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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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immer, aber keine der schuppigen Riesengestalten hatte sich gerührt, alles war unverändert und still. Aber es war auf eine ungute Art still: eine Ruhe, in der kein Frieden war, sondern die unsichtbar dräuenden Schatten einer unsichtbaren Bedrohung.
    Skar verscheuchte auch diesen Gedanken, schob die Tür vollends ins Schloß und drehte sich wieder um. Fast in der gleichen Bewegung schlug er Mantel und Kapuze zurück und zog das Schwert. Das fast unhörbare Sirren, mit dem die rasiermesserscharfe Klinge aus der Scheide glitt, und das vertraute Gewicht der Waffe verfehlten ihre Wirkung ebenso wie die Stille draußen auf dem Hof.
    Er sah sich um — das Gebäude war so leer und ruhig, daß er es schon bei seinem ersten, flüchtigen Blick während des Eintretens gesehen hatte — aber auch die Stille war hier…
falsch.
Eine einzelne, kleine Öllampe brannte, aber ihre Scheiben waren so verschmutzt, daß sie das Licht nur in schmalen, unregelmäßigen Streifen durchließ, die wie gelbe Messer in die schwarze Masse schnitten, mit der die Nacht den großen Raum ausfüllte. Dazwischen nisteten Schatten. Und in diesen Schatten war —
Nichts!
dachte Skar zornig.
Hör auf, dich selbst verrückt zu machen!
    Er ging weiter, und in einem kindischen Anflug von Trotz nicht durch die schmalen Streifen flackernder gelber Helligkeit, sondern mitten durch das hindurch, von dem sein Verstand behauptete, es wäre Dunkelheit, nichts als die Abwesenheit von Licht, und seine Seele wußte, daß es etwas anderes war. Schneller, als vielleicht gut war, erreichte er die schmale Tür am anderen Ende des Raumes, stieß sie auf und schob sie hastig wieder hinter sich zu. Erst danach fühlte er sich wieder einigermaßen sicher. Wenigstens versuchte er sich das einzureden. Aber er war nie ein guter Lügner gewesen, auch — vielleicht gerade — sich selbst gegenüber nicht. Ein Teil von ihm, den er mit seinem Verstand nicht beherrschen konnte, hatte Angst. Panische Angst. Sein Atem ging schnell. Sein Herz raste, und in seinem Mund war der bittere Kupfergeschmack von Blut. Automatisch hob er die Hand und tastete über seine Lippen. Seine Zähne bluteten, wie so oft in letzter Zeit, und seine Hand zitterte, als hätte sie nicht mehr die Kraft, das Schwert zu halten.
    Was war nur mit ihm los?
Er gehörte nicht zu jenen Narren, die behaupteten, keine Angst zu kennen (und selten lange genug lebten, um diese Behauptung unter Beweis zu stellen), aber er hatte nie Furcht vor der
Dunkelheit
gehabt oder unter grundlosen Ängsten gelitten. Warum jetzt?
    Vielleicht, weil dort draußen
wirklich
etwas ist,
murmelte der Satai in ihm.
    Es war möglich. Die Ssirhaa kämpften nicht nur mit Waffen, die er kannte; nicht einmal nur mit solchen, die er sich vorstellen konnte. Sie verfügten über Hilfsmittel, die es ihnen gestatteten —
die Quorrl dort draußen zu betäuben, damit er ungehindert hier eindringen und ihre Gefangenen befreien konnte, wobei sie dummerweise nur vergessen hatten, Cron und den Bestimmer mit einzuschläfern
?
    Lächerlich.
    Es war unlogisch. Und außerdem — eine bessere Gelegenheit, seiner habhaft zu werden, konnten sich die Schuppenkrieger gar nicht mehr denken.
    Plötzlich viel mehr verwirrt als ängstlich, drehte er sich wieder um und sah die Treppe hinunter. An ihrem unteren Ende war Licht; der flackernde Schein von Fackeln, vor dem sich Schatten bewegten. Er hörte Stimmen. Die Stimmen von Quorrl, von mindestens zwei Quorrl, vielleicht mehr.
    Seltsamerweise half ihm das, wieder klarer zu denken. Zwei, vielleicht drei oder sogar vier Quorrl, das mochten mehr Gegner sein, als er in seinem momentanen Zustand bewältigen konnte, aber es waren
faßbare
Gegner, eine Gefahr, die sein Leben bedrohte, nicht seine Seele. Und gegen die er sich wehren konnte.
    Er ergriff sein Schwert fester, überzeugte sich mit einer fast unbewußten Geste davon, daß sein Mantel zurückgeschlagen war und ihn nicht etwa behindern würde, und ging so leise wie möglich die Treppe hinunter.
    Trotzdem war er nicht leise genug. Das hohe Gewölbe der Treppe fing das leise Tappen seiner Schritte und das Rascheln des Mantels auf und warf es als wisperndes, lang nachhallendes Echo zurück, und einer der Schatten wurde plötzlich größer und näherte sich der Treppe. Die Tür zum Verließ, die ohnehin nur halb geschlossen gewesen war, wurde weiter aufgerissen, und in dem plötzlich hell erleuchteten Rechteck erschien der massige Schatten eines Quorrl.
    Skar
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