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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erschreckend Vertrautes berührte Skars Seele. Das schwarze Schiff zitterte. Seine Ruder senkten sich ins Wasser, um seinen Katapulten freie Schußbahn zu gewähren.
    Helth stieß einen krächzenden Laut aus und hob die Arme. Seine dunkle Aura wuchs, raste wie eine schwarze Flutwelle auf das Schiff zu und erreichte die ersten Männer. Neben ihm schrie Gowenna in nackter Todesangst auf, fiel auf die Knie und warf sich schützend über das Kind.
    Hinter der Reling des Dronte erwachte ein blutigrotes Auge zu flammendem Leben, stieg, sich wie eine feurige Knospe entfaltend und eine junge Sonne gebärend, bis unter die Höhlendecke auf und senkte sich mit tödlicher Zielsicherheit auf den
Daij-djan
herab.

D er Dronte schoß mehr als ein Dutzend Breitseiten auf den Veden ab. Der rote Feuerball am Fuße der Felswand wuchs schon nach den ersten Treffern zu einer brodelnden, gelb und weiß gleißenden Halbkugel aus Licht und unerträglicher Glut heran, und die Hitze steigerte sich binnen weniger Minuten so sehr, daß Skar und die Männer zuerst zurück- und schließlich von den Schiffen heruntergetrieben wurden, um dem feurigen Atem des Dronte zu entgehen. Sie flohen den schmalen Felsgürtel entlang auf die Hafenausfahrt zu, aber die Hitze holte sie ein, ließ das Eis rings um sie herum schmelzen und hüllte sie in einen Mantel aus Wärme und Rauch und dem Geruch brennender Felsen.
    Sie legten fast eine Viertelmeile zurück, ehe Skar endlich das Zeichen zum Anhalten gab und die Männer einer nach dem anderen erschöpft zu Boden sanken. Auch Skar ließ sich keuchend gegen die Wand sinken, bettete die Stirn auf den Unterarm und rang einen Moment mit geschlossenen Augen nach Luft. Neben sich hörte er Gowenna wimmern. Sie war auf die Knie gesunken; ihr Gesicht war verzerrt vor Schmerzen und Furcht, und auf dem Rücken ihres grauen Gewandes waren dunkle Brandspuren. Auch Skars Umhang war angesengt, und auf seinem Handrücken war eine kleine, aber heftig schmerzende Brandblase.
    Er drehte sich um, hob schützend den Arm über die Augen und blinzelte in die grelle Glut. Auch die Schiffe waren in Flammen aufgegangen. Das steinharte Holz brannte wie Schießpulver. Die schwarzen Rümpfe schienen hinter dem Vorhang aus waberndem weißem Licht zu zucken und sich zu winden, und für einen winzigen Augenblick hatte Skar das bedrückende Gefühl, dies alles schon einmal erlebt zu haben. Von dem Ding, in das sich Helth verwandelt hatte, war nichts mehr zu sehen; wo es gewesen war, brodelte eine weiße, uner-träglich grelle Feuerkugel, eine künstliche Sonne, in deren Kern es heiß genug sein mußte, selbst Stein zum Schmelzen zu bringen. Helth konnte nicht mehr leben.
    Und trotzdem feuerte der Dronte weiter. Immer und immer wieder entluden sich seine Feuerkatapulte, schickten brodelnde Kugeln aus Licht und Tod auf die Reise und schürten das Inferno weiter; selbst als der Felsen schwarz wurde und zu bersten begann und das Wasser unter seinem Fuß im Widerschein hellroter Lava leuchtete. Dampf wallte hoch und versuchte den Blick auf die Szene zu verschleiern, aber die unaufhörlichen Druckwellen der Explosionen fegten die Schwaden schneller auseinander, als sie sich neu bilden konnten.
    Raserei,
dachte Skar. Das war kein geplanter, taktisch wohl überlegter Angriff mehr, wie sie ihn von dem Dronte kannten, sondern eine Raserei, das Toben eines Wesens, das nach einer Ewigkeit des Wartens seinem Todfeind gegenübersteht.
    Er versuchte, die schimmernden Gestalten der beiden Eiskrieger am anderen Ende der Höhle auszumachen, aber das Meer aus Licht, das zwischen ihm und ihnen loderte, blendete zu sehr. Seine Augen begannen zu tränen. Er drehte sich um, ging in die Hocke und streckte die Hand nach Gowenna aus. Ihr Blick flackerte, irrte unstet zwischen dem Dronte und der lodernden Feuerkugel hin und her und bohrte sich schließlich in den seinen. Er sah, daß die Angst darin nicht erloschen, sondern nur einem neuen und vielleicht schlimmeren Schrek-ken gewichen war. Sie preßte das Kind noch immer an sich, aber es war jetzt keine Geste des Schutzes mehr, sondern fast so, als würde sie sich an ihm festklammern, verzweifelt nach dem ersten lebenden Wesen greifend, das in ihrer Nähe war.
    Behutsam beugte er sich weiter vor und nahm ihr das Kind aus den Armen. Es schlief weiter, unberührt von all dem Schrecken, der es umgab, und für einen Moment spürte Skar fast so etwas wie Neid, Neid auf die kindliche Unwissenheit und Unschuld, die es noch
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