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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind
Autoren: Robert Holdstock
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in einer Höhle geboren, dort oben, wo der Nebel wohnt.“ Sie sah dem Mädchen fest in die Augen. „So ist das eben und war immer so.“
    „Ja“, sagte Moir leise, „so ist es immer gewesen.“
    Hatte sie Tränen in den Augen?
    Als Moir zu der kleinen schützenden Lederhütte gehen wollte, die ein Stück weiter entfernt stand, streckte Elspeth die Hand aus und berührte das Kristallmesser, das dem Mädchen am Halse hing. Moir zuckte zurück, doch vielleicht erkannte sie etwas in der Miene der Frau, einen Wunsch. Sie nahm das Messer ab und reichte es Elspeth.
    Elspeth sah sich das Messer genau an, und langsam breitete sich ein Lächeln über ihre Züge. „Das ist schön.“
    „Ich habe es meinem Bruder abgenommen. Ich habe ihn damit getötet.“
    „Und jetzt gehört es mir.“ Elspeth sah den Mann an. „Das ist der Anfang, Karl, jetzt fängt es an. Bald werden wir so stark und mächtig sein, daß wir diese Tiere lehren, was es heißt, uns töten zu wollen …“
    Sie ging zum Felsenrand und hielt das Messer hoch, hoch über das ferne, bewaldete Flachland. Auf den scharfen Kanten der Waffe erglänzte das Licht und warf seine Strahlen wie Speere über das Land, hell und stechend, zu den Erdwällen hin, ungebrochen, unabgelenkt durch den Wind, der über dem Flachland sang.

 
Nachwort
 
    Robert Holdstock ist ein junger britischer Autor, der 1948 in Kent geboren wurde, Zoologie und Parasitologie studierte und anschließend in der Immunologieforschung tätig war. Neben Kurzgeschichten schrieb er bislang drei historische Fantasy-Romane für die Serie The Berserker (wobei er das Pseudonym Chris Carlsen benutzte), den Weird Fiction-Roman Necromancer sowie die beiden SF-Romane Eye Among the Blind (Im Tal der Statuen) und Earthwind (Erdwind) . Holdstock hat eine Vorliebe für irrationale, mystische und okkulte Dinge – was auch dem vorliegenden Roman anzumerken ist –, wurde ansonsten aber mit der Science Fiction groß und ist auch im Sekundärbereich mit ihr befaßt. So machte er sich als Herausgeber der reich bebilderten Encyclopedia of Science Science Fiction einen Namen. Ein anderes bemerkenswertes Werk ist der Bildband Alien Landscapes, der von Holdstock gemeinsam mit dem Redakteur der angesehenen englischen SF-Fachzeitschrift Foundation erstellt wurde. Hier illustrierten prominente SF-Künstler wie Jim Burns, John Harris, Bob Fowke, Les Edwards u. a. einige bekannte „alien landscapes“, d. h. Handlungsorte von Werken wie Frank Herberts Dune, James Bushs Oakie-Serie, Nivens Ringworld, Aldiss’ Hothouse, Clements Mission of Gravity u. a. (Die deutsche Ausgabe dieses Bildbandes ist unter dem Titel Unter fremden Sonnen im Moewig Verlag erschienen.)
    Aber zurück zu Earthwind (Erdwind), einem außergewöhnlichen und eigenwilligen Roman des Engländers, der als Autor gewiß zu den talentiertesten Neuentdeckungen der englischen Science Fiction zu rechnen ist. In Earthwind geht es um geheimnisvolle Zusammenhänge zwischen einer Felszeichnung in Irland und damit identischen anderen Zeichnungen in der Steinzeitkultur eines fernen Planeten, um eine Frau, die unbedingt herausfinden möchte, wie es um diesen Zusammenhang bestellt ist, und bereit ist, für diese Erkenntnis alles zu opfern, und schließlich und vor allem um des Rätsels Lösung, die nichts mit Besuchern aus dem All, sondern mit einem übermächtigen Orakel zu tun hat. Dieses Orakel ist eine Art Knotenpunkt zwischen Raum und Zeit und eigentlich nur erfahrbar, nicht verstehbar.
    Es nimmt den mit ihm konfrontierten Menschen alles, ihr Gedächtnis, ihr Blut, ihre Liebe, ihre sozialen Bindungen, ihre Würde, zuletzt ihr nacktes Leben – um schließlich zwei Opfern ein neues Leben und eine neue Identität zurückzugeben.
    Diese geschlagene Frau, diese Elspeth Mueller – unterliegt sie nun letztendlich, oder geht sie als Überlegene aus dieser Konfrontation hervor? Diese Frage drängt sich mir auf, und sie scheint mir wichtig. Ich weiß nicht, wie Sie, der Leser, diese Frage beantworten würden, auch nicht, wie der Autor selbst diese Frage vom Leser gern beantwortet haben möchte – wenn ihm die Frage überhaupt wichtig scheint.
    Ich sehe in diesem Werk eine Auseinandersetzung mit der Stellung des Menschen im Universum, der belebten und der unbelebten Natur gegenüber, was letztlich auf eine Suche nach der menschlichen Identität hinausläuft. Die Erkenntnis, daß der Mensch heute nicht mehr im Einklang mit seiner Umwelt (der natürlichen, aber auch mit der
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