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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Autoren: Katharina II. von Rußland
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Besuch und es fanden bei ihr häufig Unterredungen statt, welche den nicht daran Beteiligten äußerst mißfielen. Besonders war dies bei dem Grafen Bestuscheff der Fall, dessen Feinde sich bei uns versammelten, unter andern auch der Marquis de La Chétardie, der damals zwar noch keine offizielle Stellung im Staate einnahm, aber schon seine Beglaubigungsschreiben als Gesandter des französischen Hofes in der Tasche hatte.
    Im Mai begab sich die Kaiserin wieder ins Kloster Troitza, wohin der Großfürst, ich und meine Mutter ihr folgten. Schon seit einiger Zeit begann die Kaiserin meine Mutter mit großer Kälte zu behandeln, und die Ursache davon sollten wir bald im Kloster Troitza erfahren. Eines Nachmittags, als der Großfürst in unserem Zimmer war, trat die Kaiserin plötzlich ein und forderte meine Mutter auf, ihr in das anstoßende Gemach zu folgen. Graf Lestocq begleitete sie beide, während der Großfürst und ich uns unterdessen ans Fenster setzten. Die Unterredung dauerte sehr lange. Endlich sahen wir den Grafen Lestocq heraustreten, der im Vorübergehen sich dem Großfürsten und mir näherte, und als er uns lachen sah, sagte: »Diese große Heiterkeit wird bald ein Ende haben.« Und dann, gegen mich gewandt, fuhr er fort: »Sie haben weiter nichts zu tun, als Ihr Gepäck in Ordnung zu bringen, denn Sie werden sofort nach Hause zurückkehren.« Als der Großfürst wissen wollte, weshalb, antwortete Lestocq: »Das werden Sie später erfahren.« Dann ging er hinaus, um seinen mir unbekannten Auftrag auszurichten, uns, den Großfürsten und mich, unsern Gedanken über das eben Gehörte überlassend. Die Bemerkungen des Großfürsten waren in Worten, die meinigen in Gedanken. Er sagte: »Aber wenn Ihre Mutter Fehler begangen hat, so haben Sie doch nicht auch welche begangen,« worauf ich ihm erwiderte: »Meine Pflicht ist, meiner Mutter zu folgen und zu tun, was sie mir befiehlt.« Uebrigens sah ich deutlich, daß er mich ohne großes Bedauern verlassen haben würde, was mich betraf, so war er mir bei seiner Sinnesart ziemlich gleichgültig, aber die Krone von Rußland war es mir nicht. – Endlich öffnete sich die Tür des Schlafzimmers, und die Kaiserin trat mit hochrotem Gesicht und erzürnter Miene heraus. Meine Mutter folgte ihr mit geröteten und tränenerfüllten Augen. Als wir uns beeilten, von der ziemlich hohen Fensterbank, auf die wir uns gesetzt hatten, hinabzuspringen, mußte die Kaiserin lächeln, küßte uns beide und ging. Nachdem sie sich entfernt hatte, erfuhren wir allmählich, um was es sich handelte.
    Der Marquis de La Chétardie, der früher – oder besser gesagt, bei seiner ersten Gesandtschaftsreise nach Rußland – die Gunst und das Vertrauen der Kaiserin in hohem Maße besessen hatte, sah sich bei seiner zweiten Reise in seinen Hoffnungen getäuscht. In seinen Reden zwar mäßigte er sich, seine Briefe aber waren voll der bittersten Galle. Man hatte sie geöffnet und entziffert, in ihnen die Einzelheiten seiner Unterhaltungen mit meiner Mutter und vielen andern Personen über die Zeitverhältnisse und zwar in einem der Kaiserin ungünstigen Sinne entdeckt, und es war der Befehl erteilt worden, den Marquis de La Chétardie, der so wenig Diplomatie gezeigt, des Landes zu verweisen. Man nahm ihm den St. Andreasorden und das Porträt der Kaiserin, ließ ihm indes alle sonstigen Kostbarkeiten, die er einst von ihr zum Geschenk erhalten. Ich weiß indes nicht, ob es meiner Mutter gelang, sich vor der Kaiserin zu rechtfertigen, aber aus unserer Abreise wurde nichts. Meine Mutter jedoch wurde stets mit großer Zurückhaltung und Kälte behandelt. Es ist mir unbekannt, was zwischen ihr und de La Chétardie vorgefallen war, aber ich erinnere mich, daß er sich eines Tages an mich wandte und mich beglückwünschte, mein Haar mit Bändern geschmückt zu haben. Darauf erwiderte ich ihm: »Um der Kaiserin zu gefallen, würde ich mich auf jede mögliche Art frisieren, die sie liebt.« Als er dies hörte, wandte er sich ab, entfernte sich nach einer andern Seite und sprach nicht wieder mit mir.
    Mit dem Großfürsten nach Moskau zurückgekehrt, isolierte man meine Mutter und mich noch mehr als zuvor, wir erhielten weniger Besuch, und ich wurde zur Ablegung meines Glaubensbekenntnisses vorbereitet. Für diese Zeremonie setzte man den 28. Juni, und den darauffolgenden, den Peterstag, für meine Verlobung mit dem Großfürsten fest. Ich erinnere mich, daß der Marschall Brummer während dieser Zeit
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