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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition)
Autoren: Monika Thamm
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Minas Kopf. Ihre Augen waren geschlossen, dennoch drehte sich alles. Wie viel Zeit war vergangen? Langsam wurde sie wieder Herr ihrer Sinne. Die Umrisse eines Sees in der Tiefe, die rasend schnell näher kamen, waren das Letzte, von dem sie noch wusste. War sie in den See gestürzt? An einen Aufprall konnte sie sich nicht erinnern.
    Ihr Körper fühlte sich unendlich schwer und steif an. Ihre Augenlider hatten noch nicht die Kraft, sich zu heben. Gedämpft hörte sie das Gezwitscher von Vögeln. Ein erfrischender Duft drang in ihre Nase. Er versprach den Anblick von einem gesunden, grünen Mischwald, von saftigen Pilzen und süßen Blüten. War so das Leben nach dem Tod? Wenn ihr Körper nur nicht so schmerzen würde …
    Angenehme Kühle benetzte ihre Stirn.
    »Schau, ihre Lider haben gezuckt, wirklich«, erklang eine helle, quiekende Stimme. Mina stöhnte auf.
    »Ja, du hast recht«, erwiderte ein zweiter Sprecher. Seine Stimme klang zart und rein wie ein plätschernder Frühlingsbach. Mina versuchte ihre Stirn zu berühren. Nur einmal über ihre Schläfen fühlen, ob sie tatsächlich noch lebte.
    »Langsam, Mädchen, du bist noch sehr geschwächt.« Da war wieder die besänftigende, zweite Stimme. Noch nie hatte sie derartig klingende Wörter gehört. Eine weiche Hand unterstützte die Worte, indem sie sich leicht wie ein Schmetterling um Minas Handgelenk legte und sie zurückhielt.
    »Wer …«, begann sie verunsichert. Ihre Kehle schmerzte. »Wasser ...«
    »Wasser?«, fragte quiekend der erste Sprecher und lachte dabei. »Klar, darauf hätten wir auch alleine kommen können, nicht, Zados?«
    »Rede nicht, dummer Kerl, sondern mach dich lieber nützlich. Bring ihr etwas zu trinken.«
    Mina spürte, wie sich ihr Brustkorb langsam, aber regelmäßig hob und senkte. Vorsichtig löste sie die Hand aus dem Griff des Fremden und tastete nach ihrem Gesicht. Dort lag ein feuchtes Stofftuch. Sie zog es fort. Selbst durch die geschlossenen Lider bemerkte sie, wie es um sie herum deutlich heller wurde.
    »Hier ist dein Wasser, junge Menschenmaid.« Mina sammelte sich und öffnete die Augen. Die ersten Lichtfunken stachen wie Nadeln, doch Stück für Stück erkannte sie die Umrisse einer vornübergebeugten Person. Sie erblickte einen Mann, dessen weiche Gesichtszüge von hellgoldenem, schulterlangem Haar umgeben waren. Er lächelte. Mina blinzelte. Etwas stimmte nicht mit ihm, doch was war es?
    »Willkommen zurück.« Voller Ehrerbietung neigte er sein Haupt und schloss die etwas zu groß geratenen, schmalen Augen. Mina betrachtete ihn genauer. Auf einmal fielen ihr die langen, spitzen Ohren auf, die aus seiner Haarpracht hervorstanden.
    »Ein Elf!«, stöhnte sie ungläubig. Er öffnete die Augen wieder, und zwei smaragdgrüne Abgründe blickten ihr entgegen. Für einen Herzschlag kam es ihr vor, als sehe sie darin die Tiefen der Wälder, mystisch geschwungene Bäume und seltene Tierarten. Sie entdeckte die Seele eines ganzen Waldes in ihnen, und für ein paar Herzschläge wollte sie nie wieder etwas anderes sehen als diese Augen.
    »Nirvan hat uns schon viel von deiner Welt erzählt. Daher weiß ich auch, dass es dort Geschichten über mein Volk gibt, auch wenn es sich dabei nur um erfundene Mythen handelt. Hier, in meiner Welt, nennen wir uns Elben , nicht Elfen«, erklärte er und neigte den Kopf zum Gruß.
    »Ein Elb«, berichtigte sie sich leise. Sie konnte es nicht glauben. Da wurde sie sich der Person bewusst, die hinter dem Elben auf und ab sprang. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
    »Lass mich sehen, Zados. Ich will sie sehen!« Mina zuckte erschrocken zusammen und richtete sich auf. Doch noch im gleichen Moment bereute sie die schnelle Bewegung. Dumpfer Schmerz schoss durch ihre Schläfen, sie fasste sich an die Stirn und sank vorsichtig zurück. Zados, denn das war wohl der Name des Elben, warf einen erzürnten Blick über die Schulter. »Wieso versuchst du nicht, deinen kleinen Verstand einzusetzen, und lässt ihr etwas Zeit, Nexus? Denkst du, sie hat so etwas wie dich schon einmal gesehen?«
    »Na und? So etwas wie dich kennt sie ja auch nicht«, erwiderte er quiekend. Das Wesen war klein wie ein Kind und trotzdem zweifellos erwachsen. Es war nur gut einen Meter hoch und seine Haut war grün, grasgrün. Langes, zotteliges Haar in einem dunkleren Grünton hing über seine schlaksigen Schultern, und zwei spitzzulaufende Ohren, die leicht zuckten, ragten aus seinem Haarschopf hervor. Schwarze, tellerrunde Augen
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