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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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sagte sie: »Du hattest solches Glück.«
    »Ja«, sagte ich, »das stimmt.« Es brachte mich nicht um, das auszusprechen. Es kam keine Bitterkeit in mir auf, ich dachte einfach: »Ja, ich hatte wirklich Glück.«
    »Wehe in Sicht!« Jacqui hockte sich auf eine Stufe vor einem Brownstone, als eine Wehe sie durchzuckte. »Oh Gott, oh Gott, oh Gott.«
    »Tief atmen«, wies ich sie an, »visualisieren. Himmel, komm zurück.« Jacqui war von der Stufe gerollt und lag auf dem Gehweg. Sie stöhnte vor Schmerzen, und ich kniete neben ihr und erlaubte ihr, mein Fußgelenk zu Mus zu quetschen. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass wir die Aufmerksamkeit eines vorbeifahrenden Polizeiwagens auf uns zogen. Der Wagen blieb stehen – Mist –, und zwei Polizisten mit knisternden Walkie-Talkies stiegen aus und kamen auf uns zu. Einer sah aus, als würde er sich hauptsächlich von Doughnuts ernähren, aber der andere war groß und stattlich.
    »Was ist hier los?«, wollte der Doughnut-Typ wissen.
    »Sie liegt in den Wehen.«
    Die beiden Männer beobachteten Jacqui, die sich auf dem Gehweg wand.
    »Sollte sie nicht ins Krankenhaus?«, fragte der Attraktive mit einem sehr bekümmerten Gesichtsausdruck, was ihn noch attraktiver erscheinen ließ.
    »Erst wenn ihre Wehen in Abständen von fünf Minuten kommen«, sagte ich. »Können Sie sich das vorstellen? Das ist doch barbarisch.«
    »Tut es weh?«, fragte der Doughnut-Typ.
    »Sie hat Wehen«, sagte der Attraktive. »Natürlich tut das weh!«
    »Woher wollen Sie das wissen«, rief Jacqui. »Sie … Sie … Sie Mann.«
    »Jacqui?«, sagte der Attraktive überrascht. »Bist du es?«
    »Karl?« Jacqui rollte sich auf den Rücken und sah lächelnd zu ihm auf. »Schön, dich mal wieder zu sehen. Wie geht es dir?«
    »Gut. Und dir?«
    »Fünf Minuten!«, sagte ich und starrte auf die Stoppuhr. »Nur noch fünf Minuten dazwischen. Wir müssen los.«

NEUNZEHN
    Jacqui zog sich ein elegantes Von-Fürstenberg-Wickelkleid an. Mit ihrem LV-Koffer sah sie aus, als sei sie auf dem Weg in die Ferien nach St.-Barth.
    »Gib her.« Ich nahm den Koffer. »Gehen wir.«
    Auf der Straße hielten wir ein Taxi an. »Keine Angst«, sagte ich zum Fahrer, »sie liegt nur in den Wehen. Fahren Sie bitte vorsichtig.«
    Ich wandte mich an Jacqui. »Woher kanntest du diesen Kerl? Den Polizisten, Karl?«
    »Wir haben bei einem von Bill Clintons Besuchen zusammengearbeitet.« Sie keuchte und japste, als eine neue Wehe über sie hinwegrollte. »Er war von der Sicherheit.«
    »Sieht gut aus, oder?«
    »Federstreichler.«
    »Inwiefern?«
    »Zu nett.«
    Als wir im Krankenhaus in der Entbindungsstation ankamen, waren die Abstände zwischen den Wehen nur noch vier Minuten. Ich half Jacqui aus ihrem hübschen Kleid und in den hässlichen Krankenhauskittel hinein.
    »Gott sei Dank«, sagte Jacqui. »Schnell, schnell, die Narkose.«
    Die Krankenschwester untersuchte Jacqui und schüttelte den Kopf. »Zu früh. Die Öffnung ist noch nicht groß genug.«
    »Sie muss groß genug sein! Ich habe seit Stunden Wehen. Ich leide Höllenqualen.«
    Die Krankenschwester bedachte sie mit einem herablassenden Lächeln, das so viel hieß wie: »Millionen von Frauen machen das jeden Tag«, dann verließ sie den Raum.
    »Wenn sie ein Mann wäre, ich wette, Sie würden ihr sofort eine Spritze geben«, rief ich ihr hinterher.
    »Hier kommt wieder eine«, wimmerte Jacqui. »Oh Gott, oh Gott, oh Gott. Ich will eine Narkose. Ich will eine Narkose. Ich habe ein RECHT darauf.«
    Da kam die Krankenschwester wieder herein. »Sie verängstigen die Frauen in den Gebärbecken. Es ist noch zu früh für eine Narkose. Sie verlangsamt die Wehen.«
    »Wann kriege ich denn eine? Wann?«
    »Bald. Die Hebamme ist auf dem Weg.«
    »Speisen Sie mich nicht damit ab. Sie kann mir keine Narkose geben, das kann nur der Arzt.«
    Die Krankenschwester ging, und die Wehe verebbte.
    »Passiert da unten eigentlich was?«, fragte Jacqui.
    Sie holte ihre Puderdose aus der Tasche und hielt sich den Spiegel zwischen die Beine, aber sie konnte nicht über ihre Kugel gucken.
    »Mist.« Dann musterte sie ihr Gesicht im Spiegel. »Guck dir das an. Ich bin ganz rot, meine Haut glänzt.«
    Sie kämmte sich die Haare, zog sich die Lippen nach und puderte sich die geröteten Wangen. »Wer hätte je gedacht, dass Wehen so wenig schmeichelhaft sind.«
    »Komm aus dem Bett raus und hock dich hin«, sagte ich. Im Geburtsvorbereitungskurs hatten wir gelernt, dass Hocken das Öffnen des
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