am Abend ohne meine Begleitung auf die Straße gehen,« sagte der Oberst warnend. »Dieses minderjährige Kropfzeug da sind Angelhaken, an denen die Geheimbünde der Maffia und Camorra die Fremden zu fangen pflegen. Einen Schritt nur in einen der dunkeln Hausgänge hinein, und Sie waren von Männerfäusten erfaßt, aus denen Sie nur mit schwerem Lösegeld befreit werden konnten.«
    Ich erschrak nicht wenig vor der Gefahr, der ich soeben entronnen, und nahm mir vor, mich ganz nach den Anweisungen des redlichen Soldaten zu richten, wenigstens in soweit, als sie sich auf den Abend und die Nacht erstreckten. Für den Tag freilich verließ ich mich auf meinen kräftigen Arm und einen derben Prügel. Mitletzterem zwischen den Fingern ging ich in der Frühe aus und kam am Abend zurück.
    Bis man die Latomien besichtigt hat, das Ohr des Dionysos, die zerstörten Theater und die Bergfeste Euryalos ist manche Stunde vergangen. Mein Eigensinn bestand darauf, daß meine Beine einmal zum mindesten die alte Stadtmauer umschritten. Damit wird begreiflich, daß ich für Frau Zunke nicht der bequeme Gast war, der regelmäßig zum Essen kam.
    So hatte ich herumirrend wieder einmal nicht nach der Uhr gesehen. Meine Blicke waren nach Seltenheiten suchend auf den Boden gerichtet, als mich ein fernes Donnern aus meinen Träumereien riß. Ich erhob die Augen, um eine drohende Wetterwand zu erspähen, und fand statt deren im Gesichtsfeld einen Kapuziner in seiner braunen Kutte.
    Er kam freundlich lächelnd näher und sagte: »Es ist sehr schön hier, mein Herr,« und ich antwortete: »Ja, Pater, sind Sie zum ersten Male hier?«
    »Nein,« war die Antwort. »Ich wohne in Paris, und meine Aufgabe ist es, die Klöster vom Orden des heiligen Franziskus zu inspizieren. Vor zwei Tagen war ich noch in Malta, und seit zwei Stunden bin ich hier. Aber wir werden Regen haben, ehe Sie noch die Stadt erreichen können. Wollen Sie nicht mit mir ins nahe Kloster San Giovanni gehen? Während es in der Oberwelt donnert und kracht, zeige ich Ihnen unter der Erde die Katakomben.«
    Obwohl ich schon anderwärts die altchristlichenGräberstädte gesehen hatte, und diese Gänge, wo man sie auch finden mag, immer die gleichen sind, so entschloß ich mich doch rasch zu deren Besichtigung, da sie mir hier für diesmal einen nassen Buckel ersparen konnten.
    Während wir nun von einem Grab zum andern gehend ein halbes Dutzend qualmender Fackeln verbrannten, hatte sich auf der Oberwelt das Gewitter ausgetobt und ein purpurnes Abendrot spannte sich über den westlichen Himmel aus und leuchtete ab und zu durch Luftschächte in die dunkle Tiefe hinein.
    »Ein schönes Wandern nach der Stadt hinunter wird es jetzt für mich werden, Pater,« hatte ich eben zu meinem gütigen Führer gesagt und wollte ihm die Hand zum Abschied reichen.
    »Da sei Gott vor, daß Sie ohne Labung aus dem Convente gingen,« war seine Antwort, und er drängte mich ins Refektorium hinein, wo ein dienender Bruder bereits Wein, Käse und Brot auf den Tisch gestellt hatte. Ich ließ es mir schmecken, obwohl ich wußte, daß ein »Gott vergelt's« alles sein würde, womit ich das Kloster bezahlen konnte, und doch, wenn auch nicht dem Kloster, – dem französischen Pater konnte ich seine Gefälligkeit mit einem Gegengefallen lohnen.
    Wir hatten die Arethusaquelle, das städtische Museum und darin auch das genügend betrachtet, was der Venus Kallipygos den unvergänglichen Weltruhm eingebracht hat, und strebten wieder dem Norden zu. Herr Oberst Erba gab uns das Geleite zum Bahnhof, ja, mehr noch, er stieg in Uniform zu uns ins Kupee herein.
    »Werden Sie mit uns fahren, Herr Kommandant?« rief Frau Kalbow aus und klatschte fröhlich in die Hände. »O das wäre nett, zu nett!«
    Der Oberst lachte nur und sagte, als der Zug eben ins Rollen kam, und er rasch ausstieg: »Ich hoffe, Sie werden noch wohltätig empfinden, daß ich mit Ihnen eingestiegen bin.«
    Er ging und ein Schaffner kam und schloß unseren Wagen ab.
    Wir drei sahen einander an. Wie bequem. Unser Trio war wieder allein. Ein ganzes Kupee für uns, in dem wir machen konnten, was wir wollten. War die italienische Eisenbahnverwaltung gegen alle Fremde so zuvorkommend, wie gegen uns? Das war kaum anzunehmen. Oder sollten wir als die Schützlinge des Kommandanten eine Extrawurst bekommen? Aha, da lag's vielleicht. Deshalb also war der
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