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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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dem Caterina das Laub geordnet hat. Er hält ihn mit beiden Händen am Stiel und stapft auf den Mann zu. »Das ist doch kein Zufall! Du Hund!«
    Udo reißt die Arme hoch. Mit einer Rechenattacke hat er nicht gerechnet. Hartmut ist völlig außer sich. Es ist, als würden seine Glieder ohne Absprache mit dem Gehirn einfach dem ausbrechenden Gefühlsstau folgen.
    »Das ist meine Frau!«, brüllt Hartmut. Die schmalen Zinken des Rechens sausen auf Udos Arm nieder und kratzen das Auto an. Susanne läuft schnell um den Wagen herum. Sie wirkt besorgt, aber nicht überrascht über Hartmuts Anfall. Als wüsste sie schon, wie sie ihn beruhigen kann.
    »Die Mutter meines Kindes!«, bellt Hartmut weiter. »Kein Mann fährt sie einfach so durch die Gegend!« Hartmut wütet, nur noch Arme und Rechenzinken. Udo lässt sich rückwärts auf den Fahrersitz fallen und versucht, die Tür zu schließen, doch Hartmut dreht den Rechen um und stemmt von oben den Stiel in den Wagen.
    »Du bleibst hier. Ich stemm dich kaputt!«
    Gnadenlos stochert der Stiel nach Udo wie ein Saurierschnabel, der in einem Film von oben durchs Dach dringt. Hartmut ist ein Orkan.
    Susanne erreicht ihn, berührt seine Schulter, dreht mit der linken Hand seinen Kopf zu sich und sagt: »Ich habe für den Diamanten nur wenig von Lisas Asche gebraucht. Das meiste ist in einem Friedwald!«
    Hartmut lässt den Rechen los. Das Gerät poltert in den Wagen. Udo nestelt es aus der Tür und gibt Gas. Hartmut sieht Susanne gläsern in die Augen.
    »Ich konnte dich damals nicht dabeihaben«, sagt sie und weint nun ebenfalls. »Nur meine Mutter war bei der Beisetzung dabei. Du warst damals nur noch Zorn. Und Zorn gehört nicht in einen Friedwald.«
    Hartmut flüstert: »Friedwald. Du meinst … so richtig Bäume und so? Mit Kiefern?«
    Susanne nickt.
    Ein Laut bricht sich aus Hartmuts Kehle Bahn, unbeschreiblich, eine Mischung aus Erleichterung und Klage, laut und elementar. Er schallt wie ein Echo durch die Hattinger Hügel. Vögel stieben kreischend aus den Wipfeln.
    Hartmut und Susanne küssen sich. Kurz, kein Filmgeschlecke, während im Hintergrund noch der letzte brennenden Balken bricht, doch die Umarmung, die darauf folgt, ist so innig, als wären die beiden bereit, auf der Stelle zu einer Eiche zu verholzen, Wurzeln zu schlagen und auf ewig so stehen zu bleiben. Sie kämen damit zurecht, solange sie zusammen sind. Dieser Hebel ist umgelegt und springt nie mehr zurück.
    »Ist das phantastisch!«, sagt Mario und klatscht dermaßen freudig erregt in die Hände, wie ich es noch nie bei ihm erlebt habe. Er legt den Kopf schief und kiekst. Üblicherweise feiern die Klischees schwulen Verhaltens bei Jochen und Mario niemals Urständ.
    Hartmut und Susanne sehen auf.
    Mario geht zu ihnen, schiebt seinen langen Arm hinter beider Schultern und treibt sie auf den Weg zwischen Haus und Garten Richtung Scheune. »Die Familie ist wieder zusammen«, flötet er und winkt Caterina und mir, ihm zu folgen, »nach all der langen Zeit. Und wir haben sie endlich genau da, wo wir sie haben wollen.«
    Was soll das denn heißen, frage ich mich, während wir folgen. Der Hahn kräht. Das Tor der Scheune öffnet sich knarrend. Dürfen wir jetzt zur Feier des Tages etwa die alte Spielhalle eröffnen?
    Der Mann, der das schwere Tor aufschiebt wie ein Portal in einem Ritterfilm, ist Khaled. Er trägt einen guten, schwarzen Anzug mit weißem Hemd und Fliege. Hartmut reißt die Augen auf. So hat er ihn wahrscheinlich noch nie gesehen. Aus der Scheune dringt Klaviermusik. An einem alten Flügel sitzt Nestor in einem Frack mit Schwalbenschwanz und spielt virtuose Weisen. Eine Bühne ist aufgebaut und vollständig mit den Girlanden umrandet, deren Reste ich vorgestern im Werkraum gefunden habe. Ein Rosengitter steht in der Mitte, geschmückt mit den Blüten aus buntem Krepppapier. Ein paar Sitzbänke sind vor der Bühne aufgebaut, in zwei Reihen, wie in einer Kirche. Rahime sitzt schmunzelnd in der ersten. Auch sie hat sich mittlerweile umgezogen. Das schwarze Kleid, das ihr wie ein Nachthauch auf den Körper fällt, kann sie kaum hastig aus Tunesien mitgebracht haben. Zwei Lichtorgeln lassen bunte Spots durch die Scheune gleiten. Ich erkenne sie: Es sind die Teile, die Jochen in seinem Wunschzettel bei Amazon stehen hatte. Unser alter Freund steht auf der Bühne. Neben ihm glitzert ein Vorhang in einem Rahmen, der etwas verbirgt. Sein Gipsarm ragt blau aus dem weißen Anzug, den er für sich gewählt
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