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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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jetzt ist ihre Fruchblase geplatzt, und sie hat Wehen.«
    »In welchen Abständen kommen die Wehen?«
    »Ich weiß es nicht. Sie hatte erst eine. Aber die war schrecklich.«
    Am anderen Ende hörte ich etwas, das sich verdächtig nach einem Kichern anhörte. »Gucken Sie auf die Uhr, und wenn die Wehen in Abständen von fünf Minuten kommen, dann kommen Sie ins Krankenhaus.«
    Ich legte auf. »Wir müssen die Abstände messen. Die Stoppuhr. Wo ist die Stoppuhr?«
    »Bei den anderen Geburtssachen.«
    Ich fand die Stoppuhr, setzte mich wieder zu ihr auf den Küchenfußboden und sagte: »Also. Wann immer du willst. Die nächste Wehe kann kommen.«
    Wir kicherten nervös.
    »Wenigstens war es kein oberpeinlicher Moment, als die Fruchtblase platzte«, sagte Jacqui.
    »Wie meinst du das?«
    »Du weißt schon, in Filmen platzen Fruchtblasen immer so, dass sich alles über einen teuren Perserteppich ergießt oder über die neuen Wildlederschuhe. Meistens ist Hugh Grant mit von der Partie. ›Oh, weia! Oh, wie dumm! Ach du grüne Neune!‹ Du weißt, was ich meine. Nur mal so aus Neugier: Gibt es einen Grund, warum wir auf dem nassen Fußboden sitzen?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    Wir standen auf, und Jacqui zog sich um und hatte zwei weitere Wehen. In Abständen von zehn Minuten, stellten wir fest. Ich rief im Krankenhaus an. »Sie kommen in zehnminütigen Abständen.«
    »Messen Sie weiter die Abstände und kommen Sie, wenn es fünf Minuten sind.«
    »Aber was sollen wir bis dahin machen? Sie hat schreckliche Schmerzen!«
    »Massieren Sie ihr den Rücken, sie soll baden und sich bewegen.« Das wusste ich alles, nur in der Panik, weil die Wehen jetzt tatsächlich eingesetzt hatten, hatte ich es vergessen.
    Also massierte ich Jacqui den Rücken, wir guckten Mondsüchtig und sprachen alle Dialoge mit und hielten das Video jedes Mal an, wenn eine Wehe kam, damit Jacqui nichts verpasste.
    »Du musst visualisieren«, sagte ich, wenn sich ihr Körper zusammenkrampfte und sie die Knochen in meinen Händen zermalmte. »Der Schmerz ist dein Freund. Er ist ein großer, goldener Ball von Energie. Komm schon, Jacqui. Ein großer, goldener Ball von Energie. Los, sag es mit mir.«
    »Ich soll es mit dir sagen? Wo sind wir denn hier, im Kindergarten?«
    »Komm jetzt«, bedrängte ich sie, und zusammen brüllten wir: »Ein großer, goldener Ball von Energie. Ein großer, goldener Ball von Energie.«
    Als Mondsüchtig vorbei war, legten wir Vom Winde verweht ein, und als Melanie ihre Wehen bekam, fragte Jacqui: »Warum machen die Leute immer Wasser heiß und reißen Laken in Streifen, wenn jemand ein Kind bekommt?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht, um sich abzulenken, als es noch keine Videos gab. Wir könnten das auch mal versuchen, wenn du möchtest. Nein? Na gut. Oh Gott, schon wieder eine. Ein großer, goldener Ball von Energie! Ein großer, goldener Ball von Energie!«
    Um ein Uhr morgens waren die Abstände zwischen den Wehen sieben Minuten.
    »Ich lasse mir jetzt ein Bad ein«, sagte Jacqui. »Vielleicht hilft es gegen die Schmerzen.«
    Ich setzte mich zu ihr ins Badezimmer und legte eine entspannende Musik auf.
    »Stell das Gejammer wieder ab«, sagte Jacqui. »Sing mir lieber was vor.«
    »Was denn?«
    »Ein Lied – darüber, wie blöd Joey ist.«
    Ich dachte einen Moment lang nach. »Nur wenn du nicht darauf bestehst, dass es sich reimt.«
    »Keineswegs.«
    »Joey, Joey ist ein Arsch«, sang ich. »Er ist immer grummelig und trägt dumme Stiefel. Meinst du so?«
    »Ja, wunderbar, weiter.«
    »Sind alle anderen glü-ück-lich, ist Jo-oe-ey gru-um-me-lig. Er würde das Glück nicht erke-ennen, und wenn es ihm den Schwanz abbeißt. Jetzt der Refrain: Joey, Joey ist ein Arsch.«
    Jacqui stimmte mit ein, und wir sangen zusammen: »Er ist immer grummelig und trägt dumme Stiefel.«
    »Zum Lächeln hat er keine Zeit, kommt das Glück zu ihm, rennt er meilenweit – oh, das hat sich gereimt«, sagte ich fröhlich. »Jetzt, der Refrain: JOEY, JOEY IST EIN ARSCH. ER IST IMMER GRUMMELIG UND TRÄGT DUMME STIEFEL.«
    Damit beschäftigten wir uns eine gute Dreiviertelstunde lang: Ich sang eine Strophe, und Jacqui sang den Refrain mit. Dann erfand Jacqui ein paar Strophen. Es machte viel Spaß und wurde nur von den Wehen überschattet, die immer noch in Abständen von sieben Minuten kamen. Würden wir je die magischen fünf Minuten erreichen?
    »Ich glaube, du musst dich bewegen«, sagte ich. »Die Mistspinnerin hat immer gesagt, wir sollen die
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