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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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ein neuer nachrückte. Die Auspuffgase hingen in dichten Schwaden über dem Platz und ich bekam sofort einen Hustenanfall.
    Papillon klopfte mir auf den Rücken. »Der Pariser Husten«, rief er. »Das legt sich, wenn du erst einmal einige Zeit hier gelebt hast.«
    Wir schlängelten uns zwischen den Bussen und wartenden Passagieren hindurch bis auf die andere Seite des Platzes. In der Toreinfahrt eines großen Gebäudes mit verrußter Steinfassade hatte sich eine Gruppe von Jugendlichen zusammengedrängt und hustete still vor sich hin.
    »Voilà!«, sagte Papillon. »Der Club der Zauberlehrlinge ist versammelt.«
    Es waren drei Jungen und ein Mädchen, alle ungefähr in meinem Alter. Ihrer Kleidung nach zu urteilen, kamen sie, wie ich, aus einfachen Verhältnissen. Papillon war mit Abstand der Bestangezogene von uns.
    Ich schüttelte reihum vier Hände und hörte vier Namen, die ich wegen des Motorenlärms allerdings kaum verstehen konnte. Papillon ließ mir auch keine Zeit zum Nachfragen.
    »Ihr solltet euch jetzt langsam mal zum Grand Palais aufmachen!«, rief er. »Ich zeige euch, welchen Bus ihr nehmen müsst.«
    Die vier nahmen ihre Bündel, und erneut schlugen wir einen Zickzackkurs zwischen den Bussen ein, bis wir unser Ziel erreicht hatten. Bevor wir einsteigen konnten, hob Papillon die Hand.
    »Ich wünsche euch viel Glück!«, schrie er gegen den Lärm und unser Husten an. »Und das werdet ihr auch brauchen können. Solltet ihr allerdings keinen Meister finden, wovon ich ausgehe, dann kommt zu dieser Adresse. Dort findet ihr einen Schlafplatz für die Nacht.«
    Er drückte jedem von uns eine kleine Karte in die Hand, die ich, ebenso wie die anderen, mit einem gemurmelten Dankeswort einsteckte. Dann kletterten wir in den Bus. Ich war der Letzte.
    »Warum tust du das alles für uns?«, fragte ich Papillon, während ich ihm die Hand zum Abschied schüttelte.
    Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, weil ich einmal genau so in dieser Stadt angekommen bin wie ihr«, antwortete er. »Damals gab es auch jemanden, der mir geholfen hat. Auf diese Weise kann ich dem Schicksal ein wenig von meiner Schuld zurückzahlen.«
    Ich wollte etwas darauf erwidern, aber der Busfahrer drückte ungeduldig auf die Hupe. Papillon schob mich die restlichen Stufen hoch. Mit einem Zischen schloss sich die Tür hinter mir und wir setzten uns in Bewegung. Ich hob die Hand, um Papillon zuzuwinken.
    Aber der Platz, an dem er gestanden hatte, war leer.

Viertes Kapitel
    in welchem die Zauberer ihren neuen Wohlstand feiern und Humbert sich selbst überrascht
    P aris war überwältigend.
    Ich war noch nie in einer Großstadt gewesen, sondern hatte davon nur ab und zu in Erzählungen gehört. Die Wirklichkeit übertraf alle meine Erwartungen.
    Das Oberdeck des Busses wurde von einem uniformierten Schaffner regiert, der offenbar genaue Vorstellungen davon hatte, wer wo in seinem Herrschaftsbereich zu sitzen hatte. Jedenfalls scheuchte er uns sofort wieder auf, nachdem wir uns ein paar Plätze in der vorderen Reihe gesichert hatten, und verteilte uns auf mehrere Sitzreihen. »In meinem Bus gibt es keine Rudelbildung«, brummte er. Er kassierte das Fahrtgeld und warf die Münzen in eine Schaffnerkasse, die er an einem breiten Lederriemen um den Hals trug. Dann drehte er an einer Kurbel an der Seite, und aus einem schmalen Schlitz schoben sich unsere Fahrscheine heraus.
    Ich hatte einen Fensterplatz zugewiesen bekommen und presste meine Nase an die Scheibe, um so viel wie möglich zu sehen. Der Bus durchquerte endlos lange Straßenschluchten, zu deren Seiten fünf-, sechs- oder sogar siebenstöckige Häuser aufragten. Die Gebäude waren so hoch, dass kein Sonnenstrahl die Bürgersteige erreichte, die vor Fußgängern nur so wimmelten. Wir kamen nur langsam voran, denn die Fahrbahn war ebenso überfüllt wie die Gehsteige. Die Anzahl und die Art der Fahrzeuge in der Stadt schien kein Ende zu kennen. Daheim benutzten die meisten Bauern Pferdewagen für ihre Arbeit, und außer Tuckers Lieferwagen und einigen Lastautos, die ab und zu ins Dorf kamen, hatte ich kaum Motorfahrzeuge gesehen. Hier gab es schwarze, bucklige Taxis, in denen bis zu sechs Passagiere Platz fanden, lang gezogene Limousinen, deren Motorhaube manchmal größer schien als der Fahrgastraum, funkelnde Prachtkarossen, bei denen der Fahrer im Freien saß und die hinten zwei Trittbretter für Bedienstete hatten, die sich während der Fahrt an Handgriffen festklammerten und trotzdem
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