Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
Vom Netzwerk:
der Hiobsbotschaft. Meine Finger zerfetzen fahrig einen Bierdeckel. Die Gäste murmeln aufgebracht durcheinander. Nur meine Mutter bleibt gelassen.
    »Wir sind denkmalgeschützt«, meldet sie sich hinter der Theke zu Wort, die Augenlider leicht gesenkt. »Die können uns nicht einfach abreißen.«
    Die Gäste ordnen sich zaghaft. Meine Mutter poliert weiter Gläser.
    > Susanne

Das Versteck
    15. 03. 2011
    51° 26′ 52.87″ N, 7° 15′ 19.08″ E
    Wie bin ich bloß hierhergekommen? Der Motor röhrt. Die Straße drückt uns mit ihren Schlaglöchern Dellen in die Bandscheiben. Voodoo sitzt am Steuer. Seine Schulter wackelt bei jeder Bodenwelle auf und ab. Er hat sein Hemd seit Tagen nicht gewechselt. Die Landschaft ist in fahles Graublau gegossen. Einerseits staubig, andererseits so klar, wie nur ein eiskalter Morgen sein kann, an dem man um 3.20 Uhr mit schmalen Augen auf der Rückbank eines Jeeps sitzt und Voodoos Schulter im karierten Hemd beim Wackeln zusieht. Dass ich ihm überhaupt vertraue. Aber ich muss. Jetzt bin ich hier, und ich muss. Im Radio läuft arabische Musik, weil Rabbit auf dem Beifahrersitz das so möchte. Voodoo beugt sich nach vorn und schaltet sie aus. Sein Bart ist schwarz und fusselig.
    Wir fahren ein paar Meter in die Stadt und passieren die ersten Häuser. Dann erleuchten die Scheinwerfer einen Kontrollposten. Ein Lagerfeuer, ein zerfetzter Sonnenschirm. Und: diese elenden, selbstgerechten Typen mit Gewehr im Anschlag, die man kennen muss, um weiterzudürfen. Voodoo kennt sie alle. Er hält an und grüßt aus dem offenen Fenster. Der Mann draußen ist noch bärtiger als er. Sie reden miteinander in der Sprache, die ich nicht verstehe und die so anders ist als die von daheim. Melodischer, aber auch härter. Mal klingt es wie ein Plaudern und im nächsten Augenblick wie eine Diskussion auf Leben und Tod.
    Der Posten lässt uns passieren. Voodoo gibt wieder Gas. In Pfützen spiegeln sich die wenigen erleuchteten Fenster. Die Läden sind geschlossen. Die Rollläden sind heruntergefahren und mit Graffiti besprüht. Voodoo bremst. Ein paar Ziegen tapsen über die Straße. Langsam, wie Ziegen nun mal so sind. Sie meckern, und es hört sich an wie das Miauen einer hungrigen Katze. Katzen sagen viel öfter »Mäh«, als dass sie »Miau« sagen. Es braucht eine Weile, bis in der kleinen Gasse, aus der die Herde über die Straße strömt, der Schäfer erscheint. Ein uralter Mann mit Turban. Mein Puls beschleunigt sich. Ist er wirklich ein Schäfer? Man kann hier nie wissen. Er ist einer. Voodoo treibt ihn an, mit dem linken Arm aus dem Fenster winkend. Wir fahren weiter. Im Nachthimmel kleben schwarze Balkone. Stromkabel und alte Werbebanner hängen schlaff über der Straße. Vor einem Haus steht ein Baugerüst aus fauligem Holz. Voodoo empfängt einen Spruch per Funk und sieht hoch auf ein Dach rechts vor uns. Ein Bewaffneter, der dort nicht stehen sollte. Die Funksprüche werden hektischer, dann fallen die ersten Schüsse. Mit einem lauten »Plink-plonk!« schlagen die Kugeln in die Motorhaube unseres Jeeps ein. Voodoo rammt den Rückwärtsgang rein. Er dreht den Kopf über die karierte Schulter und rast die schmalen Straßen zurück. Kartons und Holzteile fliegen über uns hinweg, als das Heck sie zerteilt. Der Jeep kommt zum Stehen. Wir steigen aus. Ich höre wieder das »Mäh! Mäh!« der Ziegen, obwohl die Gewehre eigentlich lauter sein müssten. Ich folge Voodoo um eine Hausecke. Hinter einem umgestürzten alten Karren finde ich Deckung. Die Farbe ist abgeblättert. Wir werden beschossen. Es ist laut. Gegnerischer Beschuss quetscht einem den Körper zusammen vor Angst und Zorn. Jede Kugel, die nicht trifft, spinnt ein unsichtbares Netz in die Luft. Es ist Wahnsinn, dass ich mich darauf eingelassen habe. Früher war alles nur ein Spiel. Ich spähe links neben dem Karren hervor in die Straße. Der Schütze hockt in fünfzig Metern hinter einem Mauervorsprung. Ich schaue durch den Sucher meines Gewehrs und zoome den Mann heran. In dieser einen Sekunde habe ich keine echte Deckung mehr, nur die Stange des Karrens füllt vergrößert mein unteres Blickfeld. Der Kopf des Schützen klebt über ihr wie eine Miniatur. Eine Stange kann mich nicht schützen, aber ich bleibe ruhig, denn er weiß nicht, dass ich ihn im Visier habe. Er glaubt, er wäre sicher in dem Versteck, in das er sich zurückgezogen hat. Aber er irrt. Man wird immer gefunden. Vor allem um halb vier in der Frühe, in Gardez,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher