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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Kitty Sewell
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besitze.«
    »Ist ja schon gut. Ich warte«, lenkte er ein und weigerte sich, das Feuerzeug als Sicherheit zu nehmen. »So lange ich weiß, dass Sie wiederkommen.«
    Eine Weile stand sie auf der Straße und versuchte Mut zu schöpfen, aber sie fühlte sich wie betäubt. Was sie vorhatte, war so unwirklich, dass selbst ihre Angst zu einem dumpfen Schmerz in ihrem Unterleib geworden war.
    Sie begutachtete das Gebäude mit seiner gesichtslosen Backsteinfassade. Es stand zurückgesetzt auf einem großen, mit Unkraut überwucherten Stück Land. In den Sechzigern oder Siebzigern hatte es wegen seiner günstigen Lage zwischen London, Reading, den Autobahnen und den Flughäfen Heathrow und Gatwick die Verwaltung einer Import-Export-Firma beherbergt.
    Rollos im unauffälligen Grau von Schlachtschiffen ließen nicht erkennen, ob das Gebäude genutzt wurde. Sie konnte sich gut vorstellen, was für dunkle Taten dahinter vollbracht wurden. Zurzeit war kein Lebenszeichen wahrzunehmen. Der Morgen war etwa zur Hälfte vergangen, und Leute, die hauptsächlich nachts arbeiteten, schliefen wohl noch. Niemand schien das Taxi bemerkt zu haben.
    Sie ging durch das Tor und den zersprungenen Betonweg hinauf. Er war von den dürren Überresten blühender Sträucher gesäumt. Der einst schöne Garten bildete einen merkwürdigen Kontrast zu der werktäglichen Strenge des Gebäudes. Alfie war ein eifriger Gärtner gewesen, und sie wusste, dass die Sträucher schon vor Jahren eines Schnitts bedurft hätten. Alles Grün um das Gebäude herum sah aus, als wäre es von den Flammen der Hölle versengt worden.
    Eine kleine Kamera war auf den Eingang gerichtet. Es gab auch eine Klingel und eine Gegensprechanlage, aber Rachel ignorierte sie. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, trommelte sie mit den Fäusten an die Tür.
    Einige Minuten später öffnete Uri. Sie waren sich seit zwei Jahren nicht mehr begegnet, aber es fiel ins Auge, dass es ihm gut ging, denn er war gebräunt und voll Spannkraft. Er wirkte wie ein Mann, der mit sich zufrieden war.
    Überrascht, sie zu sehen, reagierte er nicht sogleich und ließ sie ins Haus schlüpfen. Mit einem Blick auf das Taxi schloss er die Tür und erwischte sie gerade noch am Arm, bevor sie durchs Haus rennen konnte.
    »Sind sie hier?«, schrie sie gellend und versuchte sich von ihm zu befreien. Ohne seine Antwort abzuwarten, wollte sie die Treppe hinaufstürzen, aber er hielt sie an ihrem T-Shirt fest und riss sie zurück.
    »Verrückte  Schlampe. Was  verdammt machst  du?«  Seine Sprachkenntnisse hatten sich nicht verbessert, und sein ausländischer Akzent war noch immer stark.
    »Du weißt verdammt gut, was ich mache«, jammerte sie, und echte Tränen traten ihr in die Augen. »Wo sind sie? Wo ist mein Sohn? Raus damit! Vorher wirst du mich nicht mehr los, hast du das verstanden?«
    Er musterte sie lange mit halb geschlossenen Lidern. »Du Schlampe sagst mir, wo sie sind.«
    Uri wusste also, dass Anton verschwunden war. Sie ballte die Fäuste und sah ihn wütend an. »Versuch ja nicht, mich zu bescheißen. Dein verdammter Bruder ist gekommen und hat Sascha abgeholt, angeblich für einen Tagesausflug, sie sind jedoch nie wieder aufgetaucht. Aber das ist dir bestens bekannt, was? Du hast ja selbst einen Pass für Sascha organisiert. Ich weiß, was ein Pass bedeutet.«
    »Wann hat er Sascha abgeholt?«, fragte Uri mit gleichmäßiger, emotionsloser Stimme.
    Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Vergangene Woche. Ich habe die ganze verdammte Woche gebraucht, um herauszufinden, wo du jetzt wohnst.« Sie lehnte sich vor und sagte leise: »Wenn du mir nicht sagst, wo mein Sohn ist, gehe ich zur Polizei und melde ihn als vermisst.«
    Er holte aus und gab ihr eine Ohrfeige. Ihr Kopf flog zur Seite, aber eine Sekunde später sprang sie ihn an, packte mit der einen Hand sein Haar und schlug ihm mit der anderen wild ins Gesicht. Erstaunt packte er ihre Unterarme und grub seine Daumen in die weiche Innenseite ihrer Handgelenke, um die Arterie abzudrücken.
    »Sag das noch einmal«, knurrte er. »Du gehst zur Polizei?«
    Es war gefährlich, die Polizei zu erwähnen. Nachdem sie ihre Drohung ausgestoßen hatte, spürte sie wieder, dass sie Angst hatte.
    Er sah sie einen Augenblick forschend an, ihre Handgelenke noch immer zwischen Daumen und Zeigefinger. Der Schmerz war fast unerträglich, aber sie hielt die Faust fest geschlossen. Unvermittelt zuckte er mit den Schultern und ließ sie los. »Die Ukraine ist ein
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