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Erinnert

Erinnert

Titel: Erinnert
Autoren: Sophie Lang
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als Liebespaar?
     
    Ja!
    Oberster Gesandter, du bringst mich zum Lachen.
    Natürlich nicht!
    Ich war zu jung, eine Teenagerin. Das Thema Beziehung war für mich so neu wie eine Welt ohne Freija. Außerdem liebte Jesse meine Schwester. Nein, ich hatte damals nicht die geringste Ahnung oder den Wunsch in mir verspürt, eine Liebesbeziehung mit Jesse zu beginnen. Ich fahre nun fort Oberster Gesandter, oder willst du, dass ich dir jetzt mehr von meiner späteren Beziehung zu Jesse erzähle.
     
    Nein, erzähl mir von deiner Flucht.
    Jetzt war ich in Eile.
    Ich hatte noch eine halbe Stunde, bis Adam meine Flucht melden würde.
     
    Wieso warst du dir sicher, dass er es nicht eher tut?
    Ich habe Aufrichtigkeit in seinen Augen gesehen. Die gleiche erfrischende Aufrichtigkeit wie in Freijas Augen.
    Als ich aus dem Skygate raus war, traute ich mich zu rennen. Die ersten beiden Etagen nahm ich über die Notleiter im Ostflügel. Dort fand ich einen Fahrstuhl, den sonst nur die Reinigungskräfte benutzten.
    Ich lehnte mich an das kühle Metall, hörte dem Rattern und Surren und meinem flachen, schnellen Atem zu. Der Fahrstuhl eilte mit mir nach unten, bremste ab. Ich hatte das Gefühl zu schweben und dann öffneten sich quietschend die Türen zur Tiefgarage. Geschafft!
    Nie gefühlte Gefühle überwältigten mich. Ich stolperte in die Unterwelt aus Beton, kauerte mich hinter eine Säule und weinte.
     
    Hattest du Angst oder warum hast du geweint?
    Nein, es war nicht die Angst. Ich habe alles zurückgelassen. Alle zurückgelassen. Meine Schwester der Sektion 0, Adam überlassen. Aber das war es nicht. Ich weinte damals und hatte keine Worte zu sagen warum. Aber heute weiß ich es. Ich weiß, was mich überwältigte. Es war das Gefühl frei zu sein, das durch meinen kindlichen Körper pulsierte. Jeder Mensch hat das Recht frei zu sein. Das nennt man Gerechtigkeit.
     
    Du hast also vor Glück geweint?
    Es war ein Cocktail aus salziger Traurigkeit und süßem Glück. Aber ja, das Gefühl der Freiheit war überwältigend. Ich war losgeschnitten von den Fesseln der 7 Gebote.
    Irgendwann begriff ich, dass Adam die Vollstrecker informieren würde und ich frei, aber auch auf der Flucht war. Auf der Flucht vor Menschen, die sich wie Bestien verhalten würden, falls sie mich kriegen sollten. Ich verließ zum ersten Mal seit einem Jahr das Gebäude in dem ich Zuhause war. Das Skygate.
     
    Wie fühlte sie sich an, die Welt der Nunbones?
    Überraschend! Die Schluchten zwischen den Wolkenkratzern waren in den frühen Morgenstunden mit Menschenströmen beseelt. Sie eilten zu den Finanzdistrikten, oder kehrten Heim oder taten keins von beidem. Aber alle hatten eins gemeinsam. Niemand nahm Notiz von mir, einem 13 fast 14 jährigen Mädchen, das auf der Flucht war. Ich fragte mich damals, ob sie wussten, dass wir - ich nenne uns die Sehenden - sie vor den Bestien beschützten? Ob sie überhaupt von der Existenz der Bestien wussten? Ob sie die 7 Gebote kannten?
     
    Kanntest du die Antwort denn nicht bereits?
    Doch! Aber es war so unvorstellbar. Wie konnte es möglich sein, so viele Nunbones hinters Licht zu führen und wozu sollte das gut sein, die Wahrheit zu verschleiern?
     
    Hast du Antworten gefunden?
    Erst viel später. Damals habe ich keine Antworten, nur ein Versteck gefunden. In Sektor Zwei, dort wo Nunbones wohnten, die ihren Müll in engen Häuserschluchten auftürmten. Eine Kellerluke unter einer Feuerleiter, an der die graue Farbe abgeplatzt war, stand offen. Ich schlüpfte durch den Spalt und fand mich umgeben von geschwängerter Luft. Öldunst und der süße modrige Geruch alter Äpfel kroch mir in die Nase. Ich fand eine halbvolle Kiste Mineralwasser und Einmachgläser gefüllt mit Aprikosenmarmelade. Mehr als ich erhofft hatte.
     
    Marmelade? Hast du in dem Keller übernachtet?
    Ich habe mich dort versteckt bis es Nacht war.
     
    Was ist dann geschehen?
    Draußen fing es an zu regnen. Der Himmel spie Wassertropfen aus, die ihren Weg in die Schluchten, zwischen den Blocks fanden. Ich lauschte der Melodie aufplatzender Regentropfen auf der Gasse, dann hörte ich noch etwas anderes, Menschliches. Ich hörte ein Wimmern. Es war ein kleiner Junge, der sich draußen vor der Luke versteckt hielt. Er kauerte mit dem Rücken an der Wand. Ich war direkt unter ihm.
    „Hey du“, flüsterte ich. „Hier bin ich.“ Er sah mich erschrocken an. „Komm!“, bot ich ihm an. Er hatte dunkle fast schwarze Haut. Seine Augen waren noch
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